Das frühere Hotel Panorama soll als Gemeinschaftsunterkunft für bis zu 100 Asylbewerber genutzt werden. Foto: Hess Foto: Schwarzwälder-Bote

Heftiger Protest bei Gemeinderatssitzung gegen Sammelunterkunft für Asylbewerber im früheren Hotel Panorama

Von Giuliano Hess

Loßburg. Über die Einrichtung einer neuen Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber im ehemaligen Hotel Panorama in Loßburg wurde bei der jüngsten Sitzung des Loßburger Gemeinderats heftig diskutiert. Etwa 100 Zuhörer waren gekommen – die meisten, um ihrem Ärger Luft zu machen.

Robert Bornhauser, Leiter des Sozialamts im Freudenstädter Landratsamt, muss als Referent einiges einstecken. Bei seinen Ausführungen über die Sammelunterkunft, in die bis zu 100 Flüchtlinge untergebracht werden sollen, wird er mehrmals von protestierenden Bürgern unterbrochen.

Bereits in der Bürgerfragestunde, mit der Bürgermeister Christoph Enderle die Sitzung eröffnet, ist die Gemeinschaftsunterkunft zentrales Thema. "Wollt ihr sie etwa wie Viecher wegsperren?", fragt eine Zuhörerin. Sie will damit auf die mögliche Überfüllung der Gemeinschaftsunterkunft hinweisen. Sie habe nichts gegen Asylbewerber, aber 100 in diesem kleinen Wohngebiet seien einfach zu viel, betont sie. Ein Zuhörer fordert die Miteinbeziehung der Flüchtlinge in die Renovierungsarbeiten der Unterkünfte, damit sie sähen, welche Arbeit dahinter steckt und somit das Wohnheim mehr zu schätzen lernen. Andere befürchten, dass der Wert ihrer Immobilien fällt.

Eine Frau äußert ihre Angst um ihre zwei Kinder, zumal die nächste Polizeistation kilometerweit weg sei. "Können Sie uns die Angst nehmen?", fragte sie Bornhauser rhetorisch. Der Amtsleiter räumt ein, dies nicht zu können, merkt jedoch an, dass die Angst möglicherweise unbegründet sei: "Die Ängste und Vorbehalte sind nachvollziehbar, doch verschwinden immer dann sehr schnell, wenn die Unterkünfte belegt sind und die Bürgerschaft mitbekommt, dass es in der Tat keine Probleme gibt."

Bornhauser betont zudem, dass die Situation nunmal sehr kritisch sei und die Flüchtlinge irgendwo eine Unterkunft bekommen müssen. Anfang des Jahres sei man von 59 000 neuen Asylbewerbern für Baden-Württemberg ausgegangen. Mittlerweile sei die Zahl auf 80 000 korrigiert worden.

Sobald die baurechtlichen Voraussetzungen erfüllt werden, soll die Gemeinschaftsunterkunft schrittweise belegt werden. Bornhauser: "Aufgrund der Zahlen ist das zwingend notwendig."

Empörung macht sich auch breit, als bekannt wird, dass Sozialbetreuung zwar gegeben sei, aber zurzeit 120 Asylbewerbern nur ein Sozialbetreuer zugewiesen wird. Trotzdem sei die Situation in Deutschland noch komfortabel, erklärt Bornhauser: "Europaweit stehen wir damit sehr gut da". Auf die Frage, ob es keine Alternativen zum "Panorama" gegeben hat, entgegnet Bornhauser, dass dem Landkreis Freudenstadt wahrscheinlich schon im August wieder 100 bis 120 neue Asylbewerber zugewiesen werden: "Wir müssen jeden Monat nach neuen und geeigneten Quartieren suchen. Das Haus Panorama ist nur im Moment eine Lösung, jetzt wird nach weiteren Lösungen gesucht. Wir können es uns nicht leisten, auf einen in Frage kommenden Platz zu verzichten." SPD-Gemeinderätin Uta Schumacher fügt hinzu, dass viele Verhandlungen mit Besitzern anderer potenzieller Sammelunterkünfte fehlgeschlagen seien.

Bornhauser fordert auch dazu auf, die deutsche Willkommenskultur wieder ernst zu nehmen: "Es kann nicht sein, dass man Asylanten herzlich willkommen heißt, selbst jedoch nie davon betroffen ist." Ein Mann wirft die Frage auf, wer Sorge dafür tragen würde, dass die Willkommenskultur auch von den Asylbewerbern respektiert wird. Bornhauser versichert, dass sich die Mehrheit immer sehr angepasst verhalte, gibt jedoch zu, dass es natürlich Einzelne geben kann, die sich nicht anpassen: "Dafür gibt es wie im ganzen Leben keine Garantie. In diesem Einzelfall werden wir aber auch hart durchgreifen."

Auf Unverständnis stieß vor allem die Größe der Sammelunterkunft. Ein Bürger beklagt sich über den ungünstig gewählten Standort. Rodt sei das Aushängeschild Loßburgs, und die Gemeinschaftsunterkunft würde dem Tourismus schaden. Ein weiterer Zuhörer pflichtet dem bei: "Loßburg ist ein Erholungsort, doch euch interessiert es nicht, dass ihr eine Existenz kaputt macht!" Bornhauser entgegnet: "Diese Argumente lassen sich auf jeden beliebigen Standpunkt anwenden. Das Hotel steht seit 15 Jahren leer, rottet vor sich hin und ist ein Schandfleck in Loßburg. Hat jemand noch die Hoffnung, dass das Hotel Panorama jemals noch für einen andern Zweck taugt, als für den, für das es jetzt eingerichtet wird? Jetzt bekommt es wenigstens wieder eine sinnvolle Nutzung."

Nicht alle Zuhörer sehen die Errichtung der Sammelunterkunft kritisch. "Wenn wir den Kontakt zu diesen Menschen suchen, nimmt das die Fremdheit. Dann gibt es im sozialen Zusammenleben auch keine Probleme", unterstützt eine Zuhörerin das Vorhaben. Zum Schluss appelliert der Sozialamtsleiter nochmals an alle: "Bitte geben Sie der Sache doch eine Chance. Bisher hat es in der Praxis keine Probleme gegeben. Es wird funktionieren." Bürgermeister Enderle pflichtet dem bei: "In Loßburg gibt es eine Gemeinschaft, die das packt. Aach mit seinen 1400 Einwohnern, das 77 Asylbewerber aufgenommen hat, ist ein Beispiel für das ganze Land, wie man Leute integriert. Ich habe die Hoffnung, sagen zu können, dass wir es auch mit 100 Flüchtlingen schaffen."