Student erpresste im Internet Kinder zu sexuellen Handlungen

Von George Stavrakis

Stuttgart. Es fängt ganz harmlos an. Ein junges Mädchen chattet mit einem ihm unbekannten Burschen in irgendeinem Forum im Internet. Belanglosigkeiten werden ausgetauscht. Dann will der Mann, dass sich das Mädchen vor ihm, also vor der Webcam, entblößt. "Sei nicht so, das sehen doch nur wir, du bist klasse, du siehst toll aus." Das Mädchen zieht seinen Pullover hoch – und sitzt in der Falle.

Das Jugendschöffengericht Bad Cannstatt hat gestern einen 22 Jahre alten Studenten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und wegen Nötigung zu zwei Jahren Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt. Der Angeklagte hatte 2011 und 2012 Mädchen über Skype und andere Internetforen missbraucht. Er filmte die Opfer, seine eigene Kamera blieb aus, weil sie angeblich kaputt war.

Gerade mal eines von rund 100 Opfern erstattete Anzeige

Wenn die Mädchen – das jüngste Opfer war zwölf Jahre alt – ihm nicht noch mehr zeigten, setzte er sie unter Druck. "Ich habe Nacktbilder von dir. Wenn du nicht tust, was ich sage, verbreite ich die Fotos im Internet", so seine Drohung. In etlichen Fällen hatte er mit dieser Erpressung Erfolg. Die Mädchen führten die von dem heute 22-Jährigen geforderten sexuellen Handlung vor der Kamera an sich aus. Er filmte.

Die Kriminalpolizei spricht von rund 100 Fällen. Allerdings konnten die Fahnder nur eine Handvoll Opfer ermitteln. Eine 15-Jährige hatte Anzeige erstattet – gerade mal eine von rund 100 Mädchen und jungen Frauen. Bei der folgenden Durchsuchung in der Cannstatter Wohnung des Angeklagten stellte die Polizei 4000 Videosequenzen und mehrere Tausend Chat-Protokolle sicher. "Solche Fälle häufen sich in letzter Zeit", sagt der Kripo-Beamte im Zeugenstand.

"Sie haben die Mädchen benutzt", sagt Vorsitzende Richterin Iris Käppler-Krüger. Der Student, der bereits bei der Polizei ein umfassendes Geständnis abgelegt hatte, bejaht das. Anwältin Michael Spandau, die ein Mädchen vertritt, redet dem Mann ins Gewissen: "Die Opfer schämen sich. Dabei sind Sie derjenige, der sich schämen sollte."

Der Angeklagte bittet die Mädchen um Entschuldigung und beteuert, so etwas nie wieder zu tun. "Ich habe nie ein Foto im Internet verbreitet", sagt er. Am Ende verurteilt das Gericht den nicht vorbestraften Studenten zu zwei Jahren mit Bewährung. Er muss 120 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten. "Es war sehr heftig, was Sie getan haben", so die Richterin.