Ester Strube aus Furtwangen blickt zurück in die Geschichte / Erfahrung beschrieben

Mönchweiler (wz). "Der gute Geist im Hintergrund" war das Thema der Autorenlesung von Ester Strube aus Furtwangen. Eine Geschichte von Frauen im Oberen Bregtal, die gleichzeitig auch eine Frauengeschichte ist, die über ihre lokale Begrenztheit hinaus verallgemeinert werden kann.

Sie hat eine Fülle von Quellen zusammengetragen, meist im Alltäglichen das Besondere und Beispielhafte gefunden. Der Bogen reicht vom Mittelalter mit dem Hexenwahn bis hin zur Zeit der Fabrik- und Heimarbeiterinnen vor und nach den beiden Weltkriegen.

Was der Anna Ketterin von Oberfallengrundhof zustieß, weil ihre fundierten Kenntnisse in der Butterherstellung scheiterhaufenwürdig waren, war gesellschaftliches Allgemeingut.

Das Besondere an der Frauengeschichte von Ester Stube ist, dass Geschichte nicht abstrakt ist, sie nennt Namen und zeichnet die Schicksale nach. Das gelingt ihr nicht nur in den Schilderungen über die Zeit der Hexenprozesse, sondern auch beim Beschrieb des Umfeldes im Zeitalter der Industriealisierung bei den Uhrmacherinnen und den Strohflechterinnen. Ihr Buch setzt sich in einem Kapitel auch mit dem Missbrauch und der Misshandlung von Zwangsarbeiterinnen in Furtwangen während des Zweiten Weltkrieges auseinander.

Das Tabu-Thema "Häusliche Gewalt" wurde von Ester Strube ebenfalls angesprochen. Was innerhalb der eigenen vier Wände geschieht, geht niemand was an, war und ist zum Teil noch lange allgemeiner Konsens. Die Konfliktträchtigkeit brach nur dann Bahn, wenn sich, wie in ihrem Fall geschildert, der Rest der Familie wehrt und es nach draußen bringt.

Warum sie sich ihn als Partner ausgewählt hat: "Es ging ihr nicht um den Vogel, sondern um das Nest", zitierte Strube den Umstand. Dieses Selbstverständnis hatte auch damit zu tun, dass die weibliche Erwerbsarbeit immer über den Mann definiert wurde, egal in welchem Bereich. Das wurde im Kapitel der Uhrmacherinnen deutlich, die von ihren Männern nie als Mitarbeiterinnen geführt wurden, nicht nur aus vordergründig steuerlichen Gründen.

Die Arbeit der Frau galt nur als Zuerwerb, auch wenn er das Tagespensum ausfüllte und im landwirtschaftlichen Bereich in der Freizeit stattfand. Außerdem, weibliche Bildung lag noch mehr im Argen, als bei den Männern. In Furtwangen gab es eine Industrieschule und eine Strohflechtschule. Fabrikarbeit war für viele Frauen ein erster Ausbruch aus der Familie.

Sie verdienten zwar nur die Hälfte der Männer, ihr Zuverdienst war familienernährend, auch wenn die Arbeit angeblich unterste berufliche Stufe war. Vorrang hatten die Haushaltspflichten, wie sie in zahlreichen Broschüren beständig propagiert wurden.

Und in den Betriebsvertretungen engagierten sich die Frauen schon früh, obwohl von den (männlich bestimmten) Gewerkschaften als unliebsame Konkurrenz argwöhnisch beäugt.

Esther Strube weiß, wovon sie spricht. Aus finanziellen Gründen musste sie nach dem Krieg das Pädagogikum in Lahr abbrechen und begann 1949 als Hilfsarbeiterin in Uhrenfabriken. Während ihrer Familienphase war sie freie Mitarbeiterin bei einer Zeitung, unternahm Schreibversuche in alemannischer Mundart.

Nach Weiterbildung in Fernkursen wurde sie 1970 Werksredakteurin, ab 1973 fast 20 Jahre lang Bibliotheksleiterin an der Fachhochschule Furtwangen. Esther Strube versucht über die lokale Frauengeschichte deutlich zu machen, dass die Jahrhunderte alte, männlich geprägte Machtkultur nur auf der Basis eines unterdrückten weiblichen Selbstbildes existieren konnte.

Ihr Buch wird künftig auch im Landesmuseum Baden-Württemberg ausliegen, beispielhaft für eine regionale Frauengeschichte.