Tina Kober von der Frauenhilfe zeigt eine der bedruckten Tüten. Foto: Lachenmaier Foto: Schwarzwälder-Bote

Runder Tisch informiert über häusliche Gewalt gegen Frauen

Von Martina Lachenmaier

Horb. Gewalt kommt nicht in die Tüte. Statt dessen Brötchen oder Wurst. Und was noch wichtiger ist: Ein rotes Kärtchen mit drei Telefonnummern, die Frauen anrufen können, wenn sie Opfer häuslicher Gewalt geworden sind und dringend Hilfe brauchen. Nach dem erfolgreichen Aktionstag am vergangenen Freitag in Freudenstadt folgt nun in Horb am morgigen Samstag, zeitgleich zum Horber Advent, ein zweiter Aktionstag auf dem Flößerwasen. Dabei verteilen die Innungsmeister der Bäckerinnung und der Fleischerinnung zusammen mit Mitgliedern des "Runden Tischs" zwischen 10 und 12.30 Uhr gefüllte Bäcker- und Metzgertüten mit der Aufschrift "Gewalt kommt nicht in die Tüte".

Tina Kober, eine der Vorstandsfrauen der Frauenhilfe Freudenstadt, freut es, dass ihr Verein die Bäcker- und Metzgerinnung im Kreis Freudenstadt für diese landkreisweite Aktion gewinnen konnte. 140 000 Tüten, mit der aufrüttelnden Botschaft werden bis zum 6. Dezember in Bäckereien und Metzgereien über den Ladentisch gehen. Somit, und das ist die Intention der Frauenhilfe, landen die wichtigen Telefonnummern für Hilfe direkt auf dem Küchentisch betroffener Frauen. "Klar, diese Aktion unterstützen wir gerne", sagte Innungsmeister Roland Plaz aus Eutingen. Das Thema häusliche Gewalt sei in der Gesellschaft noch sehr im Hintergrund. Er findet es gut, dass es mit der Frauenhilfe Freudenstadt einen Verein im Landkreis gibt, der sich um Frauen kümmert, die Gewalt erfahren haben. Und nicht zuletzt profitierten auch die Innungsbetriebe. "Wir zeigen gerne, dass die Bäcker eine soziale Ader haben."

Als der Innungsmeister der Metzgerinnung, Uwe Widmaier aus Glatten, von der hohen Zahl betroffener Frauen erfahren hat, war er geschockt. 156 Frauen haben sich in diesem Jahr schon bei der Frauenhilfe beraten lassen. "Das Thema wurde lange verkannt. Wahrscheinlich ist die Dunkelziffer aber noch höher", sagt er. Seine Metzgerkollegen tragen gerne dazu bei, das Angebot der Frauenhilfe bekannter zu machen.

Tina Kober bestätigt: "Das Thema Gewalt gegen Frauen ist im Bewusstsein der Bevölkerung nicht verbreitet." Sie differenziert die häusliche Gewalt. Gewalt gegen Frauen fängt oft ganz subtil an. Wenn Männer Frauen einsperren, sie nicht alleine einkaufen lassen oder ihnen das Handy wegnehmen, sei das bereits häusliche Gewalt. "Wenn Männer ihre Frauen beschimpfen und ständig niedermachen, werden Frauen immer kleiner und wehren sich immer weniger. Wenn Männer ihren Frauen nur Haushaltsgeld geben, wenn sie mit ihnen schlafen, ist auch das häusliche Gewalt", sagt Tina Kober.

Diese psychische Gewalt sei meist der Anfang und setze sich in körperlicher Gewalt fort. Das bekannte blaue Auge, Knochenbrüche oder Platzwunden sind beispielsweise darunter zu verstehen. "Das Gewaltthema ist mitten in unserer Gesellschaft", sagt Tina Kober. Wer möchte, kann die roten Infokärtchen aus der Tüte auch an betroffene Frauen weitergegeben. Auf den Kärtchen stehen die Telefonnummern des bundesweiten Hilfetelefons, der Polizeidirektion Freudenstadt und der Frauenhilfe Freudenstadt. An der landkreisweiten Aktion beteiligen sich auch Städte und Gemeinden, Polizeipräsidium Tuttlingen, Gericht, Staatsanwaltschaft, Ärzteschaft, Jugendamt, Sozial-amt und Bewährungshilfe. Sie arbeiten beim Runden Tisch "Gegen Gewalt im sozialen Nahraum" mit.

(ml). Der Anlass der Aktionswochen ist der Internationale Aktionstag "Nein zu Gewalt an Frauen" am 25. November. Er erinnert an ein Geschehnis am 25. November 1960, als drei der vier Schwestern Mirabal, Patria, Minerva und Maria Teresa, vom militärischen Geheimdienst der Dominikanischen Republik nach monatelanger Folter durch die brutale Trujillo-Diktatur ermordet wurden. Nur eine Schwester, Dédè, überlebte. Sie hält den Widerstand ihrer Schwestern lebendig. Der Mut der Mirabal-Schwestern gilt inzwischen als Symbol für Frauen weltweit, die nötige Kraft für das Eintreten gegen jegliches Unrecht zu entwickeln. 1981 haben Frauen bei einem Treffen lateinamerikanischer und karibischer Feministinnen den 25. November zum Gedenktag für die Opfer von Gewalt an Frauen und Mädchen ausgerufen.