Im Wahlkreis Calw/Freudenstadt wurde bei der Bundestagwahl die Parteienhierarchie fast auf den Kopf gestellt. Foto: Zerwann

Analyse: Parteienhierarchie im Wahlkreis steht nahezu Kopf. SPD wird fast noch von den Liberalen überholt.

Kreis Calw - Das Zweistimmenergebnis mehr als verdoppelt, in jeder Kommune des Kreises Calw zweistellig und die SPD sogar hinter sich: Die AfD ist im Wahlkreis Calw/Freudenstadt zur zweistärksten politischen Kraft aufgestiegen.

Die Rechtspopulisten haben damit die Parteienhierarchie im Wahlkreis nahezu auf den Kopf gestellt. Vor vier Jahren scheiterten sie zwar noch auf Bundesebene, aber – wenn es nach den Wählern in der Region gegangen wäre – hätten sie damals schon mit 6,3 Prozent die Fünf-Prozent-Hürde klar genommen. Am Sonntag hat die AfD dieses Ergebnis mehr als verdoppelt – auf 15 Prozent.

Die CDU liegt mit 37,2 Prozent der Zweitstimmen zwar deutlich vorne, hat aber herbe Verluste hinnehmen müssen: minus 13,9 Prozent. Das ist das schlechteste Ergebnis der Partei von Hans-Joachim Fuchtel seit 1949. Vor acht Jahren schnitt die Union mit 38 Prozent nur wenig besser ab.

Wobei es für die CDU noch Konstanten gibt. Im Hinteren Wald bleiben die Stammwähler Fuchtel treu. Hier sind noch die angestammten Hochburgen der Christdemokraten. Simmersfeld mit 54,2 Prozent der Erststimmen und 47,2 Prozent der Zweitstimmen erinnert die CDU an glorreichere Zeiten. Genauso wie Neuweiler mit 45,2 Prozent und Egenhausen mit 46,9 Prozent der Zweitstimmen. Dafür musste die Union vor allem im Norden und Westen des Kreises Federn lassen: Schwarzer Tiefpunkt mit 30,8 Prozent: Unterreichenbach, gefolgt von Dobel (31,7) und Höfen mit 32,2 Prozent.

FDP ist den Genossen dicht auf den Fersen

Die Einbußen im Vergleich zur Wahl vor vier Jahren sind bei der SPD zwar nicht so dramatisch wie bei der anderen Volkspartei, aber schon 2013 hatten die Genossen im Wahlkreis mit 17,7 Prozent ein historisch schlechtes Ergebnis eingefahren. Die 14,4 Prozent von dieser Wahl markieren einen neuerlichen Tiefstand. Die SPD rutscht damit hinter der AfD im Parteienranking des Wahlkreises auf den dritten Platz ab.

In keiner einzigen Kommune im Kreis konnten die Genossen die 20-Prozent-Hürde nehmen. Nur Calw mit 17 und Bad Herrenalb mit 16,8 Prozent der Zweitstimmen ragen noch heraus. Im Hinteren Wald sieht’s für die SPD derweil düster aus: magere 9,2 Prozent in Neuweiler und 9,9 Prozent in Egenhausen.

Dicht auf den Fersen ist den Genossen die FDP mit 14,3 Prozent. Platz 4 im Wahlkreis. Stark sind die Freidemokraten in Enzklösterle (16,5 Prozent) und Ostelsheim mit 16,1 Prozent. In Oberreichenbach kamen die Liberalen dagegen "nur" auf 10,7 Prozent. Aber im Gegensatz zur SPD fuhren die Liberalen in keiner Kreiskommune ein einstelliges Ergebnis ein.

Auf Platz 5 landeten die Grünen mit 9,9 Prozent der Zweitstimmen, immerhin 2,3 Prozent mehr als vor vier Jahren. In Simmozheim hat die Umweltpartei mit 15,1 Prozent das beste Ergebnis im Kreis Calw erzielt, in Egenhausen mit 6,6 Prozent das schlechteste.

Leicht zugelegt von 4,2 auf 5,1 Prozent haben auch die Linken im Wahlkreis. Am Ende Platz 6 unter den im Bundestag vertretenen Parteien. Dobel (7,4 Prozent) und Unterreichenbach (7,3 Prozent) stechen für die Linken positiv heraus, Enzklösterle und Simmersfeld mit jeweils 3,4 Prozent markieren die Tiefpunkte in der Wählergunst.

Klarer Gewinner im Wahlkreis, was die Zuwächse anbelangt, ist die AfD. Sie hat ihre Hochburgen mit jeweils 18,4 Prozent in Haiterbach und Ebhausen. Aber auch in Dobel, Anfang der Neunziger ein starker Hort der Republikaner, genießt sie mit 17,9 Prozent der Zweistimmen mit die größte Zustimmung. Am schlechtesten schneiden die Rechtspopulisten dagegen in Ostelsheim (10,1 Prozent) und Simmozheim (10,9 Prozent) ab.

Und es gibt noch einen Gewinner im Walkreis: die Demokratie, zumindest was die Wahlbeteiligung anbelangt. 77,5 Prozent sind besser als das Bundesergebnis (75,9 Prozent). In Ostelsheim gingen sogar 82,6 Prozent der Wähler zur Urne, in Dobel dagegen nur 52 Prozent.