Für Andreas Schnell (spielte schon den Jedermann) und Valentina Sadiku ist die Probe zum "Pygmalion" von George Bernard Shaw etwas ganz Besonderes. Fotos: Hopp Foto: Schwarzwälder-Bote

Kultur: Neuer Glanzpunkt für den Horber Marktplatz: Inszenierung des Pygmalion von Shaw

Von Jürgen Lück

Was machen Worte, Sprache und Kommunikation aus dir? Auf komödiantische Weise erzählen das Doro Jakubowski und ihr Chamäleon-Theater im Pygmalion, dem Theaterklassiker von George Bernard Shaw. Doch in Horb setzen sie noch eins drauf.

Horb-Dettingen. Ein Doppelpack am zweiten Juli-Wochenende bietet an zwei Abenden Kulturgenuss und Nachdenk-Stoff.

Der Schlossplatz in Dettingen. Für Andreas Schnell (spielte schon den Jedermann) und Valentina Sadiku ist die Probe zum Pygmalion von George Bernard Shaw etwas ganz Besonderes.

Für Sadiku, weil die Schauspielerin aus Stuttgart in ihrer Rolle als Eliza ein Stück ihrer Biografie wieder erlebt. Die "Eliza" stammt aus dem Kosovo: "Ich war ein Flüchtlingskind und war 1998 die einzige Ausländerin in der Schule. Für die Kinder und die Lehrer war es zu anstrengend, sich mit mir zu beschäftigen. Erst mit dem Theaterspielen habe ich die Liebe zur Deutschen Sprache gefunden."

Für Doro Jakubowski war das der Hauptgrund, Valentina Sadiku beim Casting für die "Eliza" zu wählen: "Es geht mir bei meine Inszenierung von Pygmalion darum, zu klären, wie Flüchtlinge in der jetzigen Situation es schaffen können, sich nicht nur in die fremde Sprache, sondern auch in die fremde Mentalität einzufinden. Und was die Sprache, die sie lernen, dann mit ihrer Identität macht. Valentina ist der Beweis, dass der mentale Zugang zu der neuen Sprache das entscheidende ist. Für mich ist die Frage, ob wir die Möglichkeit haben, den Menschen das Finden einer inneren Heimat zur Seite zu stellen?"

Pygmalion. Musical-Freunden als "My Fair Lady" bekannt. Die Story in der Fassung von Shaw (das Original: Antik von Ovid): Phonetik-Professor Henry Higgins wettet, dass er einem Unterschicht-Mädchen das Sprechen so beibringen kann, dass sie für eine Lady gehalten wird. Sie verlässt ihn dann, weil er sie schlecht behandelt. Sprache, innere und äußere Heimat. Ein Thema, das Andreas Schnell umtreibt. Er lächelt: "Doro, Sven, Ferdinand und ich – wir haben früher im Zimmertheater Rottweil gespielt. Hier in Dettingen finden wir wieder zusammen."

Andreas Schnell – nach dem Jedermann spielt er jetzt den Higgins. Der Schauspieler: "So langsam bin ich festgelegt auf die fiesen Rollen. Higgins ist schon ein Ekelpaket und richtig fies zu Eliza. Er ist eigentlich ein Muttersöhnchen, durch seine Sprache allerdings gibt er sich arrogant und selbstsicher."

Das Spiel in der Probe. Wir bekommen die vierte Szene zu sehen. Jakubowski nutzt in ihrer Inszenierung die Schlossscheuer. Higgins und Pickering sitzen auf grünen Gartenstühlen. Pickering haut die linke Lehne des Gartenstuhls in die Verankerung, Higgings wirft seine Schlappen nach Eliza, die am Baum stehend Schutz sucht. Später dann auf den Steinen schlurfend die elegante Dame nachtanzt. Intensives Schauspiel.

Und das ganze Ensemble hat sich mit dem Thema "Sprache, Identität und Heimat" beschäftigt, wie die Diskussion in der Probenpause beweist. Ferdinand Rother: "In Rottweil sehe ich immer das Plakat: Wir brauchen keine Mundwerker, wir brauchen Handwerker. Das heißt für mich, dass die Menschen zu schaffen haben – und nicht zu reden." Magdalena Rau hält dem entgegen: "Ich verstehe das anders. Das man Menschen sucht, die zupacken und nicht alles zerreden."

Wie dem auch sei – Sprache, Identität und Menschenbild. Darum geht es auch im Workshop "Wortzauber", den Andreas Schnell im Rahmen der Pygmalion-Aufführung in Horb Anfang Juli macht. Der Schauspieler: "Gemeinsam mit einem Personal-Coach, mit dem Hermann Hesse Kolleg und vielleicht auch in Zusammenarbeit mit der Universität Stuttgart wollen wir uns mit dem Thema beschäftigen: Was tut Sprache mit meiner Individualität?" Im Rahmen des dreitägigen Workshops kann man seine Fertigkeiten im szenischen Lesen, Poetry Slam und dem Bühnenfechten vertiefen, so Schnell.

Gut für die Horber: Sie bekommen beim 2. Horber Sommertheater auf dem Marktplatz am Freitag, 8. Juli, die Aufführung von Pygmalion geboten. Und einen Tag später die Performance aus dem Workshop von Andreas Schnell.

Damit schafft es die Truppe aus Dettingen, den Marktplatz in Horb an gleich zwei Abenden zum Nachdenk-Ort zu machen.

  Dettingen

Freitag, 24. Juni, ab 19 Uhr auf dem Dettinger Schlossplatz: Premiere von "Pygmalion".

Sonntag, 26. Juni, ab 19 Uhr auf dem Dettinger Schlossplatz: zweite Aufführung von "Pygmalion".

  Horb

Freitag, 8. Juli, ab 19 Uhr auf dem Horber Marktplatz: zweites Horber Sommertheater mit " Pygmalion", Freilichtaufführung.

Samstag, 9. Juli, ab 19 Uhr auf dem Marktplatz in Horb: "Wortzauber", literarische Performance.

Sonntag, 10. Juli, ab 17 Uhr auf dem Horber Markplatz: Aufführung von "Pygmalion".

Samstag, 3. September, ab 15 Uhr im Burggarten: Aufführung von "Die Bremer Stadtmusikanten".

  Dettensee:

Samstag, 13. August, ab 19 Uhr auf dem Schlosshof in Dettensee: Aufführung von "Jedermann".

  Glatt

Sonntag, 14. August, ab 20 Uhr auf dem Schlosshof des Wasserschlosses in Glatt: Aufführung des Stückes "Jedermann."

Sonntag, 21. August, ab 16 Uhr auf dem Schlosshof des Wasserschlosses: Aufführung " Rumpelstilzchen" Veranstalter: "das chamaeleon" und Pina Bucci Teatro.