Rauchsäulen über Kobane: Die syrische Stadt an der Grenze zur Türkei liegt unter dem Feuer der Terroristenbande Islamischer Staat Foto:  

Im Verzweiflungskampf kurdischer Verteidiger im syrischen Kobane gegen die Terroristenbande Islamischer Staat steht eine Haupt-Verliererin schon fest: die Türkei.

Kobane - Wenn die Flagge des Islamischen Staats (IS) über Kobane weht, markiert sie sehr viel mehr als einen Geländegewinn dieser Terroristenbande. Schließlich klärt sich in der syrischen Stadt an der Grenze zur Türkei und zur Nato gerade die Machtfrage. Vor den Augen aller Welt.

Mit jedem Quadratmeter in Kobane, den die kurdischen Verteidiger dem IS preisgeben müssen, schwinden Ansehen und Glaubwürdigkeit jener, die das verhindern könnten – aber offensichtlich nicht wollen oder nicht können. Das gilt in besonderem Maß für die Türkei. Seit Jahren erhebt sie den Anspruch, eine der stärksten Mächte der Region und ein Stabilitätsanker zu sein. Die IS-Terroristen aber lassen die Türkei auf das Format einer Scheinriesin schrumpfen.

Offensichtlich betrachtet die türkische Regierung die Kurden im eigenen Land und in der irakischen und syrischen Nachbarschaft als das größere Bedrohungspotenzial. Nur so ist zu erklären, dass sie den IS im Kampf gegen die Kurden gewähren lässt. Obwohl auch in der Türkei das grausige Schicksal der von den Terroristen Unterworfenen bekannt ist. Obwohl es einer Armee vom Kaliber der türkischen ein Leichtes gewesen wäre, die IS-Verbände vor Kobane innerhalb von Stunden zu zerschlagen. Das Argument, man wolle sich nicht in den Syrien-Krieg verwickeln lassen, ist keines: In dem mischt die Türkei ja seit Anbeginn mit.

Extrem schlecht sehen auch die Mächte aus, die sich – mutiger und klarsichtiger als Deutschland – zum Kampf gegen den IS aufgerafft haben. Dass ihre Luftschläge selbst bei totaler Luftüberlegenheit gegen einen bei Tag auf freier Fläche operierenden Feind so wenig bewirkt haben, kommt einem militärischen Bankrott gleich.

c.reisinger@stn.zgs.de