Die LEA in Meßstetten. Foto: Sauter

Tumulte unter Flüchtlingen in Landeserstaufnahmestelle. Mitarbeiterin von Stein getroffen. Rund 150 Einsatzkräfte.

Hechingen/Meßstetten - Drei Strafen und ein Freispruch – damit können die Angeklagten der Tumulte in der Landeserstaufnahmestelle in Meßstetten rechnen. Gestern wurden vor dem Hechinger Landgericht letzte Zeugen gehört und die Plädoyers gehalten.

Von einem "verhängnisvollen Abend wegen einer Bagatelle" sprach Oberstaatsanwalt Karl-Heinz Beiter in seinem Plädoyer. Damit meinte er jenen 13. November vergangenen Jahres, als ein Ehepaar ein Brötchen unerlaubterweise aus der Kantine der Lea mit nach draußen nehmen wollte und von einem Security-Mitarbeiter aufgehalten wurde.

Dass dabei die wohl schwangere Frau geschlagen wurde, konnte am Freitag ein Augenzeuge aus der Welt räumen. Laut einer Zeugenaussage hatte sie um Hilfe gerufen und behauptet, dass sie geschlagen worden sei. Der daraufhin entbrannte Tumult beschäftigte nicht nur an jenem Freitagabend rund 150 Einsatzkräfte, sondern in den vergangenen Wochen auch die Staatsanwaltschaft und das Gericht.

Am fünften Verhandlungstag kamen nun weitere Zeugen zu Wort und zeichneten auch ein Bild der Charaktere der Angeklagten. Prägend für den Minderjährigen sei die Flucht gewesen, sagte die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe. Hier in Deutschland habe er sich erfolgreich in eine Wohngruppe integriert. Sie gab aber auch an, dass sich ihr positiver Eindruck auf ein zweistündiges Gespräch stütze. Trotzem war er neben dem Rädelsführer einer, der bei dem Tumult lautstark und tatkräftig mitgemischt hatte.

Das bezeugten zwei Brüder, von denen einer ihn eindeutig als Steinewerfer identifizierte. Bei diesem Wurf ging nicht nur eine Scheibe von vielen zu Bruch, der Stein traf auch eine Mitarbeiterin der European Homecare, die zu diesem Zeitpunkt mit einer Kollegin das Geschehen vom Infopoint aus beobachtete. Sie wurde im Brustbereich verletzt und erzählte gestern, dass sie auch psychisch unter den Folgen zu leiden hatte.

Er wünsche sich, dass sich so etwas nicht wiederhole, ließ der Minderjährige zum Ende des Verhandlungstags über seinen Dolmetscher verlauten. Weil er sich reumütig zeigte und sich ebenfalls mehrfach entschuldigt hatte, plädierte der Oberstaatsanwalt für eine "erzieherische Maßnahme": eine Verwanung und 150 Stunden gemeinnützige Arbeit.

Verteidiger und Oberstaatsanwalt waren sich einig, dass die Überbelegung der Lea mit 3500 Flüchtlingen zur angespannten, aufgeheizten Situation geführt hatte. Trotzdem sei Unrecht geschehen und dieses müsse bestraft werden, betonte Oberstaatsanwalt Beiter. Er beantragte zudem, dass bei allen Angeklagten jeweils die Sachbeschädigung hinzugefügt werde.

Im Strafmaß bewegten sich Oberstaatsanwalt und Verteidiger beim Rädelsführer bei einer Freiheitsstrafe zwischen einem Jahr, zehn Monaten und einem Jahr, sechs Monaten auf Bewährung. Außerdem soll der Haftbefehl gegen ihn aufgehoben werden. Beim dritten Angeklagten, der sich auch aktiv beteiligt hatte, stehen zehn Monate an.

Mit einem Freispruch kann der vierte Angeklagte rechnen. Ein Zeuge konnte ihn nicht eindeutig als Steinewerfer identifizieren. Deshalb wurden auch die beiden Alibizeugen obsolet.

Die Urteile werden am Mittwoch, 15. Juni, ab 9 Uhr verkündet.