Zinzendorfschulen: Unterstufenschüler ergründen mit Begeisterung das Marburger Programm

"Konzentriere dich!" Was für viele auf den ersten Blick nach Anstrengung klingt, kann ganz einfach sein. Das haben jetzt die Unterstufenschüler Lars, Maya, Beatrice, Nina und Charis an den Zinzendorfschulen bei Michaela Wedel gelernt.

Königsfeld. Nach dem System des Marburger Konzentrationstrainings (MKT) lernen die Kinder, motiviert, konzentriert und strukturiert an ihre Aufgaben zu gehen. Die Erzieherin ist ausgebildete MKT-Trainerin und richtet sich mit diesem Zusatzangebot der Zinzendorfschulen an Kinder, die sich leicht ablenken lassen.

Entspannungsübungen zu Beginn des Trainings

Das Training ging über sechs Doppelstunden und beinhaltet jedes Mal die gleichen Elemente: "Wir beginnen immer mit einer Entspannungsübung. Es folgen Übungen zum inneren Sprechen und Übungen zur Förderung der Wahrnehmung und Merkfähigkeit. Der Nachmittag endet immer mit einem Spiel", erklärt Michaela Wedel.

Zum Anfang des Trainings sitzen alle im Kreis und schließen die Augen. Die Trainerin schaltet eine CD mit Orgelmusik und Vogelgezwitscher ein und schickt die Kinder mit einer kurzen Erzählung auf eine Fantasiereise. Diesmal werden sie aufgefordert, ihre Sorgen in ein Paket zu packen, welches dann durch das geöffnete Fenster fliegt.

"Das war wie bei Harry Potter", meint eines der Mädchen anschließend begeistert. Bei der Übung zum inneren Sprechen spiegeln die Kinder immer schwieriger werdende Muster auf kariertem Papier. Abwechselnd sagt eines der Kinder den anderen an, um wie viel Kästchen sie in welche Richtung malen müssen. Michaela Wedel bestätigt immer wieder die Richtigkeit und am Ende haben alle das gleiche Muster vor sich liegen. Das Kind, das die Ansage gemacht hat, lobt sich jeweils mit den Worten: "Das habe ich gut gemacht". Das laute Sprechen bei der Bewältigung der Aufgabe rückt nach und nach in den Hintergrund und wird zum inneren Sprechen, bis es die Kinder nicht mehr wahrnehmen.

Die Wahrnehmung und Merkfähigkeit lernen sie mit einem Denksportspiel. Die Trainerin liest den Kindern eine kleine Geschichte vor, am Ende fragt sie nach den Details. Alle Hände schnellen nach oben, es ist verblüffend, wie viele der Einzelheiten sich alle gemerkt haben.

Aufgaben erst in Ruhe durchlesen

Die Schüler haben ihre Arbeitsweise geändert und bemerken schon nach dem dritten Training eine Veränderung: "Ich habe gelernt, die Aufgaben erst in Ruhe durchzulesen und dann anzufangen", sagt Lars.

"Vorher habe ich immer gleich losgelegt, damit ich schneller zu meinem Freund zum Spielen gehen konnte. Dabei habe ich viele Fehler gemacht. Wenn ich konzentrierter arbeite, bin ich eher fertig." Nina hat sich angewöhnt, nach dem Mittagessen erst einmal zu entspannen, bevor sie an die Arbeit geht.

Auch den Eltern sind die Fortschritte nicht entgangen: "Charis kommt jetzt mit ihren Aufgaben besser klar, ihr Selbstvertrauen ist gestiegen, und sie arbeitet strukturierter", konnte Birgit Lämmler beobachten. Die begleitenden Elternabende des Marburger Konzentrationstrainings fand sie besonders hilfreich: "Dabei konnten wir testen, welche Lerntypen wir selbst sind und haben festgestellt, dass Eltern nicht von ihrem eigenen Lerntypen auf den ihrer Kinder schließen dürfen. Wenn die sich unterscheiden, kann es ganz leicht zu einer Überforderung kommen."

Aufgaben schwer, aber doch zu lösen

Die Zwillinge Nina und Maya haben gelernt, Ruhe- und Belastungsphasen besser zu trennen. "Nina ist eher der Sprachentyp und schaltet bei Mathematik gerne ab", sagt ihre Mutter Martina Marquardt. "Ich nutze jetzt die Tricks des MKT, um ihnen zu zeigen, dass anfangs viele Aufgaben schwer, letztendlich aber doch zu lösen sind." Beide Mütter waren darüber erstaunt, dass ihre Kinder trotz des Termins am späten Nachmittag viel Spaß bei dem Konzentrationstraining hatten. "Charis kam immer strahlend nach Hause", sagte Birgit Lämmler.

Vor allem die Spielphase am Ende eines Trainings kam bei den Kindern gut an. "Die hätten sie gerne noch verlängert", so Marquardt. "Die Belastung durch das G 8 ist doch groß, da würden sie manchmal gerne noch einfach Kinder sein."