Einbrüche in Autohäuser: 25-Jähriger zu sechs Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt / Rätselraten um verschwundene 100 Euro

Von Peter Morlok

Horb. Gestern Vormittag setzte Richter Achim Ruetz den Prozess gegen einen heute 25-jährigen jungen Mann aus dem Kreis Tuttlingen mit der Vernehmung zweier weiterer Zeugen fort. Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, an zwei schweren Einbrüchen teilgenommen zu haben (wir berichteten). Er soll sie gemeinsam mit zwei anderen Männern begangen haben, die für diese Taten bereits in Strafhaft sitzen.

Obwohl der Angeklagte bereits am ersten Prozesstag im Wesentlichen alles zugab, was ihm zur Last gelegt wurde – alle Prozessbeteiligten sprachen hinterher von einem Geständnis erster Güte, dabei seine Tatbeteiligung jedoch nur auf "Schmiere stehen" reduziert sehen wollte – sucht Staatsanwältin Lydia Ferarro die ganze Wahrheit. Dabei war für sie der Verbleib von 100 Euro, die in einem Horber Autohaus fehlen, von besonderer Bedeutung. Denn ob es sich bei dem gemeinschaftlich begangenen Einbruch nun "nur" um einen versuchten oder tatsächlich, wie angeklagt, um einen vollendeten Einbruch handelt, ist für das Strafmaß wichtig.

Da von den beiden Mittätern keinerlei Kooperation erfolgte und beide bei der Frage, ob man von dem Geldbetrag etwas wüsste, nur mit den Schultern zuckten und sich gaben, als hätten sie von dem Geld noch nie was gehört, und weil der Angeklagte behauptete, sich nur vor dem Haus aufgehalten zu haben, sollte die Befragung der Sachbearbeiterin des Horber Autohauses Licht ins Dunkel bringen. Was sie jedoch zu berichten wusste, war sozusagen auch nur aus "zweiter Hand". Ob das Trinkgeldkässchen, das geplündert wurde, tatsächlich beim Einbruch geleert wurde, konnte von ihr nicht zweifelsfrei bestätigt werden. Auch der in dieser Sache hinzugezogene Polizeibeamte vom Revier Horb konnte nur davon berichten, was ihm damals gesagt wurde. Was er wusste, war, dass der Trinkgeld-Beutel vor dem aufgebrochenen Schrank, in dem sich die Tasche befand, auf dem Boden lag. "Etwas Münzgeld, weniger als zehn Euro lagen noch darin – von den 100 Euro, die sich in Scheinen darin befunden haben sollen, keine Spur."

Auf Nachfrage des Pflichtverteidiger räumte die Sachbearbeiterin auch ein, dass sie das Geld am Freitagabend, als man den Schrank abschloss, nicht gesehen hat und dass es theoretisch möglich wäre, dass jemand anders das Geld aus dem Schrank, der tagsüber offen stand, entwendete.

Was blieb, das waren berechtigte Restzweifel, ob der Beschuldigte an einem vollendeten Einbruch teilgenommen hat oder nur bei zwei versuchten Diebstählen in Tateinheit mit schwerer Sachbeschädigung Schmiere stand. In Horb entstand immerhin mehr als 15 000 Euro Sachschaden, als der Haupttäter Ivan R. durch die Seitentür in den Werkstatttrakt und von dort in mehrere verschlossene Büroräume eindrang.

Die Staatsanwältin sah zugunsten des Angeklagten auch eine Einmaligkeit bei der Beteiligung bei den Einbrüchen, die von Ivan R. geplant waren, zu dessen Gunsten. "Der Beschuldigte hatte zu keiner Zeit die Tatherrschaft – er unterlag mehr den gruppendynamischen Effekten, die bei den beiden Einbrüchen entstanden", so ihre Einschätzung. Sein volles Geständnis, ohne das, so sein Verteidiger, ein Freispruch mit größter Wahrscheinlichkeit drin gewesen wäre, da sich die beiden Mittäter dem Gericht gegenüber in keiner Weise gesprächig zeigten, sowie das bisher tadellose Vorstrafenregister des Angeklagten verhalfen dem jungen Mann, der derzeit eine Lehre als Versicherungskaufmann macht und an in geordneten Verhältnissen lebt, zu einer relativ geringen Freiheitsstrafe. Sechs Monate mit dreijähriger Bewährungszeit, eine Geldbuße von 600 Euro sowie die Übernahme der Gerichtskosten werden ihn zukünftig an das Abenteuer der nächtlichen Geldbeschaffung erinnern, bei der es nichts zu holen gab.