Foto: Peter Morlok

Hunderte Besucher säumen Straßen. Steinachtal hat sich schick gemacht. Wetter spielt mit.

Horb-Talheim - Nach zwei intensiven Tagen in der Halle, bei der die "Zigeuner Untertalheim" viele fröhliche Hästräger und zudem jede Menge partywillige Leute begrüßen durften sowie der traditionellen Seniorenfasnet im Narrenheim, zog es die Zunft raus auf die Straße.

Der Talheimer Umzug ist jedes Jahr der Höhepunkt der Fasnet im Steinachtal, und auch diesen Sonntag säumten wieder viele hundert Besucher die Hauptdurchfahrtsstraße des Ortes, um sich vom bunten Treiben begeistern zu lassen.

Die Sprecherwagen waren ebenso wie die Verpflegungs-Quartiere der örtlichen Vereine die Anziehungspunkte für die Besucher. Der größte Hotspot war sicher der Platz ums Rathaus herum, der immer dicht umlagert war. Bereits vor dem eigentlichen Umzug bekam man schon mit, mit wie viel Begeisterung die Talheimer bei ihrer Fasnet mitmachen. Kaum ein Besucher ohne fröhliche "Kriegsbemalung", ohne lustiges Hütchen auf dem Kopf oder sonst ein Utensil der Fröhlichkeit. Das Steinnachtal hatte sich für diesen Umzug schick gemacht, das Wetter tat gerade so mit, und da konnte eigentlich nicht mehr viel schiefgehen.

Das Zigeunerballett, schick wie immer, folgte dem Hexenwagen, der den Umzug anführte. Leider übertrieben es die Talheimer Waldhexen mit ihren Räucherkerzen so sehr, dass der Rest ihrer Truppe im roten Nebel verschwand und man die bunt gekleideten Zigeuner in Maske, bei denen den Mädels mit ihren Tamburins den Takt vorgeben, gar nicht mehr sah und sich das Zigeunerballett nur durch rote Nebelschwaden anschauen konnten. "Die spinnen, das ist zu viel", so der Kommentar einiger verärgerter Zuschauer, die den stinkenden Nebel ebenfalls voll abbekamen. Die "Grundmännle", die im letzten Jahr Jahr ihr 40-jähriges Jubiläum feiern durften und deshalb alle ganz "g’scheit" aussehen, folgten ebenso wie die "Buchelesweiber" mit ihrer markant, grünen Stola in gehörigem Abstand. Nach den Gastgebern reihten sich die Zünfte und Laufgruppen ein. Von manch wüster Hex gab’s für die Kinder einen Schleck und kleine, nette Gesichtsverzierungen per Kohlestift für die Erwachsenen.

Besonders interessant die schrittweise Verwandlung meist weiblicher Teenager im Laufe so eines Umzugs. Am Ende waren die Kids meist nicht wiederzuerkennen. Spaß machten auch die "Dettlinger Semsakrebsler", die als prall gefüllte Weintrauben unterwegs waren, oder die "Gündringer Fasnetsbutzen", die sich "Rotkäppchen und der Wolf lebt" als Motto ausgesucht hatten. Für Rotkäppchens Oma hatten sei ein Bettgestell gebastelt, das locker das Potenzial zum Verkaufsschlager in sich birgt. Die Kleinen vom Kindergarten freuten sich, dass sie wieder einmal im Micky-Maus-Zügle im Umzug mitfahren durften und die heimischen "Brechalochhexen" hatten, entgegen der sonstigen Gepflogenheit, ihren Narrensamen dabei und hüpften und tollten teilweise sogar unmaskiert, doch nicht weniger hübsch, umher. Als Super-Spitzen-Neuheiten haben sie sich einen Täfeles-Bub mit roten BH gegönnt, der als einziges männliches Mitglied im Umzug mitlaufen durfte. Scheinbar sind neue Sitten in der "grünen Villa" eingezogen.

Die "Philharmoniker" die sich im Dauereinsatz befinden, sorgen zusammen mit den Salzstetter "Tuders" im Umzug für satten Gugga-Sound beziehungsweise live gespielte Musik. "Ja gibt’s denn nur noch Hexa-Gruppen?" fragte sich ein Ehepaar, das 40 Jahre lang aktiv in Talheim mitgelaufen ist und jetzt nur noch kopfschüttelnd mit ansah, was da die Hauptdurchgangsstraße bevölkerte. Zwei private Laufgruppen, eine private Einzelfigur, zwei Bands, etwas Brauchtum aus Salzstetten und dem Steinachtal, das sei einfach etwas wenig, um die Vielfalt der schwäbisch-alemannischen Fasnet zu zeigen.

Dieser Umstand ist jedoch sicher auch der sehr kurzen Fasnet in diesem Jahr geschuldet. Jede Zunft, jede Gilde will ihren Umzug so gut wie es geht mit Gastzünften und deren Attraktivitäten füllen. Da kommt es ganz schnell zu einer Art Inflation der Umzüge, und am Ende ist jeder Veranstalter froh, wenn wenigsten irgendwelche Gruppen kommen. Hauptsache ist, dass alles schön bunt und fröhlich ist, und dass die Leute Spaß auf der Gass’ haben. Und das hatten sie im Zigeunertäle – zumindest zum größten Teil.