Der rheinische Akzent am Horber Eröffnungsball: Die "Novesia-Garde" der "Blauen Funken" aus Neuss begeisterte mit schwungvollem Gardetanz. Fotos: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

Fasnet: Närrische Freundschaften zahlen sich aus: Was Karnevalisten aus Neuss mit Horb verbindet

Wie kommt rheinischer Karneval an den Neckar? Eine Frage, die sich beim Eröffnungsball der Narrenzunft Horb Moderatorin Manu Müller-Ferl und manch ein Besucher stellte.

Horb. Die Frage tauchte schlagartig auf, als die "Novesia-Garde" der "Blauen Funken" aus Neuss mit großem Tamtam die Bühne der Hohenberghalle eroberte. Also: Wie kommt der rheinische Karneval nach Horb? "Mit dem Bus", hatte Oberbürgermeister "Heino" Rosenberger die logische Antwort parat. Aber woher kennen die Neusser, die von der Moderatorin locker als Düsseldorfer angekündigt wurden, überhaupt den "bedeutungslosen, rückständigen Ort in Baden-Württemberg, der sich vor allem durch seine kommunalpolitischen Blindgänger profiliert?"

Tänze der Extraklasse vom Solomariechen und der Tanzgarde

Ganz einfach. Ihr Vorsitzender, Andreas Stuhlmüller, den der Beruf nach Neuss verschlagen hat, stammt aus Horb. Und sein früherer Schulkamerad Peter Schäfer ist seit Kurzem Mitglied im H orber Narrenrat. Was lag also näher, als sich gegenseitig zu besuchen.

Die Horber waren – ebenfalls per Bus – nach Neuss gereist, und die "Blauen Funken" brachten nun das Beste, was ihre Stadt zu bieten hat, beim Gegenbesuch mit an den Neckar. Ihre "Novesia Garde", die zum einen die Leibgarde des Neusser Karnevalsprinzen ist und zum anderen die wunderbaren Tanz-Mariechen in ihren Reihen hat. Wenn’s auch leider keine Horber-Tanz-Hexen mehr gibt, so mussten die Ballbesucher auch in diesem Jahr nicht auf wirbelnde Beine, schöne Mädchen und tolle Choreografien verzichten. Die Horber Narren, die für eine gute Viertelstunde auf ihrer musikalischen Zeitreise zu Jecken wurden, konnten sich entspannt zurücklehnen und den schweißtreibenden Darbietungen der Gardemädels zuschauen. Wann der Tanz losging, war auch klar. "Tanzgarde opjepasst! Tanzgarde tanz!", kommandierte der Spieß der Garde, Walter Woelk. Die Tanzgarde als auch das Solomariechen zeigten dann Tänze der Extraklasse. Aber auch die Gardisten ließen sich nicht lumpen. Sie boten eine Persiflage auf verschiedene Märsche der Karnevalsszene, bevor sich die Delegation mit einem donnernden "Ons Nüss – Hellau" vom offiziellen Programm verabschiedete.

Die "Blauen Funken", die nach einer streng militärischen Struktur organisiert sind, gibt es seit 1954. Insgesamt zählt die Gesellschaft 250 Mitglieder. Am 11. 11. 1997 wurde zum 44-jährigen Bestehen der Gesellschaft von elf Männern die "Novesia Garde" gegründet. Heute sind allein 43 Personen in der Garde aktiv, die pro Saison bis zu 90 Auftritte absolviert. Karneval als Fulltime-Job zum Jahresbeginn, der von den linksrheinischen Jecken genauso ernst genommen wird, wie hierzulande die Brauchtumspflege.

Mitbegründer der Garde war seinerzeit Dieter Hellendahl, der in dieser Session als Prinz Dieter der Dritte zusammen mit seiner Lebensgefährtin und diesjährigen Novesia Anita Löwner das Oberhaupt aller Neusser Karnevalsvereine ist. Der 70-jährige selbstständige Rentner ist ein Urgestein des Neusser Karnevals und stolz wie Bolle, dass er es ist, der das höchste Amt, das Neuss vergibt, in diesem Jahr innehat. Zusammen mit seinem Adjutanten, dem früheren Prinzen Andreas Radowski und seiner Prinzessin, und gut bewacht von seinen Gardisten stand er auf der Bühne der Hohenberghalle und tat das, was ein Karnevalsprinz tun muss. Gut aussehen, reden und repräsentieren. Der Herr hat Bürgermeister-Potenzial.

Andreas Stuhlmüller, der Horber in Neuss, stand hingegen stumm auf der Bühne herum, denn das viele "Horrido" rufen hatte ihm die Stimme geraubt. Ein kurzes Krächzen zur Begrüßung, mehr war leider nicht drin in seiner Heimatstadt. Dafür wurde er von Mama, Schwester, Schwager und jeder Menge Bekannter freudig empfangen, die ihn den Abend über in Beschlag nahmen.

Ohne dem Horber Narrenrat ins Handwerk pfuschen zu wollen, kann man jederzeit feststellen, dass zumindest die Ladys der Tanzgarde sicher auch im kommenden Jahr eine Bereicherung für den Horber Eröffnungsball wären. Ob’s der Ober-Brauchtums-Guru Thomas Kreidler genauso sieht, ist dagegen fraglich. Bei so viel Karneval standen ihm wohl die Haare zu Berge, was er unter einer schicken Rundkappe geschickt zu verbergen wusste.

Aber der arme Metze hat die lustigen Karnevalisten jetzt an der Backe, denn auch am Sonntag begleiteten sie ihre neuen Horber Freunde zum Umzug.

Vielleicht gibt’s irgendwann mal die "Blauen Stäpfelshopser", und die Turmschurken kriegen Pfauenfedern an die Maske und werden zur Leibgarde vom Hofmarschall.

Weitere Informationen: www. blaue-funken-neuss.de