Einkaufen können Asylbewerber im Landkreis Freudenstadt künftig ohne Gutscheine. Foto: Hopp

Landkreis setzt Neuregelung ab 1. März um. Logistische Herausforderung: Große Beträge müssen verteilt werden.

Kreis Freudenstadt - Asylbewerber und Flüchtlinge im Landkreis Freudenstadt müssen bald nicht mehr mit Gutscheinen einkaufen, sondern bekommen Bargeld ausbezahlt. Diese Regelung, die vielfach gewünscht wurde, ist für den Landkreis ein enormer Kraftakt.

Früher gab es für die Asylbewerber und Flüchtlinge im Kreis Freudenstadt Sachleistungen, sprich Essenspakete. Sie wurden abgeschafft, weil die verschiedenen Bevölkerungsgruppen und ihre Essgewohnheiten dabei nicht ausreichend berücksichtigt werden konnten. Seitdem gibt es die Gutscheine, mit denen die Menschen in bestimmten Geschäften die Dinge des täglichen Bedarfs selbst einkaufen können. Doch auch sie stehen in der Kritik, weil nur relativ wenige Geschäfte mitmachen und die Asylbewerber und Flüchtlinge oft lange Wege für ihren Einkauf zurücklegen müssen.

Aus diesem Grund wurden bereits vor längerer Zeit vor allem aus den Arbeitskreisen Asyl, aber auch aus kommunalpolitischen Kreisen die Abschaffung dieser Gutscheine und die Einführung von Geldleistungen gefordert. Die SPD-Fraktion im Kreistag hatte Anfang Dezember vergangenen Jahres diesbezüglich einen Antrag gestellt. Dieser wurde seinerzeit zurückgestellt, weil sich bundesweit eine Neuregelung ankündigte, die der Landkreis zunächst abwarten wollte.

Diese Neuregelung ist jetzt da und besagt, dass die Leistungen an Asylbewerber bereits ab 1. März vorrangig in Geldform gewährt werden. Robert Bornhauser, Leiter des Sozialamts des Kreises Freudenstadt, hat damit gerechnet, dass der Bundesgesetzgeber die Geldleistungen vorgeben wird. Begeistert ist er darüber nicht, denn auf den Landkreis komme ein enormer Arbeitsaufwand zu, sagt er auf Anfrage unserer Zeitung. Im Kreis Freudenstadt haben etwa 400 Asylbewerber Anspruch auf die Geldleistungen. Sie leben nicht nur in Sammelunterkünften, sondern wurden wegen des starken Zustroms auch in angemieteten Häusern untergebracht, die über das gesamte Kreisgebiet verstreut sind.

Für die Abwicklung der Geldleistungen sind die Heimverwalter zuständig. Von denen gibt es im Landkreis laut Bornhauser drei. Zwei davon sind derzeit krank. "Das ist logistisch eine große Herausforderung", so Bornhauser.

Und nicht nur das. Jeden Monat müssen hohe Geldbeträge bewegt werden. Die Mitarbeiter des Kreises schleppen bei der Auszahlung stolze Geldsummen mit sich herum. Bis zu einem gewissen Betrag sind sie zwar durch eine Versicherung des Kreises abgesichert. "Wird dieser Betrag überschritten, geht das zu Lasten des Kreises", betont Robert Bornhauser. Er vermutet, dass es vor allem am Anfang vorkommen wird, das die Mitarbeiter nicht gänzlich abgesichert sind.

Am einfachsten wäre es, wenn die Asylbewerber Guthabenkonten einrichten könnten, auf die das Geld gebucht werden kann. "Dem steht aber das Geldwäschegesetz entgegen", weiß Bornhauser. Denn demnach kann nur derjenige ein Konto einrichten, der einen Personalausweis oder Reisepass vorlegen kann. Und diese Papiere haben die Asylbewerber häufig nicht. Es gebe nun aber neue Auslegungen dieses Gesetzes, nach denen auch andere Dokumente zur Identifizierung der Personen ausreichen. Man sei diesbezüglich in Verhandlungen mit der Kreissparkasse, so Bornhauser. Mit Guthabenkonten wäre das Verfahren deutlich einfacher und die Heimverwalter könnten sich anderen Aufgaben widmen, von denen es genügend gibt. Der Landkreis wird es vermutlich nicht schaffen, ab 1. März alle Asylbewerber mit Geld zu versorgen. Deshalb wird es laut Robert Bornhauser in der Übergangsphase auch noch Gutscheine geben. Den Vertrag mit der Firma Sodexo, die die Gutscheinausgabe bisher abgewickelt hat, habe der Kreis gekündigt. Doch die Kündigungsfrist müsse man einhalten. Aber die Firma habe keinen Anspruch auf Abnahme einer gewissen Anzahl von Gutscheinen. "Wir rufen dann einfach keine Gutscheine mehr ab", erläutert der Sozialamtsleiter.

Bornhauser ist nach wie vor der Meinung, dass die früheren Sachleistsungen ein geeignetes Instrumentarium waren, um die Flüchtlinge und Asylbewerber zu versorgen. Denn dabei habe der Kreis auch eine Anwesenheitskontrolle gehabt. Mit der Auszahlung von Geld sei klar, dass zum Auszahlungstermin alle Menschen "Gewehr bei Fuß" stehen. Doch es könne durchaus sein, dass bestimmte Asylbewerber sich danach aus dem Staub machen und woanders unterschlupfen. Eine Kontrolle, wer sich gerade wo aufhält, gebe es dann nicht mehr.

Waltraud Hoffmann vom Arbeitskreis Asyl in Freudenstadt ist dagegen froh, dass auch im Landkreis die Asylbewerber Geldleistungen bekommen. "Dann können sie endlich einkaufen wie normale Bürger", sagt sie. Denn auch Flüchtlinge und Asylbewerber wollten zur Gesellschaft dazugehören. Die Gefahr, dass viele Menschen ihr Geld dann für Alkohol ausgeben, sieht sie eher nicht. "Das sind verantwortliche Leute", betont Waltraud Hoffmann. Andere Landkreise hätten die Geldleistungen schließlich schon seit langer Zeit. Über die neue Regelung seien die Menschen sicher sehr glücklich, ist Waltraud Hoffmann überzeugt.

Info: Die Leistungen

Mit dem jeweiligen Geldbetrag für die Asylbewerber sind folgende Bereiche des Lebensunterhalts abgedeckt: Nahrungsmittel und Getränke, Bekleidung und Schuhe, Ausgaben für Medikamente ohne Rezepte, öffentlicher Nahverkehr, Handys oder andere Kommunikationsmittel, Freizeit, Unterhaltung, Kultur, Bildung, Beherbergung und Gaststättenbesuche sowie Hygieneartikel und Friseur. In den ersten 15 Monaten nach dem Eintritt in die Bundesrepublik bekommt beispielsweise ein alleinerziehender Erwachsener 325,45 Euro im Monat, Ehegatten oder in eheähnlicher Gemeinschaft lebende Personen erhalten 292,85 Euro. Nach den ersten 15 Monaten steigen die Beträge bei Alleinerziehenden auf 336,45 Euro und bei Ehegatten auf 302,85 Euro. Dies entspricht den Leistungen nach Hartz IV.