Bernd Ringhofer (rechts) zeigte Landrat Klaus Michael Rückert, welche Leitungsstrecke in kurzer Zeit gebaut wurde. Foto: Breitenreuter

Leerrohre werden von Firma mit Spezialmaschine verlegt. Breitbandausbau kommt drei bis fünf Kilometer pro Tag voran.  

Kreis Freudenstadt - Da staunten der Landrat, Bürgermeister, Kreisräte und Mitarbeiter der Kreisverwaltung nicht schlecht: Der Ausbau des Backbone-Netzes im Landkreis kommt dank eines Spezialverfahrens aus Österreich voran – und zwar drei bis fünf Kilometer pro Tag.

Im Garten des Naturfreundehauses in Urnagold in der Gemeinde Seewald versammelte sich eine stattliche Schar von Gästen, um auf Einladung des Landkreises das Verfahren zu besichtigen, mit dem derzeit an der Kreisstraße 4732 Lehrrohre für Glasfaserkabel am Straßenrand verlegt werden. Drei Leerrohre werden eingezogen. Eins davon dient dem Backbone, zwei sind für den innerörtlichen Ausbau des Glasfasernetzes bestimmt. In den Rohren gibt es wieder einzelne kleine Röhrchen, in denen jeweils etwa 288 Glasfaserbündel Platz haben.

Das Unternehmen Netze BW ist als Generalunternehmer derzeit mit dem Ausbau des Backbone-Netzes durch den Landkreis beschäftigt. Diese schnelle Datenautobahn, die die Städte und Gemeinden mit schnellem Internet versorgen soll, wird einmal 360 Kilometer lang sein. Davon sind 30 Kilometer bereits vorhandene Trassen der Kommunen und des Landkreises, 30 Kilometer werden bei anderen Infrastrukturmaßnahmen mitverlegt, 130 Kilometer Leitung werden angepachtet und 170 Kilometer müssen neu gebaut werden, 80 davon mit dem Verfahren Layjet. Der Bauzeitenplan sieht vor, dass im Jahr 2022 das Glasfaser-Backbone-Netz fertig ist.

Landrat Klaus Michael Rückert zeigte sich beim Vor-Ort-Termin "stolz auf das innovative Verfahren Layjet. Es sei wichtig, dass der Kreis beim Ausbau des schnellen Internets Gas gebe. Denn die "Renaissance des Lebens auf dem Land" sei deutlich spürbar. Doch neben der herrlichen Natur sei auch das Breitband dabei ein wichtiger Faktor. Nachdem die Telekommunikationsgesellschaften "kläglich versagt" hätten, nehme der Landkreis den Ausbau des Breitbandnetzes selbst in die Hand, mit dem Ziel, jedes Haus im Landkreis an das Glasfasernetz anzubinden. Rund 35 Millionen Euro würden dafür investiert.

Perfekter Partner mit Sachverstand

Im Unternehmen Netze BW habe man einen perfekten Partner gefunden, der mit Sachverstand und Herzblut bei der Sache sei und das moderne Layjet-Verfahren mittrage, das Mitarbeiter des Landratsamts in Österreich entdeckt hätten. Es werde landesweit zum ersten Mal eingesetzt. In diesem großen Umfang werde mit dem System deutschlandweit zum ersten Mal gearbeitet. "Wir sind am Puls der Zeit", freute sich der Landrat, der dem Land für die Unterstützung des Projekts dankte.

Der Parlamentarische Staatssekretär Hans-Jochim Fuchtel (CDU) erinnerte, dass er sich seit über 20 Jahren mit dem Thema Breitband beschäftige und auch schon Konferenzen veranstaltet habe, um den Ausbau voranzubringen. Für den Kreis Freudenstadt sei dies gelungen. Er wünschte den Bauarbeiten einen reibungslosen Verlauf und appellierte an die Bürger, später auch an das Netz anzuschließen. Dabei räumte er ein, dass dies auch mit Kosten verbunden sein werde. Eine große Zustimmung in der Bevölkerung sei aber wichtig.

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Saskia Esken bezeichnete es als "große Aufgabe", das Breitband in die Fläche zu bringen. Dazu sei es auch notwendig gewesen, Bundes- und Landesmittel zur Verfügung zu stellen. Man lege das Thema schnelles Internet in die Hand der Kommunen, das sei auch gut so. Esken erinnerte daran, dass Mittel nicht nur für den Breitbandausbau notwendig seien, sondern auch für andere Bereiche der Digitalisierung, beispielsweise in den Schulen.

Christoph Müller, Chef von Netze BW, sagte, dass sein Unternehmen eigentlich für die Stromversorgung zuständig sei, jedoch das Thema Breitband lange auf der Agenda habe. Den Weg, die Firma Layjet ins Boot zu holen, gehe man gerne mit. Die ersten Erfahrungen mit dem Verfahren seien vielversprechend.

Bernd Ringhofer von der österreichischen Firma Layjet bestätigte, dass der Auftrag im Kreis Freudenstadt das erste große Projekt in Baden-Württemberg sei. In Österreich habe sich das Verfahren bei mehreren hundert Kilometern Leitungstrasse bereits bewährt. Es sei von Straßenbauexperten entwickelt worden, um eine möglichst schonende Verlegung der Leerrohre im Straßenbankett zu ermöglichen. Dadurch sei auch die Planung einfacher, weil die Straßen ja schon vorhanden seien. Bei einer Besichtigung der Maschine in voller Aktion konnten sich die Gäste von der Leistungsfähigkeit und der hohen Geschwindigkeit überzeugen. Während das gerät arbeitet, ist keine Straßensperrung notwendig.

Doch das Backbone-Netz wird nicht nur mit dem Layjet-Verfahren verlegt. bei etwa 90 Kilometern des Netzes ist es aus naturschutz- oder wasserrechtlichen Gründen nicht einsetzbar. Dort werden Gräben in herkömmlicher Weise ausgehoben, die Rohre eingelegt und dann wieder verfüllt.

Info: Das Verfahren

Das Layjet-Verfahren basiert auf einem leistungsfähigen Traktor, an dessen Heck sich eine Fräse befindet. In einem einzigen Arbeitsgang fräst die Maschine einen schmalen Schlitz am Straßenrand und verlegt die Rohre, die sich auf Trommlen vorne am Traktor befinden, inklusive Warnband. Sie verden mit feinem Material umhüllt. Anschließend wird der Graben mit dem entnommenen und aufbereiteten Material gleich wieder verschlossen. Während des gesamten Verlegevorgangs schützt eine integrierte Schleppschalung den Graben vor einrieselndem Material. Ein von der Firma eigens entwickeltes mehrlagiges Verdichtungsverfahren macht das Bankett sofort wieder so tragfähig wie vor den Baumaßnahmen. Nur etwa sechs Mitarbeiter umfasst ein Verlegeteam. Auch asphaltierte Flächen und Einfahrten sind für die Fräse kein Problem.