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Erster E-Mobilitäts-Stammtisch lockt Enthusiasten aus dem ganzen Land nach Nagold

Von Axel H. Kunert

Sie sind schon ein ganz eigenes Völkchen – die Fahrer von Elektro-Autos. Mehr als 40 von ihnen trafen sich auf Einladung von Hajo Schörle und Klaus-Peter Thierer in Nagold zum ersten E-Mobilitäts-Stammtisch.

Nagold. Aus ganz Baden-Württemberg kamen die Enthusiasten angefahren – teilweise mit dem "letzten Elektron im Tank". Weshalb auf dem Gelände von Schörles Werbeagentur auf dem Wolfsberg erst einmal der Wettbewerb um die besten Steckdosen losging, bevor man sich drinnen in Schörles Event-Raum zum Fachsimpeln und gemeinsamen Brunch am riesigen Büffet einfinden konnte. Aber – überhaupt Steckdosen: Schon die sind eines der bedeutendsten Themen für jeden Fahrer eines Elektro-Autos. Denn Deutschland ist aufgeteilt, so der E-Car-Jargon, in "Ladestationen-Fürstentümer". Soll heißen: Fast alle Stadtwerke und Energieversorger haben ihr eigenes Ladesystem. Und wenn nicht das, dann zumindest ein eigenes Bezahl-System. Das muss man wissen, wenn man mit dem E-Mobil den eigenen Heimatkreis verlässt und sich durch den Dschungel der Elektro-Tankstellen kämpft.

Genau deshalb haben sich die E-Mobilisten offenbar auf das Angebot dieses Stammtisches gestürzt. "Wir kommen aus Titisee-Neustadt, haben von der Veranstaltung im Internet gelesen", erzählen Oskar und Gisela. Sie haben "unsere Zoe", wie sie ihren Renault Zoe liebevoll nennen, seit gerade einmal zwei Tagen. "Sie ist jetzt draußen angestöpselt", denn bei knapp 140 Kilometern Reichweite mit einer Batterie-Füllung reicht’s nicht für hin und zurück. Auch Hajo Schörle hat seinen einst in ganz Nagold bekannten, quietsch-grünen dreirädrigen E-Kabinenroller "Sam" mittlerweile in eine "Zoe" getauscht. Wie die meisten der Anwesenden, wie eine spontane Umfrage bestätigt.

Was zwei Gründe hat: Zoe, die die ebenfalls meisten als "ihr gutes Mädchen" betrachten, ist im Preis-Leistungs-Verhältnis das derzeit wohl günstigste Angebot zum E-Auto-Fahren. Außerdem sind die Ladestationen im Kreis Calw und überhaupt im Großraum Stuttgart (dem "Ladestationen-Paradies") für das, was "Zoe zum Leben braucht", optimiert. Nicht umsonst kann mittlerweile ein Renault-Händler im Landkreis Calw von sich behaupten, dass er der drittgrößte E-Mobilitäts-Händler seiner Marke in ganz Deutschland ist.

Aber der eigentliche Star am E-Auto-Himmel ist natürlich der Tesla. Von dem alle Anwesenden schon fast mit Gottes-Ehrfurcht sprechen. Drei Teslas stehen zeitweise an diesem Mittag in der Lise-Meitner-Straße. Und ziehen sämtliche Blicke auf sich. Was man wissen muss: Auch für Teslas ist die "Lade-Infrastruktur" im Kreis Calw nahezu ideal. Und Händler und Werkstatt sitzen in Stuttgart.

Beim Stromtanken die Melkmaschine lahmgelegt

Auch Klaus-Peter Thierer hat sich seinen Tesla "Model 3" – die jüngst vorgestellte, etwas günstigere Version für den Massen-Markt – bereits bestellt. Wie noch zwei weitere im Saal. "Dann treffen wir uns 2020 hier wieder, um die probezufahren", lästert Hajo Schörle freundschaftlich. Alles lacht. Jeder E-Mobilist versteht den Gag: "Noch nie ist ein angekündigtes E-Auto in der Entwicklung pünktlich fertig geworden", erklärt Schörle den Nichteingeweihten. Immer machte irgendwas Probleme. Weshalb Tesla-Chef Elon Musk, die Ikone der E-Auto-Enthusiasten wie einst Steve Jobs bei den IT- und Smartphone-Freaks, selbst lachen musste, als er bei der Ankündigung seines "Model 3" das nächste Jahr als Lieferdatum in Aussicht stellte.

Doch solche Widrigkeiten nimmt man als Fahrer eines E-Autos gerne hin. Wie auch Stefan Krüger (Zoe-Fahrer) vom Verein "electrify BW" in einem kleinen Vortrag bestätigt. Krüger ist regelmäßiger Teilnehmer der "eTour Europe", einer Europa-Rundfahrt für E-Autos, mit der man die Langstreckentauglichkeit dieser Fahrzeuge unter Beweis stellen möchte. Sein Vortrag gleicht einer Abenteuer-Erzählung, wenn er für die Nutzung einer Starkstrom-Steckdose auf einem Bauernhof in Österreich als Gegenleistung den Kuhstall ausmisten musste – weil im ersten Anlauf seine Zoe "die Sicherungen rausgeknallt" und "die Melkmaschine lahmgelegt" hatte. Denn manchmal kann Zoe halt auch "ziemlich zicken". Das muss man wissen. Alle Zoe-Besitzer beim ersten Nagolder E-Mobilitäts-Stammtisch wissen es jetzt. Und sind ganz heiß auf Krügers Tour-Tagebuch, in dem er minutiös jede Elektro-Tankstelle und deren Besonderheiten – wie das mit dem Kuhstall – festgehalten hat. Falls man sich doch auch selbst mal aus dem "sicheren" Heimatkreis heraus trauen will mit seinem E-Auto.