Parken ist nicht billig in Horb – trotz der kostenlosen Stunde für Kunden. Foto: Hopp

Handel und Stadt bewerten neues Konzept als gut. Hohe Gebühren sind Kehrseite. Mit Kommentar

Horb - Vor einem Jahr ging in Horb das neue Parkkonzept an den Start. Die Gebühren sind um ein Vielfaches gestiegen, dafür können die Kunden der Einzelhändler nun eine Stunde lang kostenlos parken. Wie fällt die Zwischenbilanz aus? Auffallend positiv.

Immer wieder kann man sie entdecken – auch nach mehr als einem Jahr nach Einführung des neuen Parkkonzeptes: ratlose Blicke vor den Horber Parkscheinautomaten. Was ist eine Brötchentaste? Und wie bekommt man die Gebühren für die kostenlose Stunde erstattet? "Ich habe vor meinem Laden auch einen Parkscheinautomaten stehen", sagt der kommissarische City-Manager Thomas Kreidler, "und bestimmt schon einer dreistelligen Anzahl an Leuten erklären müssen, wie das funktioniert."

Fakt ist: Von der Horber Stadtverwaltung wird das neue Parkkonzept, das Ostern 2015 an den Start ging, als durchweg positiv bewertet. Stadt-Sprecher Christian Volk bilanziert auf Nachfrage des Schwarzwälder Boten: "Die Parkmöglichkeiten in Horb werden nach Rückmeldungen als positiv wahrgenommen. Speziell das Angebot, die ersten 30 Minuten kostenfrei zu parken, sowie die Rückvergütungsoption über den Einzelhandel."

Freude beim Handel

Auch die Händler-Vereinigung "Horb Aktiv" lobt das neue Konzept, vor allem die Gratis-Stunde. Die Kosten hierfür teilen sich Stadt und Händler. Die erste halbe Stunde übernimmt die Stadt, die 50 Cent für die zweite halbe Stunde werden dem Kunden in den teilnehmenden Geschäften rückvergütet.

"Wir können jetzt mit der Aussage in den Markt gehen: Eine Stunde lang parken ist in Horb kostenlos", freut sich "Horb Aktiv"-Chef Bernd Gall. Er meint: "Grundsätzlich glaube ich, dass das Thema Parken schon ein wichtiges ist. Wir werden mit anderen Städten verglichen. Aber ich denke, dass wir mit der Konstellation, die wir gefunden haben, nicht aus dem Raster fallen. Es hieß: Wegen dem neuen Parkkonzept kommt der Kunde nicht mehr nach Horb. Das ist nicht passiert." Allerdings räumt Gall auch ein, dass die Möglichkeit, als Kunde eine Stunde lang kostenlos zu parken, bekannter gemacht werden müsse: "Wir müssen in Zukunft darauf achten, dass das mehr publik gemacht wird."

Der City-Manager sieht es ähnlich. Auch Kreidler betrachtet das neue Konzept als grundsätzlich positiv: "Es gibt kein Konzept, das perfekt ist. Aber dieses halte ich für einen deutlichen Fortschritt." Jedoch wünscht sich der Inhaber des gleichnamigen Foto-Geschäftes eine "bessere Kommunikation" die Gratis-Stunde betreffend: "Wir müssen an den Parkscheinautomaten besser darauf hinweisen. Auffälliger, witzig, kreativ. Vielleicht müssen wir den ›Knolli‹ wiederbeleben." Eben dieses Maskottchen befand sich in Horb früher auf den Verwarnungen, die etwa vor Weihnachten anstelle von Strafzetteln an Autos ohne gültigen Parkschein geheftet wurden.

Die Brötchentaste

"Knolli" gibt es inzwischen nicht mehr, dafür nun aber die Brötchentaste, mit der an den Parkscheinautomaten ein kostenloses Ticket für 30 Minuten gelöst werden kann. Ursprünglich rechnete die Stadtverwaltung mit einem Minus von 45.000 Euro, das die Brötchentaste hinterlassen wird.

Nach nun einem Jahr kann Stadt-Sprecher Volk sagen: "Die Auswertung beim Parkhaus Innenstadt ergab einen Verlust von rund 25.000 Euro, der somit unter der geschätzten Summe liegt." Wie oft die Brötchentaste in Horb gedrückt wird, könne Volk allerdings nicht sagen: "Hierzu liegen leider keine verwertbaren Daten vor."

Die Kehrseite

Während der Handel über die Gratis-Stunde jubelt und auch die Zwischenbilanz der Stadtverwaltung positiv ausfällt, hat das neue Parkkonzept aber auch eine Kehrseite: Insgesamt sind die Parkgebühren in Horb deutlich gestiegen. Zudem werden Langzeitparkern Steine in den Weg gelegt.

Beispiel Flößerwasen: Vor Einführung des neuen Konzeptes kostete das Tagesticket 1,50 Euro, mit dem man dort bis zum nächsten Morgen parken konnte. Inzwischen liegt die Höchstparkdauer bei drei Stunden – und die kosten stolze 2,50 Euro. Besonders für Arbeitnehmer, die in der Innenstadt arbeiten, ein großes Ärgernis.

Ausweichen könnten sie auf die Parkplätze am Campus Horb der DHBW. Die sind kostenlos, zeitlich nicht begrenzt – aber auch etwas ab vom Schuss gelegen und vor allem meist belegt. Stadt-Sprecher Volk allerdings entgegnet: "Richtig ist, dass der Parkplatz bei der DHBW stark frequentiert wird. Das ist auch so gewollt und entlastet Kurzzeitparkplätze für Kunden in zentraleren Lagen. Dies war auch das Ziel des Parkraumkonzepts, das zusammen mit Bürger sowie Vertretern des Einzelhandels erarbeitet wurde. Nach allgemeiner Beobachtung sind aber nie alle Plätze belegt. Es stehen insbesondere noch ausreichend kostenfreie Parkplätze in den Parktaschen Richtung Hallenbad zur Verfügung."

Zudem betont Volk: "Insgesamt sind keine negativen Auswirkungen des Parkraumkonzeptes bekannt. Im Gegenteil, nach allgemeiner Beobachtung ist es gelungen, zentral gelegene Parkplätze für kurzzeitig parkende Kunden und Besucher frei zu bekommen und vor der Stadt liegende kostenlose Parkplätze stärker auszunutzen. Zudem gibt es in den zentral gelegenen Parkhäusern keine Höchstparkdauer."

Ein offenes Geheimnis ist hingegen, dass mitunter auf das Kaufland-Parkhaus ausgewichen wird. Die Parkplätze dort sind kostenlos und zentral gelegen, stehen allerdings offiziell nur Kunden zur Verfügung.

Jedoch: Sanktionen hat man dort in der Regel nicht zu befürchten. Eine Stellungnahme zu dem Thema will die Kaufland-Geschäftsführung nicht abgeben. Stadt-Sprecher Volk sagt jedoch: Bislang habe sich der Supermarkt in dieser Angelegenheit noch nicht bei der Stadtverwaltung beschwert.

2 Stunden kostenlos?

Der kommissarische City-Manager Thomas Kreidler verdeutlicht derweil: Das neue Parkkonzept sei ein Schritt in die richtige Richtung, könne aber noch nicht das Ende der Fahnenstange sein. "Das endgültige Ziel muss irgendwann sein: Parken komplett kostenlos", unterstreicht der City-Manager. Peu à peu müsse es in diese Richtung gehen. Kreidler: "Der nächste Schritt könnte zum Beispiel sein, dass zwei Stunden kostenlos sind."

Kommentar: Schöner Schein

Von Tim Geideck

Wenn man hört, wie positiv die Stadtverwaltung und viele Händler über das neue Horber Parkkonzept sprechen, dann fühlt man sich ein wenig wie im falschen Film. Friede, Freude, Parkplatzkuchen? Von wegen! Freilich: Die Aussage, als Kunde nun eine Stunde lang kostenlos in Horb parken zu können, klingt auf dem Papier schon ganz gut. Doch in der Realität sind damit viel zu viele Irritationen verbunden. Die ratlosen Blicke vor den Horber Parkscheinautomaten sprechen Bände. Viel zu umständlich ist auch die Rückvergütung gegen Vorlage des Parkscheins in den teilnehmenden Geschäften. Und dann ist da noch die bittere Pille der deutlich höheren Parkgebühren, die all diejenigen schlucken müssen, die ihr Auto länger als eine Stunde lang in Horb stehen lassen. Denn unter dem Strich ist das neue Parkkonzept vor allem eines: ein tieferer Griff in des Bürgers Tasche.