Wie viel ist dem Kreis Calw Rossini wert? Darum ging’s im Kulturausschuss. Foto: Archiv

Ausschuss tut sich mit Förderung des Festivals schwer. Wichtige Fürsprecher beim Land BaWü. Mit Kommentar.

Kreis Calw - Je länger die Diskussion dauerte, um so  blasser wurde Jochen Schönleber. In über 20-jähriger Arbeit hat er als Intendant das Rossini-Festival in Bad Wildbad zu seinem internationalen Ruf verholfen – und jetzt geriet sein ganzes Finanzierungsmodell ins Wanken. Mitglieder des Bildungs- und Sozialausschusses des Landkreises, die dem Kreistag eine Förderempfehlung für die nächsten drei Jahre erteilen sollten, sahen bei der von der Verwaltung vorgeschlagenen Subvention in Höhe von 35.000 Euro die Förderrichtlinien des Landkreises außer Kraft gesetzt. Das große Schachern begann.

Schönleber kann mit Stolz darauf verweisen, dass sein kleines, aber feines Festival im Nordschwarzwald in einem Atemzug mit Aix en Provence, Bayreuth oder Bregenz genannt wird. Beim Thema Geld muss er aber neidlos gestehen, dass die Konkurrenz weit besser gebettet ist. Er muss mit einem Bruchteil deren Etats sein Festival stemmen und kommt sich, wie er gestern im Ausschuss lakonisch befand, wie "mit einer zu kurz gestrickten Decke vor, mit der man die Löcher mit großer Virtuosität schamhaft zu bedecken versucht".

Immerhin, beim Land Baden-Württemberg hat er gewichtige Fürsprecher gefunden. Eigens für Rossini in Bad Wildbad, erklärte Schönleber, seien die Förderrichtlinien des Landes außer Kraft gesetzt und eine Ausnahme gemacht worden. 80.000 Euro fließen pro Jahr aus Stuttgart. Diese Ausnahme sei indes an die Forderung gebunden gewesen, dass von kommunaler Seite die Finanzspritzen nicht zurückgefahren werden. Während die Stadt Bad Wildbad den Zuschuss im vergangenen Jahr um 5000 Euro auf 125 000 Euro erhöhte, lief auf Kreisebene die Förderzusage aus.

Ein weitere Unterstützung des Festivals stand auf wackeligen Beinen. Vor allem Ulrich Bünger von den Freien Wählern verwies im Laufe der Diskussion immer wieder auf die Förderrichtlinien des Landkreises, die mit der von Landrat Helmut Riegger vorgeschlagenen Subvention nicht in Einklang zu bringen sei. Landrats-Vize Frank Wiehe konterte: Selbst die Förderung der Musikschulen im Kreis seien nicht richtlinienkonform.

Aus der CDU-Fraktion wurden im Laufe des Diskussion Forderungen laut, die Finanzspritze für Rossini auf 30.000 zu belassen oder sogar auf 20.000 Euro zu kürzen, die Andreas Hölzlberger für ausreichend erachtete. Er störte sich vor allem daran, dass dieses "spezielle Projekt nicht so sehr in der Breite wirkt. Eine Förderung in der Breite ist mir lieber." Er plädierte zudem dafür, diese 20.000 Euro jedes Jahr um weitere 5000 Euro zu kürzen, bis sich das Festival ohne Hilfe des Kreises trage. Das fehlende Geld solle sich Schönleber bei der Stadt Bad Wildbad holen. Diese Beschlussvorlage, meinte Hölzlberger kategorisch, finde in dem Ausschuss jedenfalls keine Mehrheit. Während er dies erklärte, drängte Ulrich Bünger alle Fraktionskollegen – erfolgreich – dazu, sich bei der späteren Abstimmung zu enthalten.

Landrat Riegger mahnte vergebens: "Das ist ein Projekt, um das uns ganz Deutschland beneidet. Das sollten wir uns als Kulturkreis leisten." Die Bedenken im Ausschuss blieben.

Dabei hatte Riegger vor drei Jahren ganz bewusst einen neuen Weg beim Sponsoring dieses Festivals eingeschlagen. Früher sei dieses Geld "anders deklariert gewesen" – jeder Landkreisbewohner förderte Rossini indirekt über die Abfallgebühren – jetzt, meinte der Landrat, erkläre man "offen und ehrlich, woher das Geld kommt."

Die drohende Niederlage vor Augen, beriet sich Riegger kurz mit Intendant Schönleber und schlug den Kompromiss vor, die Förderung des Rossini-Festivals auf dem bisherigen Stand von 30.000 Euro zu belassen und auch nur für nächstes Jahr zu gewähren. Auf Drängen Büngers will man sich in dem Ausschuss auch dem Thema Förderrichtlinien nochmals im Allgemeinen und, wie Rossini darin integriert werden kann, im Besonderen annehmen.

Intendant Schönleber machte den Ausschussmitgliedern indes wenig Hoffnung auf ein Gelingen dieses Vorhabens: "So etwas weltweit Einmaliges wird nie in eine Richtlinie passen."

Kommentar: Provinziell

Von Roland Buckenmaier

Schachern um Rossini. Im Bildungs- und Sozialausschuss des Kreises ging es zu wie im orientalischen Basar. 35 000 Euro? 30 000 oder doch lieber 20 000 Euro? Wer bietet weniger! Derweil das Land für dieses Opern-Festival von internationalem Ruf alle Förderrichtlinien über Bord wirft und die Schatullen öffnet, meldet sich just in dem Kreis, der sich dieses kulturellen Leuchtturmprojektes rühmt, der Club der Erbsenzähler. Dabei gibt es die Lex Rossini schon längst. Warum haben diese Kultur-Pharisäer damals geschwiegen, als die Festival-Subvention des Kreises indirekt in der Abfallgebühr vermauschelt wurde? Das haben sie stillschweigend geduldet. Jetzt, da alles transparent und offen ist, ereifern sie sich. Wenn es eine parlamentarische Sternstunde gibt, dann war diese Diskussion gestern das genaue Gegenteil. Das war tiefste Provinz und dieses Kreises unwürdig.