Lore Krauss referierte über ihren oft nicht einfachen Alltag als Pfarrfrau. Foto: Schon Foto: Schwarzwälder-Bote

Lore Krauss referiert über den Alltag im Pfarrhaus und die Rolle als Frau zwischen Kindern, Küche und Kirche

Loßburg. "Die beste Pfarrfrau das ist die, die Martha und zugleich Marie". Mit diesem Satz begrüßte Diakonin Roswitha Eberbach, zuständig für die Frauenarbeit in den Kirchenbezirken Sulz und Freudenstadt, die zahlreich erschienenen Gäste im Gebrüder-Hehl-Stift in Loßburg. Dort war in Foyer und Speisesaal die Wanderausstellung beheimatet, die im Vorgriff auf das Reformationsjubiläum 2017 die Geschichte des evangelischen Pfarrhauses dokumentiert.

In diesem Rahmen referierte Lore Krauss, Pfarrwitwe aus Freudenstadt über das Leben der Pfarrfrau zwischen "Küche, Kindern, Kirche und Karriere". Die Geschichte der Frau im Pfarrhaus ist laut Krauss eng verknüpft mit der Entwicklung des Frauenbildes in Gesellschaft und Kultur. "Definiert die Bezeichnung ›Frau Pfarrer‹ die Pfarrfrau als Anhängsel des Pfarrers, als Person ohne eigene Identität"?, fragte die Referentin.

Über Jahrhunderte hinweg dominierte das mittelalterliche Bild von der minderwertigen Frau auch die Rolle der Pfarrfrau, deren Geschichte mit der Ehe Martin Luthers mit Katharina von Bora begann. Dies blieb gültig, auch wenn Martin Luther von seiner Angetrauten respektvoll von "Herrn Käthe" sprach.

Zwei wesentliche gesellschaftliche Entwicklungen veränderten die Stellung der Pfarrfrau nachhaltig, so die Referentin. Zum Einen war dies die Einführung der allgemeinen Schulpflicht, die auch Mädchen den Zugang zu Bildung ermöglichte, zum anderen bedeutete die Besoldung des Pfarrers die wirtschaftliche Absicherung der gesamten Familie.

In der jüngeren Geschichte, so Lore Krauss, sei das alte, oft idealisierte Pfarrfrauenmodell zum "Auslaufmodell" geworden. Als Pfarrfrau zwischen Küche, Kindern, Kirche und Karriere hatte die Referentin auch eigene Erinnerungen beizusteuern. Mit dem Wort "Küche" assoziierte sie beispielsweise riesige Töpfe und Kannen, unzählige Gemeindefeste und ein ständig offenes Haus mit wechselnder Tischgesellschaft.

Der kirchliche Dienst habe stets Vorrang gehabt, und alle anderen Belange der Familie mussten sich dem unterordnen. Dieser Dienst brachte für die Frau des Pfarrers auch seelsorgerliche Gespräche mit sich, wenn niemand anderer da war, aber auch Nächte über Wählerlisten und eine ständige Präsenz von Telefon und Türklingel.

Den eigenen Beruf der Gemeindediakonin habe sie, so Lore Krauss, nur in eine Berufung im Ehrenamt umwandeln, aber nicht aufgeben müssen. Den eigenen Kindern gerecht zu werden, sei nicht immer einfach gewesen. Sie mussten "in der heiligen Familienfirma" oft zurückstecken. Oft sei sie zwar – namenlos – einfach nur Frau Pfarrer gewesen, aber nie habe sie das Gefühl gehabt, "ein Niemand" zu sein, so die Referentin rückblickend.