Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe wird zu entscheiden haben, ob es stichhaltige Gründe für ein von der Verteidigung angestrengtes Revisionsbegehren zum BFW-Strafprozess gibt, bei dem der Hauptangeklagte Ex-Chef am 17. Juni zu drei Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt wurde. Foto: Deck

Ehemaliger Geschäftsführer der alten Bösinger Fleischwaren GmbH lehnt Urteil ab. Mit Verfahren wird fast ein Jahr Zeit gewonnen.

Kreis Rottweil - Der ehemalige Geschäftsführer der alten Bösinger Fleischwaren GmbH (BFW), der am 17. Juni von der Großen Strafkammer am Landgericht Rottweil zu einer Haftstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt worden war, strengt zusammen mit seinem Anwalt ein Revisionsverfahren an.

Damit steht nach dem aufwendigen, über ein halbes Jahr dauernden Strafprozess zunächst, der am 17. Juni beendet wurde, der Kammer nochmals viel Arbeit ins Haus, bildet doch eine umfangreiche schriftliche Urteilsdarlegung die Grundlage für den Anwalt des Verurteilten, den Revisionsvorstoß gegenüber der Bundesanwaltschaft zu begründen.

Die Verteidigung wird vermutlich Anfang September die Urteilsbegründung der Kammer vorliegen haben. Dann hat Torsten-Rolf Kießig, der Anwalt des 61-Jährigen, vier Wochen Zeit, auf vermeintliche formale Fehler bei der Abwicklung des Strafprozesses und bei der Urteilsfindung hinzuweisen. Dem im Verfahren tätigen Staatsanwalt Michael Groß wiederum wird die Möglichkeit einer Gegenerklärung eingeräumt.

Das gesamte Informationspaket aus Rottweil zum Urteil und dem Revisionsantrag wird sodann von der Bundesanwaltschaft unter die Lupe genommen, um eine Entscheidungsempfehlung für den Spruch des ebenfalls in Karlsruhe sitzenden Bundesgerichtshofs (BGHs) abgeben zu können.

Dass in Karlsruhe stichhaltige Revisionsgründe festgestellt werden könnten, ist für Beobachter nach dem vom Vorsitzenden Karl-Heinz Münzer äußerst akribisch und mit einer umfangreichen Beweisführung gelenkten Strafverfahren erst einmal schwer vorstellbar.

Bis zum BGH-Entscheid ist das Urteil nicht rechtskräftig

Möglicherweise will die Seite des Verurteilten 61-Jährigen einfach Zeit gewinnen, ist doch das Urteil mindestens bis zum Entscheid des BGHs über den Revisionsantrag nicht rechtskräftig und die Strafe damit nicht vollziehbar.

So wird der 61-Jährige mit dem angestrengten Verfahren wohl fast ein Jahr Zeit gewinnen, wohl auch um persönliche Dinge zu ordnen und zu regeln.

Möglicherweise sieht sich der 61-Jährige bei seiner Motivation, das Urteil nicht anzuerkennen, auch getrieben von der Absicht, seine Rolle beim von vielen kriminellen Machenschaften begleiteten wirtschaftlichen Desaster der alten BFW, das im Juni 2011 in der Insolvenz mündete, nochmals in ein besseres Licht zu rücken, was er bereits im Verfahren vehement, aber weitgehend wirkungslos versucht hatte.

Derlei Bemühungen, gespickt mit zahlreichen Vorwürfen gegen ehemalige Untergebene, standen im erstinstanzlichen Verfahren meist im krassen Widerspruch zu den Aussagen zahlreicher Zeugen.

Dass der frühere BFW-Geschäftsführer und einstige Hauptgesellschafter mindestens bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs auf freiem Fuß bleiben kann, liegt auch daran, dass die Erste Große Strafkammer des Landgerichts Rottweil und Leitender Erster Staatsanwalt Michael Groß eine Fluchtgefahr bei dem 61-Jährigen ausgeschlossen haben. Damit war auch keine Grundlage für einen sofort zu vollziehenden Haftbefehl gegeben.

Gläubiger glaubt sich auf Spur von Vermögenswerten

Wie sehr die mit dem Niedergang der alten BFW und den damit verbundenen großen Vermögensverlusten des ehemaligen Geschäftsführers und seiner früheren Frau – diese war im April wegen Beihilfe bei Untreuedelikten (insbesondere Schwarzverkäufen) zu einer Bewährungsstrafe von 22 Monaten verurteilt worden – entstandenen Turbulenzen auch außerhalb des Prozessgeschehens bis heute Kreise ziehen, zeigt auch die Situation eines Gläubigers.

Der Architekt hat nach eigenen Angaben viel Geld verloren aufgrund seines Engagements als Planer für BFW-Gebäude und das Privathaus der einstigen Chefehepaars. Die Schuldner würden offiziell als absolut mittellos gelten, sagt der Mann verbittert, auch weil ihn stark die Vermutung treibt, dass nicht alle Vermögenswerte auf den Tisch gelegt wurden. Er hegt den Verdacht, dass zumindest ein hochwertiger Pkw noch im Besitz der Schuldner ist. So hofft er, dass ein Gerichtsvollzieher ihm demnächst tatsächlich noch eine Chance für eine Teileintreibung ebnet.