Thomas Strobl (rechts) sorgt für die Zukunft vor und geht auf Tuchfühlung mit dem Wähler-Nachwuchs. Foto: Schuon

Wahlkampftour: CDU-Chef wandert nach Heselbach und ernennt den ländlichen Raum zum Rückgrat Baden-Württembergs.

Kreis Freudenstadt - Im November soll eine Urnenwahl entscheiden, wer Spitzenkandidat der CDU bei der Landtagswahl 2016 wird – Guido Wolf oder Thomas Strobl. Deshalb gehen beide derzeit auf Stimmenjagd. Der Landesvorsitzende der CDU stattete Baiersbronn einen Besuch ab:

Es ist punkt 14 Uhr als Thomas Strobl mit seinem schwarzen Dienstwagen auf den Parkplatz vor dem Ärztehaus in Baiersbronn einbiegt – keine Minute zu spät. Er steigt aus: breit lächelnd, braun gebrannt, perfekt sitzende Frisur, und das Outfit optimal für den Wanderausflug eines Politikers gewählt: förmlich und elegant aber auch bequem. Er trägt ein Karo-Hemd darüber eine schwarze Trachten-Weste und ein graues Trachten-Sakko dazu Bluejeans und schwarze Schuhe, die zwar schick sind aber keinen allzu unbequemen Eindruck machen, sodass er damit problemlos die fünf Kilometer von Baiersbronn nach Heselbach wandern kann.

An seinem Handgelenk baumelt ein buntes Armband – selbst gemacht aus bunten Gummiringen. Zunächst begrüßt er seinen Parteifreund, den parlamentarischen Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel, von Strobl "Achim" genannt, dann den Bürgermeister von Baiersbronn, Michael Ruf, und dessen Vorgänger und Landtagsmitglied Norbert Beck.

Er begrüßt auch jeden einzelnen der gut 20 Anwesenden, die bei der Familienwanderung des CDU-Kreisverbands mitlaufen wollen. Es scheint ein perfekter öffentlicher Auftritt des Schwiegersohns von Wolfgang Schäuble zu sein und beweist, dass Strobl darauf großen Wert legt.

Derzeit liefert er sich einen Wettstreit mit Guido Wolf, um die Spitzenkandidatur der CDU für die 2016 anstehenden Landtagswahl. Er will in zwei Jahren gegen den Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann antreten und muss sich dafür im November gegen seinen Parteikollegen in einer internen Urnenwahl durchsetzen. Beide befinden sich deshalb zurzeit auf Wahlkampftour durch Baden-Württemberg. "Ich freue mich auf eine schöne Wanderung durch den Nordschwarzwald und will die herrlichen Stunden in der guten Schwarzwaldluft mit euch genießen", sagt der 54-Jährige vor dem Ärztehaus in Baiersbronn zu den Wanderern. Nebenbei wolle er mit jedem ins Gespräch kommen und herausfinden, was dem Einzelnen wichtig ist und auch Kritik erfahren.

Davon hat er selbst auch einige mitgebacht – vor allem für die aktuelle grün-rote Landesregierung: "Verkehrsinfrastruktur ist vor allem im ländlichen Raum, von dem Baden-Württemberg lebt, ein wichtiges Thema. Da muss man das Geld nehmen, das einem aus Berlin angeboten wird." Da dürfe es niemals geschehen, dass die Regierung solche Zuschüsse verschläft. "Uns wäre das nicht passiert im Gegenteil: Wir werden uns dafür einsetzen, dass mehr Geld aus Berlin wieder zu uns zurückfließt." Mit dem Thema Entwicklung des ländlichen Raums stößt der CDU-Landeschef im Kreis Freudenstadt auf offene Ohren, auch in Baiersbronn. Schlechte Straßen, langsames Internet, katastrophale Autobahnanbindung und so weiter.

Wie die meisten Orte im Kreis sehen und erleben auch die Baiersbronner täglich die Nachteile einer ländlichen Region. Eines der größten Probleme ist die Verkehrsinfrastruktur: "Wir sind zwar froh, dass wir die S-Bahn haben", betont Bürgermeister Michael Ruf, aber jedes Mal wenn die Schranken runtergehen, staut sich der Verkehr zurück bis ans Ortsende. Es mag geplant gewesen sein, dass keine zwei Minuten später die Schranken nach unten gehen und den Beweis dafür liefern.

Das Thema "Daten-Autobahn" hat Strobl dagegen kurzerhand zur Chefsache ernannt: "Wir liegen in Sachen mobiles Internet auf dem elften Platz. Ich sehe das so: Baden-Württemberg gehört aber überall auf Platz eins." Wieso sollte eine Familie in eine Gegend ziehen, in der der Computer des Sohnes nicht mit gutem Internet versorgt werden kann, fragt er in die Runde. Und auch hier kann er sich einen oppositionellen Seitenhieb nicht verkneifen: "Die aktuelle Regierung würde jetzt dagegen sagen: Es sind ja immerhin noch fünf Länder schlechter als wir." Es dürfe aber nicht der Anspruch sein von der Substanz zu leben, die das Land zweifelsohne habe, doch auch die sei irgendwann verbraucht. Man müsse dagegen immer wieder neue Substanzen schaffen.

In diesem Punkt spiele die digitale Infrastruktur eine große Rolle – "im ländlichen Raum sogar noch mehr als in den Ballungszentren", sagt der potenzielle Spitzenkandidat der CDU. Das digitale Zeitalter könne eine Revolution auslösen, gerade für den ländlichen Raum und den Mittelstand. Neue Geschäftsideen und Arbeitsplätze könnten geschaffen werden. "Deshalb sollten wir Kindern bereits in der Grundschule Medienkompetenz beibringen", wünscht er sich.

Eine mögliche Koalition mit der AfD schließt Strobl dagegen aus und führt ein Beispiel an: Baden-Württemberg sei so gesehen der Export-Weltmeister von Deutschland. "Wenn wir alle Autos, die wir bauen nur in Baden-Württemberg oder Deutschland verkaufen würden, dann hätten wir jährlich einen riesigen Schrotthaufen. Genauso ist es in vielen anderen Bereichen. Wir leben vom Export und verkaufen das meiste davon ins EU-Ausland." Und zur EU gehöre nunmal der Euro. "Damit passt eine Partei, die ein Problem mit dem Euro hat, nicht zu Baden-Württemberg und somit auch nicht zu uns", erklärt er die Diskussion für beendet.