Kamera und Block begleiteten Werner Lissy 47 Jahre lang. Als "Heubergkorrespondent" hat er das Meßstetter Stadtgeschehen für die Presse begleitet. Foto: Müller

Auf dem Heuberg ist Werner Lissy bekannt wie der sprichwörtliche bunte Hund. 47 Jahre lang hat er für den Schwarzwälder Boten über Veranstaltungen berichtet. Nun legt er Stift und Kamera beiseite.

Meßstetten - Seinen Abschied hatte er zwar länger angekündigt, doch er fühlt sich immer noch unwirklich an – schließlich war Werner Lissy 47 Jahre lang der "rasende Reporter" auf dem Heuberg: scheinbar omnipräsent und dabei zuverlässig wie ein schweizer Uhrwerk.

1974 war der Meßstetter über die Vereinsarbeit zur Presse gekommen und seither ohne Pause als freier Mitarbeiter im Einsatz. Jedes Wochenende besuchte er – oft mehrere – Termine in der Gesamtstadt, widmete sich vorzugsweise dem Vereinsleben. "Mit der Zeit sind die Leute dann auf mich zugekommen und haben gefragt, ob ich berichten kann", erzählt der 73-Jährige. Der Sonntagmorgen war meist für das Schreiben reserviert.

"Viele haben es nicht geglaubt, dass ich aufhöre"

Der Entschluss, aufzuhören, fiel ihm trotz seiner Leidenschaft, die er für Pressearbeit hegt, am Ende aber doch leicht. Das Alter habe sich mehr und mehr bemerkbar gemacht, wenn es bei Abendterminen mal wieder länger dauerte, sagt Lissy. Als während der Lockdowns die Einsätze weniger wurden, merkte er, wie gut ihm die freien Wochenenden doch tun.

Dass er Block und Kamera an den Nagel hängen wird, hat er einige Monate vorher in der Stadt kommuniziert. "Viele haben es nicht geglaubt, dass ich aufhöre", erzählt Lissy. Doch nun ist Schluss. Anfragen erhalte er nur noch vereinzelt, es hat sich herumgesprochen – wenngleich es alle bedauern.

Die ersten Berichte hatte Werner Lissy 1974 für das Meßstetter Amtsblatt über Handballveranstaltungen geschrieben, später dann von den Hauptversammlungen des TSV berichtet. "Dann wurde ich gefragt, ob ich nicht auch über andere Vereine berichten möchte", erzählt Lissy. Anfangs war er noch schüchtern, wusste nicht, ob ihn die Vereine als Berichterstatter akzeptieren. Derlei Bedenken waren aber schnell beiseite gelegt, und Lissy wurde der "Heubergkorrespondent" schlechthin.

Aus einem Nebenjob – hauptberuflich war Lissy bis zur Rente Postbeamter – wurde schnell eine Leidenschaft: "Mich hat es gefreut, wenn ich über andere berichten durfte und ich positive Rückmeldungen erhalten habe", betont er.

Beim Archivieren kommen Erinnerungen hoch

Mehr als 60 Ordner füllen die Artikel Werner Lissys aus 47 Jahren. Jeden einzelnen aus seiner Feder hat er aus der Zeitung ausgeschnitten und aufgehoben. Die gewonnene Zeit nutzt der 73-Jährige nun, sein Archiv auf Vordermann zu bringen und alle Artikel einzupflegen. Das dauert seine Zeit – schließlich verbindet er sehr viele Erinnerungen damit. "Die Erinnerungen bleiben für immer", sagt er gerührt und erzählt von seinen Lieblingsveranstaltungen und wie sich Meßstetten über die Jahre gewandelt hat. Kaum einer dürfte so viel darüber wissen wie er: Schließlich hat er Stadtgeschichte geschrieben – im Wortsinn. Am liebsten denkt er an die großen Stadtfeste, Lauftreffs, besondere Turn- und Handballveranstaltungen wie das Handballspiel gegen die irische Nationalmannschaft und Ausflüge in die französischen Partnergemeinden Luynes und Savigné sur Lathan zurück. Gemeinde- und Ortschaftsratssitzungen hingegen waren nie so sein Ding: Lissy ist ein geselliger Mensch, der am liebsten das gesellschaftliche Leben abbildet.

Pressearbeit hat sich gewandelt

In der Redaktion galt Werner Lissy als freier Mitarbeiter "vom alten Schlag", der sich verantwortlich fühlte, seine Stadt in die Zeitung zu bringen. "Nein" gesagt hat er selten und nur bei wichtigen Ereignissen wie dem Geburtstag seiner "Ex-Verlobten" – gemeint war natürlich seine Frau Marianne, die ihm in all den Jahren den Rücken freigehalten hat.

Die Wandlungen und neuen technischen Herausforderungen der Pressearbeit hat Werner Lissy stets gut und letztlich gerne gemeistert. Hatte er seine ersten Berichte von Hand auf "Fresszettel" geschrieben, legte ihm die damalige Redaktion alsbald nahe, auf der Schreibmaschine zu tippen. Das tat er in drei Versionen, hatte doch jede Zeitung, die er belieferte, anderes Manuskriptpapier. Dann kam der Umstieg auf Computer: "Anfangs habe ich mich da sehr schwer getan", gibt er zu. Ein Postkollege gab ihm einen Crashkurs in Word, E-Mail und digitaler Fotografie. Als er alles beherrschte, merkte er, wie viel Arbeit ihm das doch ersparte.

Filme morgens zum Entwickeln bringen

Lissy erinnert sich, dass er in seiner Anfangszeit doch viel hin und her gefahren ist. Seine Filme brachte er zunächst selbst ins Fotogeschäft zum Entwickeln – und die fertigen Bilder samt Text abends zur Redaktion. "Ich hatte nicht dran gedacht, dass die Redakteure die Fotos selbst entwickeln können", sagt er schmunzelnd und fügt hinzu: "Bei der analogen Fotografie musste man immer gut planen und konnte nicht einfach drauflos knipsen."

Noch gut erinnert sich Lissy an das erste Meßstetter Stadtfest in den 1990er-Jahren: Als er sich wunderte, warum er immer noch weiter fotografieren konnte, bemerkte er, dass er die Filmrolle nicht eingefädelt hatte.

Mit dem Aufkommen des Internets sei die Pressearbeit immer schneller geworden, der Zeitdruck in der Berichterstattung habe zugenommen – das bedauert Werner Lissy, der als erfahrener Journalist weiß, wann es die besten Infos gibt: oft nach der Veranstaltung, beim Small Talk.

Aufmerksamer Zeitungsleser

Nun genießt es Werner Lissy, am Meßstetter Stadtgeschehen teilzunehmen, ohne sich auf die Arbeit konzentrieren zu müssen. Und wenn es ihn in den Fingern juckt, wird man seinen Namen noch gelegentlich im Blatt lesen: Für die Fairtrade-Steuerungsgruppe und für den Verein zur Förderung der Altenhilfe, in denen Lissy selbst Mitglied ist, schreibt er weiter.

Die gewonnene Freizeit nutzt er vor allem für seine Familie, verbringt Zeit mit seinen Enkeln, besucht gerne Handballspiele – und verfolgt weiterhin aufmerksam, was täglich in der Zeitung steht.

Kommentar: Unersetzbar

Von Karina Eyrich

"Nachdem Gott Werner Lissy gegossen hatte, ist ihm die Form zerbrochen", haben wir oft in der Redaktion gesagt, als es um unseren fleißigsten Freien Mitarbeiter auf dem Großen Heuberg ging. Tatsächlich gibt es nur sehr wenige – und kaum noch – Menschen, die bereit sind, jahrzehntelang an vielen Abenden und fast allen Wochenenden, in ihrer Freizeit, über alles zu berichten, was in ihrem "Flecken" passiert. Wir Redakteure haben Urlaub und freie Wochenenden – Werner Lissy hatte das höchstens dann, wenn er mal verreiste, und war selbst an Heiligabend bereit, noch über einen Brand zu berichten. Schöne Bescherung! Unendlich dankbar sind wir für die 47 Jahre, die Werner Lissy im Einsatz war für Sie, unsere Leser – und haben jetzt ein Problem: "Wo finden wir fünf andere, die ihn ersetzen?" Auch das so ein geflügeltes Wort bei uns – und so wahr!