Monika Laufenberg aus Börstingen war bei der Vortragsveranstaltung des Kultur- und Museumsvereins in die Rolle der Flößer-Liesl geschlüpft und war dabei logistisch vom stellvertretenden Vorsitzenden Heinrich Raible unterstützt worden, der einen Flößerhaken, einen Balken mit Flößerauge sowie Wieden aus dem Wasserradmuseum mitgebracht hatte. Foto: Kultur- und Museumsverein Foto: Schwarzwälder-Bote

Heimatgeschichte: Monika Laufenberg berichtete als Flößer-Liesl im Gasthaus Schiff über die Geschichte der Neckarflößerei

Mit einem Vortrag der besonderen Art zog Monika Laufenberg vom Förderverein Heimat und Kultur in Börstingen die Zuhörer in ihren Bann. Sie sprach im "Schiff" über die Flößerei und schlüpfte sogar in das Gewand einer Flößer-Liesl.

Horb. Die erste Vortragsveranstaltung des Kultur- und Museumsvereins im Jahr 2017 erwies sich am Freitagabend als voller Erfolg. Die beiden Vorsitzenden Joachim Lipp und Heinrich Raible, die die Referentin thematisch und logistisch unterstützt hatten, freuten sich über einen bis auf den letzten Platz gefüllten Nebenraum im Gasthaus Schiff.

Eiserner Steg sollte ihn zum reichsten Wirt von Horb machen

Laufenberg erschien als Flößer-Liesl im Gewand einer Dienstmagd des 19. Jahrhunderts, die es durch den Holzhandel von Köln in den Haushalt eines Floßherren nach Sulz verschlagen hatte. Dort hatte sich die Liesl in den Sperrflößer Jockel verguckt, mit dem sie auf einem Floß als sogenannte Oblast nach Köln reisen wollte, um den Liebsten dort dem Vater vorzustellen. Personen konnten meist auf einem letzten Gestöre eines Floßes Platz nehmen, wo sie den Floßknechten nicht im Weg waren.

Flößer standen immer im Ruf, über besonderen Mut und ungewöhnliche Körperkräfte zu verfügen. Sie waren ein raues, wanderndes Leben gewöhnt. Ihre Freude war, auf ihrem Floß die Flüsse hinabzufahren, ihr Leid, am Ufer wieder herauf zu wandern. Die Flößer-Liesl präsentierte im Schiff neben einem Flößerhaken auch ein Paar Flößerstiefel, die weit über das Knie hinaufgezogen werden konnten. Damit wandelten die Flößer an den Einbindeplätzen, wo die Flöße zusammengefügt wurden, in drei Schuh tiefem Wasser umher, ohne sich die Füße nass zu machen. Ebenso hatte die Flößer-Liesl beim Vortrag Wieden dabei, mit denen die Stämme zusammengebunden wurden, und demonstrierte, wie diese Seile aus Holz gedreht wurden.

Und weil das Nasse ihr Element war, besaßen die Flößer, die man auf dem Neckar meist miteinander schreien und fluchen hörte, vor allem stets großen Durst. Einem rechtschaffenen Flößer langten ein halbes Dutzend Bratwürste gerade zum Voressen und zwei Schoppen Wein zum Hinunterschwenken. Ein altes Sprichwort lautete: "Das möcht’ ich euch sagen, erst vier Liter füllen den Flößermagen." Und so verwundert es nicht, dass der Horber Bärenwirt 1862 eigens vom Flößerwasen einen eisernen Steg bauen ließ, der, wie in der Präsentation der Referentin zu sehen war, einst direkt über den Mühlkanal in seine Gaststube führte. Dieser Steg sollte ihn zum reichsten Wirt von Horb machen.

Die Flößer waren nur die Knechte, sozusagen die Fuhrleute auf den Wasserstraßen

Die Flößer wurden nach der Länge der Strecke entlohnt, und es wurde dabei nicht berücksichtigt, wie lange die Fahrt tatsächlich gedauert hatte. Da die Flößerei eine Saisonarbeit war, lautete ein anderes Sprichwort: "Heirate keinen Flößer, da hast du deine liebe Not, im Sommer keinen Mann und im Winter kein Brot." Die Flößer waren nur die Knechte, sozusagen die Fuhrleute auf den Wasserstraßen. Das große Geld verdienten nicht sie, sondern die Floßherren und Holzhändler. Die kamen in den Schwarzwald mit sehr genauen Bestellungen, und man kaufte das Holz auf dem Boden liegend. Eine Eiche wurde gefällt und dann prüften die Holzhändler, was sie gebrauchen konnten. Nur das wurde abtransportiert. Da Eichenholz selber nur sehr begrenzt schwimmfähig ist, band man die Eichenstämme zwischen zwei Tannenstämmen im Floß ein, um dem Floß keinen allzu großen Tiefgang zu geben.

Die Zeit bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wird als "das hölzerne Zeitalter" bezeichnet, denn Holz wurde in allen Lebensbereichen für vielfältigste Zwecke eingesetzt. Der wichtigste Handelspartner in Sachen Holz war Holland. Die See- und Kolonialmacht benötigte durch ihren gewaltigen Aufstieg im 17. Jahrhundert viel Holz für den Schiffsbau, für Hafenbefestigungen, Deiche, Kanäle und Windmühlen. Flößeraugen an vielen Fachwerkbauten des mittleren Neckarraums belegen, dass auch hier das Bauholz dazu auf dem Neckar geflößt wurde. Der Neckarflößerei hat die Stadt Tübingen sogar ihre Universität zu verdanken.

Für die Flößer-Liesl und ihren Jockel endete die Neckarfloßfahrt aber nicht in Esslingen, sondern ihr Floß wurde in Mannheim zu einem größeren Rheinfloß zusammengebunden. Solch ein sogenanntes Holländer-Floß bestanden aus fünf Lagen Holz und hatte bis zu 2,40 Meter Tiefgang. Auf den bis zu 400 Meter langen und 80 Meter breiten Rheinflößen wimmelte es von Menschen, die dort wie in kleinen Dörfern lebten, die aus mehreren Hütten bestanden. Auf solch einem Großfloß, das auch viele Auswanderer als preiswertes Beförderungsmittel nach Rotterdam nutzten, endete nach mehr als einer guten Stunde die Fahrt der fiktiven Flößer-Liesl, die für ihre Ausführungen viel Beifall erhielt.