Wegen sexuellen Missbrauchs an seinen Enkeltöchtern musste sich ein 62-jähriger Mann vor dem Schöffengericht Horb verantworten. Foto: dpa

62-Jähriger vor dem Schöffengericht Horb. Pflichtverteidiger spricht von "einfach strukturiertem Mann".

Horb - Ein 62-jähriger Familienvater aus einer Kreisgemeinde hat sich am Dienstag vor dem Schöffengericht in Horb wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Schutzbefohlenen rechtfertigen müssen. Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, seine beiden Enkeltöchter während der Sommerferien 2013 im Zeitraum von Juli bis Oktober in sieben rechtlich selbstständigen Fällen sexuell missbraucht zu haben.

Der geständige Arbeiter hatte zwar bei der polizeilichen Vernehmung, die als Videoverhör dokumentiert wurde, die Taten weitgehend zugegeben, bestritt in der Verhandlung jedoch einen Teil der Vorwürfe.

Wie der leitende Oberstaatsanwalt Joachim Dittrich in seiner Anklageschrift weiter ausführte, mussten sich die beiden Mädchen im Grundschulalter, jeweils getrennt, auf Anweisung ihres Großvaters im Bereich des Unterleibs ausziehen. Dittrich ging in seiner Anklage von einem Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs aus, bei dem der Gesetzgeber zwingend eine Freiheitsstrafe im hohen Bereich vorsieht.

"Von weiblicher Anatomie keine Ahnung"

Vom Richter zu den Taten befragt, antwortete der Angeklagte recht wortkarg, dass sich die Sache irgendwie "spielend" ergeben habe. Der Pflichtverteidiger unterstrich, dass der recht einfach strukturierte Angeklagte zu Einzelheiten der Tat lediglich auf diesbezügliche Fragen des vernehmenden Polizeibeamten Horst Boub, der als Zeuge auftrat, geantwortet habe. "Dieser Mann hat von der weiblichen Anatomie keine Ahnung", erklärte Anwalt Claus Unger.

Zu den familiären Verhältnissen befragt, sagte der Angeklagte, dass er vor den Trümmern seines Lebens stehe. Seine Frau sei Ende Dezember ausgezogen. Wo sie sich aufhalte, wisse er nicht. Seine beiden älteren Söhne hätten sich von ihm losgesagt, und sein ältester Sohn, der Vater der beiden Mädchen, der zusammen mit seiner Frau im Gerichtssaal saß, habe ihn zusammengeschlagen und angezeigt. Lediglich sein jüngster Sohn halte losen Kontakt zu ihm. Außerdem drückt ein Minus auf dem Konto, schilderte der sichtlich verzweifelte Täter sein derzeitiges Leben.

Als er so etwas wie Selbstmitleid aufkommen ließ, fuhr ihm Richter Achim Ruetz gehörig in die Parade. "Das ist ihre Sicht" sagte der Vorsitzende, der riet: "Denken sie auch einmal an ihre Enkeltöchter." Eine Forderung, die dann doch etwas über den Horizont des aus Russland stammenden Mannes hinausging. "Für die ist es doch nicht schlimm", lautete seine Einschätzung, die später von der Staatsanwaltschaft als "abwegiger Unsinn" klassifiziert und von der Mutter der Mädchen mit einem schmerzhaften Stöhnen quittiert wurde.

Es sei sehr schwierig, aus dem bisher nicht vorbestraften Angeklagten schlau zu werden, da man ihm jedes Wort aus der Nase ziehen müsse, betonte der erfahrene Anklagevertreter. Trotz der komplexen Taten sah er aufgrund der desaströsen Familienstruktur sowie des sofortigen Geständnisses noch die Möglichkeit einer Strafzumessung auf Bewährung. Er ging in seinem Plädoyer an die obere Grenze dieses Bereichs und forderte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten. Der Pflichtverteidiger hob hervor, dass sein Mandant den beiden Mädchen die Vernehmung durch die Polizei und das Gericht erspart und so dazu beigetragen habe, deren Trauma nicht weiter zu verschlimmern.

Richter Ruetz und seine beiden Schöffen Ingrid Haas und Horst Niessner folgten in ihrem Urteil der Staatsanwaltschaft. Der Täter wurde zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt. Die Bewährungszeit dauert vier Jahre. Der Mann trägt die Gerichtskosten und muss zudem 2000 Euro in Raten an den Kinderschutzbund zahlen.