Noch ein Jahr können sich die Gemeindemitglieder von ihrem Gemeindezentrum St. Michael verabschieden. Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder-Bote

Soziales: Abrissbagger kommen voraussichtlich erst in einem Jahr / "Profanierung" in Planung

Länger als ursprünglich gedacht, nämlich noch ein ganzes Jahr, ist Zeit für die katholische Kirchengemeinde Nagold, sich von ihrer Kirche und dem Gemeindezentrum St. Michael zu verabschieden. Erst dann rollen die Abrissbagger, um Platz zu schaffen für das künftige Hospiz.

Nagold. Zeit, die man gemeindeintern gerne nutzen möchte, um die damit verbundene, sogenannte "Profanierung" des Gotteshauses umfassend zu planen. "Und dabei auch die bisherigen Kritiker und Gegner des Abrisses und der Umwidmung des Grundstückes dort möglichst aktiv mit ins Boot zu holen", wie Dekan Holger Winterholer und die zweite Vorsitzende des katholischen Kirchengemeinderats, Kathrin Dietenmeier, in einem Pressegespräch herausstellten.

So habe man eigens einen Arbeitskreis gebildet, der ab diesem Monat seine Arbeit aufnimmt und Ideen und Aktionen für die anstehende Profanierung sammeln und initiieren soll. Erste konkrete Maßnahme: Nach den weiterhin in St. Michael stattfindenden Gottesdiensten soll es künftig immer Gelegenheit geben, bei Kaffee und Kuchen zusammenzukommen, um gemeinsam darüber zu reden, was von der bisherigen Kirche erhalten bleiben soll – und in welcher Form. Das betrifft etwa den sogenannten Tabernakel (Aufbewahrungsort für die geweihten Hostien und Altarsakramente), die "Mutter Gottes"-Statue, die schönen Kirchenfenster oder auch die Orgel von St. Michael. "Sowie alles, was für die Gläubigen im Kernen eine besondere Bedeutung hat."

Orgel könnte nach Wildberg kommen

"Wir wollen das alles als einen offenen Prozess gestalten, in den sich alle Gemeindemitglieder einbringen können." Bereits im Gespräch sei zum Beispiel, die Orgel von St. Michael in die Gemeinderäume der katholischen Kirche nach Wildberg zu überführen. Zugezogene Gutachter hätten bestätigt, dass das grundsätzlich funktionieren könnte – mit vielleicht kleinen baulichen Anpassungen. Allerdings: komplett ungeklärt sei bisher, wer für einen solchen Umzug der Orgel die Kosten übernehmen könnte. Und was mit der bestehenden Orgel in Wildberg dann passieren sollte.

Kirchenfenster im künftigen Hospiz

Ein weiterer Wunsch des Kirchengemeinderats: Die Kirchenfenster von St. Michael unter Umständen im künftigen Andachtsraum des geplanten Hospiz wiederzuverwenden. Es habe bereits Gespräche mit dem Hospiz-Verein und dem Planer gegeben, ob sich so etwas realisieren ließe. Grundsätzlich wolle die Nagolder katholische Kirchengemeinde als formaler Mieter dieses fest eingeplanten Andachtsraumes fungieren, auch wenn der Raum selbst später als eine ökumenische Einrichtung gedacht sei und so auch gestaltet werden solle.

Eine weitere Idee, um den "Spirit" von St. Michael auch für die Zukunft zu erhalten: "Wir möchten mit allen Gemeindemitgliedern gemeinsam ein ›Buch des Kernens‹ zusammenstellen – mit Fotos, Erinnerungen und Erlebnissen, die die Menschen mit ihrer Kirche und dem Gemeindezentrum verbinden." Jeder könne sich auf seine Weise einbringen bei dieser Arbeit und vielleicht eigene Seiten in diesem Werk gestalten, das dann später vielleicht einmal in dem Andachtsraum ausliegen könnte.

Wenn alle Planungen irgendwann schließlich abgeschlossen seien, werde es einen offiziellen Festgottesdienst mit dem Domkapitular Uwe Scharfenecker geben, der den offiziellen Akt der Profanierung, also die Aufhebung der Weihe von St. Michael, vollziehen werde. Derzeit geplanter Zeitpunkt dafür: Herbst 2017. Das werde ein Fest mit viel Symbolkraft werden, haben sich Dekan Winterholer und sein Kirchengemeinderat bereits heute vorgenommen. "In einer feierlichen Prozession wollen wir an diesem Tag dann ›das Licht‹ von St. Michael in die Kirche St. Peter und Paul überführen", wo es solange ›aufbewahrt‹ werde, bis es in den Andachtsraum des künftigen Hospizes im Kernen zurückkehren könne. "Ein bisschen wie bei Olympia, wo es ja auch stets mit der olympischen Flamme um ein nie verlöschendes Licht geht."

Bereits vorher, nämlich voraussichtlich bis diesen Dezember, wird sich allerdings die evangelische Kirche aus dem Gemeindezentrum zurückgezogen haben. Denn bisher nutzte auch die evangelische Kirchengemeinde der Stadt die Räumlichkeiten, um dort eigene Gottesdienste zu feiern. Nicht ganz solange warten wollte dagegen die kroatische Gemeinde, die bisher im Gemeindezentrum Kernen ein eigenes Büro unterhielt. Dieses ist bereits in den vergangenen Wochen umgezogen und nun in Nagold, Am Riedbrunnen 7, erreichbar. Und auch für die bisherigen Bewohner der zum Gemeindezentrum gehörenden zwei Wohnungen konnten bereits neue Domizile im Umkreis gefunden werden. Auch hier seien die Umzüge bereits vollzogen worden.

Chöre und Musikgruppen müssen auch umziehen

So gehen denn wohl nach und nach in den nächsten Monaten "die Lichter" aus in St. Michael, beziehungsweise werden woanders hin gebracht. "Umziehen" müssen so zum Beispiel auch noch die verschiedenen Chöre und Musikgruppen, die bisher St. Michael für ihre Probenarbeit nutzten. Oder die Vorbereitungsgruppen zur Firmung und Kommunion, die sich hier noch regelmäßig treffen. Für alle sollen möglichst einvernehmliche Lösungen gefunden werden in den verbleibenden Räumen der katholischen Kirche in der Region.

Und wie geht es dann weiter mit dem Hospiz? Formal werde die katholische Kirchengemeinde Nagold Eigentümer des Grundstücks bleiben, auf dem bisher St. Michael steht und künftig das Hospiz errichtet werden soll – wofür man einen Vertrag nach dem sogenannten "Erbpachtrecht" schließen wolle. Klappt alles, auch mit dem Abriss ab Herbst nächsten Jahres, könnte im darauffolgenden Frühjahr 2018 schließlich der Baubeginn für das stationäre Hospiz sein.