Peter Sitzler aus Eutingen ist Hauptmann im Lager des Bundes Oberschwäbischer Landsknechte. Er und seine Mannen wollen am Wochenende im Marktgeschehen präsent sein und im Lager spontane Vorführungen mit ihren mittelalterlichen Waffen – hier eine Cleve – zeigen. Foto: Hopp

Landsknecht erklärt Begeisterung für mittelalterliches Rollenspiel. Horber Ritter feiern privat.

Horb - Der Geruch von Feuer weht über das Lager am Neckar, die Frauen stecken sich die Blumenkränze zurecht, die Männer schlüpfen in ihre bunten Landsknechtskluften: Die Ritterspiele haben begonnen.

"Wenn hier mal alles steht, ich durchs Lager gehe, Freunde treffe, dann weiß ich, warum ich das alles mache", sagt Peter Sitzler aus Eutingen, Hauptmann im Bund Oberschwäbischer Landsknechte, am Freitag kurz vor Eröffnung der Ritterspiele. Er ist einer der Mittelalterfans, die Horb zur kollektiven Zeitreise um gut 500 Jahre in die Vergangenheit einladen. Sitzler (44) ist im bürgerlichen Leben Polizist, aber auf dem Lagerplatz spiele Beruf oder sozialer Status aus dem echten Leben keine Rolle. "Hier sind alle gleich", sagt er. Den größten Respekt erfährt, wer das schönste Gewand hat.

Freunde und Kollegen reagierten auf sein Hobby positiv, wenn sie mal im Lager zu Gast gewesen seien. Sitzlers Antrieb ist es, Geschichte lebendig zu machen. Für ihn persönlich ist die Zeit der Landsknechte rund um das Jahr 1500 besonders spannend, weil damals die frühbürgerliche Revolution stattfand, in der die Menschen sich von der Obrigkeit nicht mehr alles gefallen ließen, wie er erklärt. "Das war der Startschuss in die Demokratie", sagt er. "Da ging was vorwärts."

Sitzler geht in der Rolle des Hauptmanns auf

Auf der ehemaligen Turnierwiesen werden seine Landsknechte spontane Vorführungen machen. Auch auf dem Markt wollen sie mit ihren Rollenspielen präsent sein. "Der ein oder andere Landsknecht wird sich zu einem Bier auf den Markt verirren. Das gilt als unerlaubtes Entfernen vom Lager, da müssen wir natürlich einschreiten", sagt er, jetzt ganz in der Rolle des Hauptmanns.

Auch die Kämpferinnen von der Tübinger Gruppe Lebendige Schwertkunst übten schon am Freitagnachmittag ihre Kämpfe auf der Wiese. "Das ist nicht stumpfes Kämpfen wie in Hollywood, das ist Kunst. Man muss den Körper beherrschen, um die Waffe zu beherrschen", erklärt eine der Kämpferinnen, Melanie Klinder. "Das hat mit Präzision zu tun, nicht mit Kraft, deshalb ist es optimal für Frauen", ergänzt ihre Fechtpartnerin Katharina Biesenthal. Im Mittelalter hätten auch schon Frauen das Fechten gelernt, sagt ihr Lehrer Wolfgang Abart, sie hätten höchstselten in Armeen gekämpft, das Schwert aber zu Selbstverteidigungszwecken mit sich geführt.

Für Landsknechte galten keine Kleidervorschriften

Wer mit den Lagerleuten ins Gespräch kommt, erfährt interessantes über die Kleidung, die sie tragen. Die Schlitze in den Ärmeln der Landsknechthemden sorgten demnach dafür, dass auch zu kleine Kleider, etwa aus Raubzügen, passten und die Bewegungsfreiheit beim Kämpfen gegeben war. Die Kleider der Landsknechte waren laut Erklärung von Sitzler so bunt, weil die Kleidungsvorschriften nicht für die Landsknechte galt. Drum provozierten sie auch gerne mit kunterbunten Gewändern und sogenannten Prahlbeuteln oder Schamkapseln – vor dem Gemächt getragene, manchmal üppig ausgestopfte, Beutel.

Auf dem mittelalterlichen Markt auf dem Flößerwasen sind die Stände dicht an dicht gestellt, in der Neckarstraße wird es deutlich luftiger. Neu ist ein marokkanisches Teezelt auf dem freien Platz neben der Polizei. Wer hier die Füße in den Sand gräbt, wähnt sich in Marrakesch.

Weitere zentrale Neuerung: Der Turnierplatz befindet sich auf dem Marktplatz, wo die historische Kulisse Horbs wunderbar ins Bild passt. Auf der freigewordenen Turnierwiese stehen Zelte – das Lagerleben ist damit wieder deutlich näher an die Stadt herangerückt – die Wege für Besucher, die im mittelalterlichen Lager bummeln wollen, sind kürzer geworden.

Außer man will in den hinteren Teil des Lagers gelangen – dort sollten die Horber Ritter ihr Lager aufbauen. Das hat ihnen gar nicht gepasst. Drum haben sie sich wieder abgemeldet und feiern nun privat im Hof von Rainer Meyer in der Neckarstraße, er erwartete für Freitagabend 30 bis 40 Personen. Eine Spitze gegen den Veranstalter MPS? Womöglich.

Doch es gibt auch Verbindungen. Marius Friedrichson aus dem Vorstand des in Auflösung befindlichen Rittervereins hilft zum Beispiel weiter mit, nun im Auftrag der Veranstaltungsagentur MPS, die die Spiele dieses Jahr erstmals alleine ausrichtet. Alles sei jetzt businessmäßiger, sagt Friedrichson. Aber MPS sei froh, dass er sein Wissen noch mit einbringe. "Ich helfe gerne, mir liegt was an den Spielen." Der Ritterverein befindet sich indes in der Abwicklung, die gegen Ende des Jahres abgeschlossen sein soll.