Hoffnung auf LKW-Durchfahrtverbot in Nordstetten / RP lobt "sachliche und kritische Fragen"

Von Jürgen Lück

Horb. Das wäre ja auch was für den Horber Neujahrsempfang oder so manche Gemeinderats- und vor allem Kreistagssitzung: Das Regierungspräsidium ließ bei seiner Info-Veranstaltung für alle sichtbar eine Countdown-Uhr ticken, damit kein Redner die maximal 20 Minuten überschreitet…

Trotzdem gab es jede Menge harter Fakten und eine rege Diskussion. Aber leider wenig Zuhörer. Lediglich gut 150 Bürger füllten die Stühle in der Hohenberghalle zu gut einem Drittel. Einer sagte hinterher: "Es wundert mich schon: Die Hochbrücke entlastet Horb am meisten. Trotzdem habe ich kaum Bürger aus der Kernstadt gesehen, sondern nur aus den Ortsteilen."

Doch wenigstens gab es auf viele Fragen Antworten, die auch ein bisschen Hoffnung wecken. Beispielsweise für Nordstetten. Martin Raible (Rep-Gemeinderat) beklagte, dass durch die Verkehrsprognose täglich 800 Fahrzeuge mehr durch den Ort fahren als ohne Hochbrücke: "Es wäre sinnvoll, schwere Lkw auf der Bundesstraße 32 zu belassen und nicht durch den Ort zu führen." OB Peter Rosenberger antwortete: "Wir können uns das von Seiten der Kommune durchaus vorstellen, dass ein Durchfahrtverbot für Lkw durch Nordstetten verhängt wird. Wir wissen aber nicht, ob die anderen Straßenbaubehörden da mit mitgehen."

Fachbereichsleiter Wolfgang Kronenbitter: "Es gibt bereits seit Jahren Vorschläge und teilweise auch Beschlüsse, wonach statt einem Ausbau der Landesstraße von Empfingen nach Nordstetten mit einer Ortsumfahrung von Empfingen und Dettensee und einer Weiterführung über Taberwasen und die Hirschhofkreuzung ein direkter Anschluss an die B 32 erfolgen könnte. Damit würde Nordstetten entlastet."

Der Nordstetter Ulrich Ochs, Mitglied der ADFC-Kreisgruppe Freudenstadt, konnte mit den Antworten zum gewünschten Radweg nicht zufrieden sein. RP und das Rathaus lehnen weiterhin einen Fuß- und Radweg auf der Hochbrücke ab. Laut Axel Speer vom RP würde das 2,3 Millionen extra kosten. Laut einem Gutachten, welches vom Landesverkehrsministerium in Auftrag gegeben wurde, liege das Kosten-/Nutzenverhältnis unter 1. Speer: "Der Bund ist nicht abgeneigt, wird aber die Kosten nicht übernehmen." Horbs OB Peter Rosenberger: "Die Stadt hat nichts gegen eine Radweg auf der Brücke. Aber 2,5 Millionen Euro für einen Radweg, der ins Nichts führt? Wir raten dem Bund, das Geld lieber darin zu investieren, die anderen Radwege in Horb zu optimieren."

Ochs hatte auch kritisiert, dass der Fuß- beziehungsweise Radweg über Treppenstufen neben der Hochbrücke auf den Rauschbart-Parkplatz führt (wir berichteten). Und das leuchtete Patrick Esch von der Straßenbauplanung sofort ein: "Das stimmt. Das ist nicht optimal. Wir werden das überplanen." Wenigstens ein kleiner Sieg.

Aber nicht für Edith Barth. Die Ortsvorsteherin von Nordstetten hatte vehement für mehr Lärmschutz in Nordstetten plädiert. Der Grund: Das RP weigert sich unter anderem, für sechs Häuser an der Scheibenhalde eine 14 Meter hohe Lärmschutzwand für 1,3 Millionen Euro zu bauen. Das sei "unwirtschaftlich".

Und Barth kritisierte, dass die von der Lärmschutzinitiative geforderte Unterfahrung in Höhe von Nordstetten nicht zum Zuge kam. Das jetzt vorgestellte Brücken-Ohr kritisiert die Ortsvorsteherin: "Optisch sieht das unmöglich aus. Ein Drittel von Nordstetten bekommt so mehr Lärm. Und am Knotenpunkt Scheibenhalde wird es durch die Ampeln Anfahren, Bremsen, Anfahren, Bremsen geben. Da helfen Anwohnern im Garten nur noch Ohrstöpsel! Hier muss aktiver Lärmschutz geschaffen werden."

RP-Planer Esch: "Wir haben viele Varianten intensiv geprüft. Auch die Unterfahrung. Doch damit hätten wir ein hoch sensibles Wasserschutzgebiet gefährdet. Die Unterführung hätte dazu eine Steigung von zehn Prozent bekommen. Bei Glatteis haben Winterreifen dann keinen Grip mehr." Deshalb habe man diese Variante verworfen.

Barth griff noch mal an: "Nicht nur das Wasser ist schützenswert, sondern auch der Mensch. Durch die Hochbrücke haben wir jährlich 288 000 Fahrzeuge mehr durch den Ort fahren – wie sieht es da mit dem Lärmschutz für uns aus?"

Regierungspräsidentin Nicolette Kressl antwortete: "Wir schützen das Wasser als Lebensgrundlage für den Menschen. So wie wir abwägen, gibt es auch Dinge, die für die Gemeinschaft geschützt werden müssen. Ich verstehe Ihren Blickwinkel gut. Es gibt auch einen breiteren Blickwinkel." Die Zuschauer applaudierten.

Die Wasser-Aussage von Barth führte bei Insidern zu Unverständnis. Es heißt: "Da sind wir mal auf die Diskussionen im Zweckverband Wasserversorgung Nordstetten gespannt, wo die Ortsvorsteherin Mitglied ist."

Doch beim Lärm wurde noch weiter nachgebohrt. Ein Bürger wollte wissen, ob vor Nordstetten Flüsterasphalt eingebaut wird. Christina Berger vom RP, zuständig für Lärmschutz: "Der Flüsterasphalt hat den Nachteil, dass er nur acht Jahre eine Lärmschutzwirkung erfüllt. Dann müsste er wieder ersetzt werden. Wir haben uns deshalb für die dauerhaftere Lösung mit dem konventionellen Lärmschutz entschieden."

Ein Bürger fragte, ob vorgesehen ist, dass an den Widerlagern ein lärmschutzoptimierter Übergang geschaffen wird: "Sonst gibt es immer heftige Schläge, wenn ein Lkw drüber fährt." Esch von der Straßenplanung: "Diese Anregung nehmen wir auf. Eine lärmoptimierte Ausführung wird auf jeden Fall erfolgen."

Auch die Umleitungen während der Bauphase und die zukünftige Verkehrsführung wurden thematisiert. Ein Bürger wollte wissen, ob auch mögliche Umleitungen während des Baus Teil des Planfeststellungsbeschlusses werden. Antwort: Die würden freihändig festgelegt.

Zum weiteren Ausbau der B 28 Richtung Freudenstadt sagte RP-Referatsleiter Axel Speer: "Der Bund will die Achse. Es ist Zug um Zug geplant, die B 28 auszubauen. Die Umfahrung Hohenberg ist mit zwei Varianten angemeldet für den Bundesverkehrswegeplan."

Doch wie schlimm wird Lärm und Verkehr durch den Bau der Hochbrücke? OB Rosenberger: "All die jetzt vorgelegten Zahlen über Verkehrsbelastung und Lärm sind auf dem Worst-Case-Szenario ausgerichtet. Das heißt: Vollausbau der B 28 mit Hochbrücke. Ich glaube nicht, dass das bis zum Jahr 2025 umgesetzt ist. In den nächsten fünf bis zehn Jahren wird sich da noch einiges bewegen: Wir als Kommune werden den Lärmaktionsplan weiterführen." Damit meint er auch den von einem Bürger beklagten Lärmzuwachs durch den Schwerlastverkehr in Ihlingen.

Rosenberger stellte aber noch einmal klar: "Fakt ist: Durch die Hochbrücke bekommen wir den besten Lärmschutz. Wenn die Hochbrücke nicht kommt, steigt der Verkehr auch an – ohne dass wir mehr Lärmschutz bekommen."

Auch Dank der Countdown-Uhr endete die Info-Veranstaltung pünktlich um 21.40 Uhr. Regierungspräsidentin Nicolette Kressl lobte die Horber Zuhörer: "Ich habe mich sehr gefreut über die kritischen, aber auch sachlichen Fragen. Das ist nicht bei jeder Informationsveranstaltung so."

OB Peter Rosenberger: "Man hat am Applaus der Zuhörer gemerkt, dass sich die Mehrheit die Hochbrücke wünscht."