Klärschlämme aus Kläranlagen in Horb werden laut Angabe der Stadtverwaltung nicht auf landwirtschaftliche Flächen ausgebracht. Foto: Hopp Foto: Schwarzwälder-Bote

Umwelt: Zwei Wasserproben in Horb waren "geringfügig auffällig" / Bei Nachmessung nichts mehr gefunden

Ein Umweltskandal in der Region Rastatt weckt auch in anderen Kreisen Ängste. Es geht um sogenannte PFC-Stoffe im Grundwasser. Als möglicher Auslöser gilt Klärschlamm, der als Dünger auf Feldern ausgebracht wurde – eine Praxis, die auch aus dieser Region bekannt ist. Laut Landratsamt gibt es jedoch keinen Anlass zur Sorge.

Ho rb. In der Region Rastatt ist das mit PFC vergiftete Wasser eine Katastrophe für die Landwirte. Ob Erdbeeren, Spargel, Salat oder Gemüse – viele Äcker zwischen Bühl und Rastatt dürfen derzeit nicht mehr damit bebaut werden.

Schuld daran sind per- und polyfluorierte Chemikalien im Wasser. Diese künstlich hergestellten Stoffe werden in vielen Produkten verwendet, sind aber in der Natur kaum abbaubar und gelten zum Teil als gesundheitsschädlich (siehe Infokasten). Erst seit wenigen Jahren wird das Wasser auf diese Chemikalien geprüft.

Der Skandal in der badischen Nachbarregion lässt auch am Neckar aufhorchen. Jahrelang war die Behandlung und Entsorgung von Klärschlamm ein Thema im Kreis Freudenstadt. In der Region Rastatt waren Schlämme aus der Papierherstellung zu Kompost verarbeitet worden. Dieser wurde teilweise an die Bauern verschenkt, die ihn zum Düngen nahmen.

Für nicht-industriellen Klärschlamm war das auch im Kreis Freudenstadt gängige Praxis. Im vergangenen Jahr wurde der meiste Schlamm der Verbrennung zugeführt. Die Ausbringung auf landwirtschaftlichen Flächen ist noch erlaubt, doch wie Eberhard Orzschig, technischer Leiter des Eigenbetriebs Abwasserreinigung der Stadt Freudenstadt, im Mai 2016 in einer Ausschusssitzung berichtete, gebe es so gut wie keine Abnehmer mehr – wegen der Schadstoffe.

Auch in Empfingen wurde Klärschlamm bis 2013 auf Feldern ausgebracht. Der Gemeinderat beendete damals diese Praxis. Die Kläranlage Fischingen wurde saniert, und der Klärschlamm wird seither getrocknet, gepresst und verbrannt. Der Vertrag mit dem letzten Landwirt, der den Schlamm noch ausbrachte, endete im Januar 2016. Empfingen war damals die letzte Gemeinde der Region, in der Klärschlamm ausgebracht wurde. Im Kreis Rottweil stiegen die letzten beiden Gemeinden im Jahr 2014 aus.

Im Empfinger Gemeinderat war der Ausstieg aus der Klärschlamm-Düngung seinerzeit hochumstritten. Der Schlamm wurde auf Metalle und andere Stoffe getestet und galt als unbedenklich. Das war er vielleicht auch, denn es handelte sich um gewöhnlichen Klärschlamm, wie er andernorts auch auf Feldern ausgebracht wurde. Wäre er mit PFC belastet gewesen, hätten wohl noch zahlreiche andere Regionen heute das Problem mit der Grundwasserbelastung.

In Horb ist die PFC-Belastung angeblich kein Thema. Auf Anfrage unserer Zeitung teilte die Stadtverwaltung mit: "Da wir in unseren Einzugsgebieten zum einen keine Klärschlammausbringung betreiben und zum anderen die Grundwasserentnahmestellen keinem direkten Einfluss möglicher Einleiter ausgesetzt sind, bestand bis Mitte 2016 keine Veranlassung seitens der Stadtwerke, diese Parameter analysieren zu lassen."

Für dieses Jahr sei eine stichprobenweise Untersuchung vorgesehen und bereits auch beauftragt. Mit dem Ergebnis wird noch dieses Frühjahr gerechnet.

Doch abgesehen von PFC: Dass der Horber Klärschlamm in der Vergangenheit anderweitig belastet war und möglicherweise trotzdem auf Felder ausgebracht wurde (wo, ist nicht bekannt) zeigte ein Betriebsbericht fürs Jahr 2015 im Mai vergangenen Jahres. Berichtet hatte Abwassermeister Gerd Hölle in der Verbandsversammlung des Abwasserverbands Unteres Eyachtal. Die Informationen darin: Aus der Kläranlage Mühringen wurden 1007 Kilo Klärschlamm an die Landwirtschaft abgegeben. Der Schlamm, der bis dahin nur nach der Klärschlammverordnung getestet wurde, musste dann auch nach der Düngemittelverordnung beprobt werden. Schon die erste Probe erreichte den Grenzwert des hochgiftigen Metalls Thallium von 1 mg/kg. Bei der zweiten Probe waren es noch 0,8 mg/kg – damit könne der Schlamm noch landwirtschaftlich verwendet werden, berichtete Hölle in der Sitzung im Mai.

Aber auch beim PFC blieb Horb nicht ganz verschont – es handelt sich laut Landratsamt allerdings um sehr geringe gefundene Mengen. Bereits 2013 veranlasste der Landkreis Freudenstadt Messungen. Im Juli 2013 prüfte das Gesundheitsamt auf perfluorierte Tenside. "Die Untersuchungen wurden bei den Wasserversorgungen Nordstetter Gruppe, Haugenstein, Horb-Kernstadt, Gäuwasserversorgung, Loßburg Lohmühle und Freudenstadt-Kernstadt vorgenommen. Alle Trinkwasserproben waren hinsichtlich der durchgeführten Analysen auf perfluorierte Tenside unauffällig", antwortete das Landratsamt auf Anfrage des Schwarzwälder Boten. Doch ein Jahr später tauchte der Stoff auf. Das Gesundheitsamt schildert: "Im Rahmen eines Sondermessprogrammes wurden im Frühjahr 2014 von der LUBW (Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg) Untersuchungen von Rohwasser (unbehandeltes Wasser) auf PFC durchgeführt. Dabei war eine von der Egelstalquelle (Nordstetter WV) und von der Talmühlequelle (Gäuwasserversorgung) entnommene Probe geringfügig auffällig."

Zur Kontrolle dieser Werte zog das Gesundheitsamt im September 2014 Nachproben. "Bei den Proben der WV Nordstetter Gruppe im Wasserturm Nordstetten, der Egelstalquelle und dem Neckartalbrunnen sowie dem Zweckverband Gäuwasserversorgung im Ortsnetz Horb-Mühlen und der Talmühlequelle wurden keine Substanzen der PFC nachgewiesen."

Außerdem habe das Amt für Wasserwirtschaft und Bodenschutz im Rahmen eines Messprogramms aufgrund der PFC-Schadensfälle im Raum Rastatt/Baden-Baden ab 2015 in Baiersbronn bei einer stillgelegten Deponie Wasserproben genommen, "wobei im Bereich von genutzten Quellen kein PFC nachgewiesen wurde", so die Behörde.

PFC ist die Abkürzung für per- und polyfluorierte Chemikalien. PFC sind künstlich hergestellte Chemikalien. Sie bestehen aus Kohlenstoffketten verschiedner Längen. PFC werden seit den 1960er-Jahren wegen ihrer wasser-, schmutz- und fettabweisenden Eigenschaften in vielen Verbraucherprodukten eingesetzt. Sie sind zum Beispiel in schmutzabweisenden Teppichen, Outdoor- und Arbeitskleidung, aber auch in Pizzakartons und Getränkebechern enthalten. In der Natur sind sie kaum abbaubar. Wie gefährlich sie sind, ist noch nicht geklärt, weil es mehrere PFC gibt. In Langzeitstudien mit Ratten und Mäusen förderten zwei der Verbindungen Leberkrebs und andere Tumoren. Sie könnten auch den Langzeitschutz von Tetanus und Diphtherie-Impfungen abschwächen.