Bürgermeister Marcel Hagenlocher (links) verpflichtete die Gemeinderäte per Handschlag – hier Frank Sindlinger. Foto: Schwarzwälder-Bote

Kritische Worte bei der Verabschiedung verdienter Räte aus Mötzinger Gemeinderat / Positive Bilanz gezogen

Von Sebastian Bernklau Mötzingen. Gerade hatte Bürgermeister Marcel Hagenlocher ein überaus positives Fazit der vergangenen fünf Jahre im Mötzinger Gemeinderat gezogen, da machte ihm Dorothea Wohlfahrt einen kleinen Strich durch die Rechnung – mit einer mahnenden Abschiedsrede. Stolze 15 Jahre lang war Dorothea Wohlfahrt im Mötzinger Gemeinderat aktiv. Sie hat so manches erlebt in der kleinen Kommune, so manches gemeinsam mit anderen Räten auf den Weg gebracht. Jetzt scheidet sie aus dem Gremium aus. Der Dank von Bürgermeister Marcel Hagenlocher für dieses Engagement war ihr bei der Sitzung des Gemeinderats am Dienstagabend gewiss. Eine Auszeichnung des Gemeindetags durfte sie entgegennehmen – und ein Geschenk der Gemeinde Mötzingen.

Doch diese Auszeichnungen hielten Dorothea Wohlfahrt nicht davon ab, sich mit kritischen und mahnenden Worten aus dem Gemeinderat zu verabschieden. Die einst für Mötzingen so typische Dynamik sei aus der Arbeit des Gemeinderats verschwunden. Wohlfahrt sprach sogar von einem "Stillstand" und nahm auch die Verwaltung nicht von ihrer Kritik aus, die sich in ihrer Arbeit im Klein-Klein verliere. "Wir müssen das Heft wieder stärker in die Hand nehmen, damit die alte Dynamik wieder aufkommt", sagte die scheidende Rätin an die Mitglieder des neuen Mötzinger Gemeinderats gewandt. Diese Dynamik sei jetzt geboten, denn es zeichneten sich Probleme für den Ort ab. Vor allem gelte es Mittel und Wege zu finden, die Landflucht – aus den kleinen Orten Richtung Stadt – zu stoppen. Trotz aller kritischen Worte scheide sie schweren Herzens aus dem Gremium aus, betonte Wohlfahrt.

Neben ihr verlassen Regina Brenner und Alfons Aigner nach zehn Jahren und Jörg Weinmann nach fünf Jahren auf eigenen Wunsch das Gremium.

Mit den vier Räten schieden 40 Jahre wertvolle Erfahrung aus dem Gremium aus, bedauerte Bürgermeister Marcel Hagenlocher, der bei der letzten Sitzung des alten Rates eine positive Bilanz der vergangenen fünf Jahre zog. Man habe viel investiert und bewegt in Mötzingen. Hagenlocher nannte in diesem Zusammenhang den Masterplan Mötzingen, den Wechsel in der Trägerschaft bei der Bücherei und den Umbau am Schloss, das Lammareal, die Umbauten an Kindergärten, den Pflegestützpunkt Oberes Gäu, die Anschaffung so mancher Bauhoffahrzeuge, die Anstellung eines eigenen Jugendreferenten und nicht zuletzt die fast eine Million Euro teure Sanierung der Gemeindehalle.

Mötzingen habe in dieser Zeit 6,2 Millionen Euro investiert und es trotzdem geschafft, die Schulden der Kommune kräftig nach unten zu drücken. Lag die Pro-Kopf-Verschuldung vor fünf Jahren noch bei 352 Euro, so liege sie nun bei 52 Euro. Die Rücklagen der Gemeinde hätten sich in dieser Zeit von 1,2 Millionen auf 2,9 Millionen Euro mehr als verdoppelt, führte der Bürgermeister aus.

Nach diesem Rückblick ging der Blick des Gremiums nach vorne. Bürgermeister Marcel Hagenlocher verpflichtete den neuen Gemeinderat nach Abgabe der mündlichen Verpflichtungserklärung per Handschlag und ließ danach seine ehrenamtlichen Stellvertreter wählen. Nachdem Gerd Niethammer signalisiert hatte, das Amt des dritten Stellvertreters nicht übernehmen zu wollen, wählte das Gremium Frank Sindlinger in dieses Amt. Zweiter Stellvertreter wurde Rainer Stefanek. Den Posten des ersten Stellvertreters übernimmt Egon Stoll, der einstimmig gewählt wurde. Stoll war es dann auch, der die mahnenden Worte von Dorothea Wohlfahrt noch einmal aufnahm, indem er betonte: "Wir werden schauen, dass es wieder nach vorne geht", so der Gemeinderat, der seine Gemeinderatskollegen und die Bürger dazu aufforderte auch kritische Debatten zu führen, "denn das kritische Hinterfragen tut uns gut".

In der ersten Sitzung des Mötzinger Gemeinderats am Dienstagabend wurden die Vertreter in den Zweckverbänden und Ausschüssen, in denen die Gemeinde beteiligt ist bestimmt:

u Gemeindeverwaltungsverband Oberes Gäu: Egon Stoll, Rainer Stefanek; Stellvertreter sind Andreas Komfort und Frank Sindlinger

u Zweckverband Gäuwasserversorgung: Frank Zischek; Stellvertreter ist Thomas Trefz

u Abwasserzweckverband Oberes Gäu: Andreas Komfort; Stellvertreter ist Gerd Niethammer

u Zweckverband Sozial-Diakoniestation Oberes Gäu: Ursula

Graf, Hildegard Kußmaul; Stellvertreter sind Tanja Stiegele und Peter Kehle

u Zweckverband ING Nagold Gäu: Egon Stoll; Stellvertreter ist Rainer Stefanek