Alina Matyushevskaya, Murat Yeginer und Franz Ambelang (von links) studieren in Ludwigsburg Kulturmanagement. Foto: Mierendorf

Kulturmanager müssen widersprechende Interessen unter einen Hut bringen - Eine Herausforderung.

Ludwigsburg - Im Kulturmanagement treffen zwei Welten aufeinander: die nüchterne Ökonomie, bei der unterm Strich eine schwarze Zahl herauskommen soll, und die Kunst, die für ihre Entfaltung gerade das Gegenteil braucht, nämlich größtmögliche Freiheit und Unabhängigkeit von wirtschaftlichen Zwängen. Ein Kulturmanager muss viele verschiedene, sich oft widersprechende Interessen koordinieren und miteinander in Einklang bringen. Etliche private und öffentliche Hochschulen bieten Studiengänge im Bereich Kulturmanagement an.

Die Gewichtung der künstlerischen und der wirtschaftlichen Komponenten ist dabei unterschiedlich. Der erste Lehrgang dieser Art wurde 1976 an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien eingerichtet. Inzwischen können Interessenten zwischen verschiedenen Standorten wählen, darunter staatliche und private Hochschulen in Hamburg, Berlin, Basel, Freiburg - und Ludwigsburg. Die Institute sind untereinander vernetzt und haben viele Verbindungen ins Ausland. Die internationale Ausrichtung ist selbstverständlicher Bestandteil dieses Studiengangs, der in der Regel als Aufbau- oder Kontaktstudium angeboten wird und stets einen ausgeprägten Praxisbezug hat. Anders als das Aufbaustudium, das in der Regel als Vollzeitstudium angelegt ist, richtet sich ein Kontaktstudium an Berufstätige und Ehrenamtliche im Kulturbetrieb, die sich weiterbilden wollen. An der PH Ludwigsburg zum Beispiel muss man sich für ein Kontaktstudium nicht an der PH einschreiben. Wer eine bestimmte Anzahl von Seminaren absolviert und die Klausurprüfung erfolgreich besteht, bekommt zum Abschluss ein Hochschulzertifikat.

„Die Theater werden immer größer und die Belange immer komplexer”

Weil diese Form des Studiums verstärkt nachgefragt wird, wurde in Ludwigsburg dieser Bereich weiter ausgebaut. Die Studenten sind sowohl von ihrer Altersstruktur als auch von ihrem Werdegang her so unterschiedlich wie der Kulturbereich selbst. Einen wie Murat Yeginer würde man unter den Studenten an der PH im ersten Moment gar nicht vermuten: Er ist Schauspieldirektor in Pforzheim und, wie man meinen sollte, schon lange im Kulturbetrieb angekommen. Dennoch kehrt er seit eineinhalb Jahren immer wieder an die PH zurück - als Dozent ebenso wie als Student. Bei sechs Seminaren hat er bislang mitgewirkt. „Es ist nicht nur interessant, sondern auch wichtig, Einblicke in alle Bereiche eines Theaters zu bekommen und die praktische Erfahrung auch mit Theorie zu füttern”, so seine Erfahrung. „Die Theater werden immer größer und die Belange immer komplexer”, sagt Yeginer. Deswegen hat er sich im Rahmen seines Studiums mit Themen wie Finanzen, Controlling, Werbung und Pressearbeit beschäftigt. „Ich muss ja auch schauen, ob meine Ideen funktional sind”, findet er. Auch für seine tägliche Arbeit im Theater sind die Studieninhalte nützlich. „Oft bekommt in den Seminaren etwas, das ich schon seit Jahren mache, plötzlich einen Namen”, sagt er.

„So bekomme ich eine Bestätigung für meine Arbeit.” Obgleich er im Dienst eines städtischen Theaters steht, ist zum Beispiel auch Sponsoring für ihn ein wichtiges Thema. Schließlich inszeniert er nicht nur Klassiker, sondern macht zum Beispiel auch Projekte mit jugendlichen Schauspielern. Vom Verein „Sicheres Pforzheim, sicherer Enzkreis” wird er dafür am 21. September mit der Verdienstmedaille ausgezeichnet. „Jetzt weiß ich, wie genau ich die Wege gehen muss, um effektiver zu sein”, resümiert Yeginer. Obwohl er als kreativer Theatermacher erfolgreich ist, verliert er mit Hilfe des Studiums die bodenständigen, pragmatischen Aspekte der Kulturarbeit nicht aus dem Blick: „Neue Impulse bringen einen weiter nach vorn, die Wirtschaft macht Innovationen - warum soll das in der Kultur anders sein?” Der Berliner Franz Ambelang steht noch am Anfang seiner Karriere.

Internationale Organisationen und Stiftungen sind ebenfalls Wirkungsstätten

Er ist 26 Jahre jung, hat in Passau seinen Bachelor in European Studies gemacht und vollendet gerade an der PH Ludwigsburg seine Masterarbeit über Welterbestätten in Deutschland. Ambelang möchte sich noch möglichst viele Optionen offenlassen, wo er sein Wissen nach dem Abschluss seines Studiums einbringen möchte. „Es muss nicht unbedingt der klassische Kulturbetrieb sein”, sagt er. „Kulturpolitik, Kulturstiftungen und internationale Organisationen sind auch interessant.” Ambelang schätzt den ausgeprägten Praxisbezug des Studiengangs mit seinen Exkursionen und den Diskussionen mit Menschen, die in Kulturbetrieben arbeiten. „Wir haben auf diese Weise interessante Einblicke in den realen Kulturbetrieb bekommen”, lobt er. Auch für die 24-jährige Alina Matyushevskaya aus Sankt Petersburg war die praxisorientierte Struktur des Studiums in Deutschland der ausschlaggebende Punkt, warum sie sich an einer Hochschule in Deutschland eingeschrieben hat und nicht in Sankt Petersburg geblieben ist. Das Studium der Kulturwissenschaften, das sie dort abgeschlossen hat, war ihr zu theorielastig. Bei Praktika in Museen in der russischen Metropole hat sie festgestellt, dass dort ihrer Beobachtung nach weniger strukturiert gearbeitet wird als in den Einrichtungen hierzulande.

„Ich habe festgestellt, dass theoretisches Wissen alleine nicht reicht, und ich möchte wissen, wie man Ideen strategisch so umsetzen kann, dass es klappt”, erläutert sie ihre Entscheidung. Als Werkstudentin hat sie während ihres Studiums zweimal pro Woche bei der Robert-Bosch-Stiftung gearbeitet. Kulturmanager finden sich in öffentlichen Einrichtungen, wie Museen, Theatern, Orchestern oder soziokulturellen Zentren, in Kulturämtern, aber auch im kommerziellen Kulturbetrieb, wie zum Beispiel im Kunsthandel oder in der Film- oder Musikwirtschaft. Internationale Organisationen und Stiftungen sind ebenfalls Wirkungsstätten für Kulturmanager. Je nach Position liegt der Schwerpunkt ihrer Arbeit auf der Wahrung des öffentlichen Bildungsauftrages, im Gestalten von Rahmenbedingungen, in denen Kultur sich entwickeln kann - oder in der gewinnbringenden Vermarktung kultureller Aktivitäten.