Eine Runde "Lothar Gedächtnisbärte" gab es am Schmotzigen Dunnschtig im Mönchweiler Rathaus. Foto: Hettich-Marull Foto: Schwarzwälder-Bote

Arbeitsstätte von Lothar Bösinger zu Grabe getragen / Schelbmuler übernehmen den Rathausschlüssel

Von Monika Hettich-Marull

Mönchweiler. Schwarz gekleidete Gestalten ziehen durch das Rathaus in Mönchweiler – und das am Schmotzigen Dunnschtig.

Ist es ein Ablenkungsmanöver der Gemeindeverwaltung, um sich vor der Herausgabe des Schlüssels an die Narren der Schelbmuler zu drücken? Weit gefehlt – das Rathauspersonal ist in echter Trauer. Die Schelbmuler warten geduldig, bis der Trauerzug im Bürgersaal angekommen ist – man weiß ja, was sich gehört.

Tränenüberströmt tragen die – meist weiblichen – Mitarbeiter einen Sarg – hier muss etwas ganz furchtbares passiert sein. Bürgermeister Friedrich Scheerer gibt ergriffen bekannt: "Dem Lothar sein Arbeitsplatz wird zu Grabe getragen." Gemeint ist die Arbeitsstätte von (Bald-)Rentner Lothar Bösinger. Ach ja, der Lothar wird allen im Rathaus fehlen – ein echtes Original eben. Alle Narren konnten sich im extra ausgelegten Kondolenzbuch verewigen. Im Sarg dann "des was von dem Arbeitsplatz übrig geblieben ist": Wurstsalat in Anlehnung an Bösingers lukullische Präferenzen, gelbe Säcke, die er in früheren Jahren nicht als ganze Rolle, sondern abgezählt abgegeben hat, Lesestoff und andere Fundstücke.

Die Schelbmuler hielten sich nach der Trauerrede des Bürgermeisters nicht mehr zurück und nahmen das Projekt "Schlüsselübergabe" in Angriff. Als Schulklasse bekamen sie von Oberlehrer Klaus Zehnder ein Märchen vom "König Friedrich im Palast an der Hindenburgstraße" erzählt. Der hat eigentlich ein schönes Leben mit seinem Hofstaat, wären da nicht die zwölf Ministerinnen und Minister, die ihm das Leben schwer machen. Da die Kinder der Schule noch keine Erweiterung haben, stellte man die Forderung, dass sie vorübergehend im Rathaus Platz finden. Scheerer, noch ganz aufgewühlt von der Trauerfeier leistete kaum Widerstand und übergab den Schlüssel sang und klanglos an die Schelbmuler.