Zwei, die sich besonders gut kennen: Jürgen Sesterheim und seine Schwester Evelyne Schwarz, die ausstellende Künstlerin. Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

Künstlerin Evelyn Schwarz zeigt ab Freitag ihre Ausstellung "Wellenlinie – Wellenlänge" im Klosterforum

Von Peter Morlok

Horb. Wie wirkt’s? Diese spannende Frage stellt sich die Künstlerin Evelyn Schwarz gerne selbst. So auch als sie jüngst zusammen mit der Ausstellungsmacherin vom Projekt Zukunft, Muriel Shah, und ihrem Bruder Hans-Jürgen Sesterheim die Bilder zu ihre Ausstellung "Wellenlinie – Wellenlänge" hängte.

Es ist aber nicht nur die Symbiose von Raum und Kunst, die mehr als interessante Einblicke brachte, sondern das Gespräch mit der Künstlerin selbst wurde zu einer angeregten Reise durch deren Leben. Völlig unaufgeregt erzählte sie beispielsweise von einem Schicksalsschlag, der ihre Existenz und ihren Malstil komplett änderte. Während sie in den Anfängen, den 1980er-Jahren, ihres künstlerischen Schaffens leichte, ganz filigrane Aquarelle auf die Leinwand hauchte – sie wurde in dieser Zeit auch "die kleine Cézanne" genannt – so malte sie sich nach dem Tod ihres ersten Mannes den Frust von der Seele. Das "andere Malen", die impulsive Ausdrucksform, war ab diesem Schicksalsschlag ihre Möglichkeit, sich in ihrer eigenen Bildersprache auszudrücken.

Geht man mit ihr durch ihre Werkschau, die ab Freitag, 9. Oktober, offiziell im Klosterforum zu sehen ist, so öffnen sich Wege und Ziele, werden Beziehungen klar und verschwinden wieder irgendwie im Nirgendwo. Der Ausstellungstitel "Wellenlinie – Wellenlänge" kommt nicht von ungefähr. So sind beispielsweise ihre neuesten Arbeiten, die alle den Titel "Spiel mit der Linie" tragen, von der Technik her gleich aufgebaut und doch so unterschiedlich wie die Lebenslinien der Menschen.

Basis- und Trägermaterial ist bei dieser Sechserserie, die im letzten halben Jahr entstand, immer grundierte Graupappe. Darauf kommt Schicht für Schicht alles, was an Schnipseln, Resten, Kruscht und Material, das eigentlich längst weggeworfen gehört, zu finden ist.

Spuren einer zurückliegenden Zeit erwachen bei dem experimentellen Formgefühl von Evelyn Schwarz so zu einer ganz eigenen, ganz neuen Geschichte. Der Betrachter muss sich jedoch etwas Zeit nehmen und auch seiner Fantasie freien Lauf lassen, um die Story im Bild zu finden und so die Wellenlinien auf seine eigene Wellenlänge zu bringen.

"Ich schweiße für mein Leben gern Skulpturen aus Schrott zusammen"

Hat man diesen Schlüssel, diesen künstlerischen Code gefunden, dann ist es ganz leicht, den unterschiedlichen Gefühlslagen, den verschiedenen Orten, den Lichtstimmungen und den Zeiträumen, in denen die insgesamt 20 Arbeiten im Laufe der letzten fünf Jahre entstanden sind, zu folgen.

Evelyn Schwarz ist jedoch keine Profikünstlerin. Sie arbeitet in ihrem großen Atelier, dem Garten und dem Haus in Ilsfeld, in dem sie zusammen mit ihrem Mann Jürgen Mast, einem Steuerberater, auch Workshops gibt und in dem Flächen als Galerie zur Verfügung stehen, künstlerisch eigentlich nur, um sich vom Stress des Berufsalltags abzulenken. Sie ist Vertriebs-Ingenieurin in einem großen Unternehmen der Elektrotechnik und dadurch viel auf Reisen.

Ihre Zeit zu Hause nutzt sie, um aufzutanken, die Seele im Atelier baumeln zu lassen und den Kopf wieder freizubekommen. Im Laufe ihrer Ausbildung hat sie auch Schweißen gelernt und dieses handwerkliche Können nutzt sie für ihre zweite Passion. "Ich schweiße für mein Leben gern Skulpturen aus altem Schrott zusammen", erzählt sie mit leuchtenden Augen. Für sie ist dies der künstlerische Freiraum, den sie durch die räumliche und dimensionale Begrenzung der Bilder nicht hat. Sie erinnerte sich, als sie und ihre Mitstreiter mit dem Auto auf den nächsten Schrottplatz gefahren sind und die Karre mit verrostetem Eisenschrott – dem besten Grundmaterial – so vollstopften, dass sie selbst kaum noch Platz im Fahrzeug fanden.

Während des Gespräches ließ sich Evelyn Schwarz breit schlagen, eines dieser stabilen Kunstwerke zur Vernissage am kommenden Freitag mitzubringen.

Wie wird’s wirken – auch dies bleibt eine spannende Frage, auf deren Antwort man noch ein paar Tage warten muss und die vor allem nur diejenigen beantwortet bekommen, die bei der Vernissage vorbeischauen.

Muriel Shah wird wie gewohnt in die Ausstellung einführen und für die musikalische Umrahmung sorgen, na klar, das Trio "Music and Song Café". Hans-Jürgen Sesterheim – Saxofon – der vor fast genau zwei Jahren ebenfalls im Klosterforum seine eindrucksvollen Arbeiten präsentierte, kann ja seine jüngere Schwester nicht allein im kunstverwöhnten Horb lassen. Begleitet wird er von seinen Musikerkollegen Christof Schülke (Gesang und Gitarre) und Percussionist Peter Nikol.

Die Ausstellung ist bis 29. Oktober und vom 24. November bis 4. Januar 2016 während der Öffnungszeiten der Kulturgaststätte und der Bürozeiten des Projekts Zukunft geöffnet. Vernissage ist am 9. Oktober um 19 Uhr.