Der Beschuldigte soll am 18. September des vergangenen Jahres einen Mann niedergeschlagen haben, der gemeinsam mit der Frau des Angeklagten unterwegs zum Horber Polizeirevier war. (Symbolfoto) Foto: dpa

Noch im Gerichtssaal zusätzlicher Strafbefehl. Rassismusvorwurf regt Richter auf.

Horb - Schon im März hätte eine Körperverletzung, die sich in der Schillerstraße gegenüber der Markthalle ereignet hatte, zur Verhandlung kommen sollen, doch da war der Angeklagte nicht erschienen. Nun wird er zur Kasse gebeten, kündigte aber prompt an, in Berufung zu gehen.

Damals hatte der Mann gegen einen Strafbefehl von 40 Tagessätzen zu je 10 Euro Widerspruch eingelegt, war jedoch einfach nicht zur Verhandlung erschienen. Auch bei einem neuen Termin in der vergangenen Woche erschien er erst mit Verspätung im Gerichtssaal. "Ich habe mein Kind noch im Kindergarten vorbeibringen müssen" erklärte der Nigerianer. "Das ist keine Entschuldigung für ihr Zuspätkommen", schimpfte Richter Albrecht Trick. Der Angeklagte, der als Beruf "Geschäftsmann" angab und seit Kurzem als Hilfsarbeiter bei einer Produktionsfirma arbeitet, lebe seit 2006 in Deutschland, gab er auf Nachfrage an.

Der Beschuldigte soll am 18. September des vergangenen Jahres einen Mann niedergeschlagen haben, der gemeinsam mit der Frau des Angeklagten unterwegs zum Horber Polizeirevier war. "Dort wollte die Frau ein Haus- und Platzverbot gegen ihren Mann erwirken", schilderte der Geschädigte schon im März die Geschichte aus seiner Sicht. "Ich habe die Frau lediglich begleitet."

Man habe gemeinsam in einem Haus in der Horber Kernstadt gewohnt, und immer wieder sei es zwischen der Frau und ihrem recht jähzornigen Mann zu Streitereien gekommen. "Die Frau hat sich dann ab und zu an mich gewandt, und am Tattag wäre sie nicht einmal mehr in die Wohnung gekommen", erzählte der Geschädigte im Zeugenstand. Ihr Mann hätte sie ausgesperrt und deshalb hätte er ihr geraten, zur Polizei zu gehen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass eine Vertreterin des Jugendamtes ihm gegenüber geäußert habe, dass man ein Hausverbot gegen den Mann ausgesprochen habe. "Und hier wollte auch ich endlich Klarheit." Unterwegs habe ihn dann der Beschuldigte in Begleitung seiner Frau angetroffen und ihm nach einem heftigen Wortgefecht voll ins Gesicht geschlagen. "Die Brille flog unter ein Auto und mir taten ein paar Tage lange der Mund und Zähne weh", erinnerte sich der Geschädigte.

Der Beschuldigte sah das völlig anders. Der Zeuge hätte sich in seine Beziehung gedrängt und ihm sogar gedroht, dass er ihn "killen" würde. Am Tattag hätte der vermeintliche Kontrahent seine Abwesenheit ausgenutzt und seine Frau wieder gegen ihn aufgestachelt. Dass er die beiden in der Schillerstraße getroffen habe, sei reiner Zufall gewesen. Ja, man habe sich gestritten und er hätte seinen Widersacher geschubst, aber nicht geschlagen – und das war‘s.

An sich ein nachvollziehbarer Vorgang, doch allein die Schilderung des Beschwerdeführers war so emotional und voller aggressiver Vorwürfe, dass Richter Trick, der den Mann immer wieder ermahnen musste, sachlich und vor allem beim Thema zu bleiben, feststellte: "Ich kann mir den Streithergang genau vorstellen und wie es dort in der Schillerstraße abging."

Die Behauptung, dass ihm sein Gegner gedroht hätte, ihn zu töten, wurde ihm als üble Nachrede und falsche Beschuldigung ausgelegt und seine Vermutung, dass er hier nur verurteilt wird, weil er schwarzer Hautfarbe sei, das brachte den Richter echt auf die Palme. "Vorsicht, sie bewegen sich hier auf ganz dünnem Eis", warnte er den Beschuldigten sehr eindrücklich, denn Rassismus wolle er sich nicht vorwerfen lassen.

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft forderte nach Feststellung der aktuellen Einkommenssituation des "Geschäftsmannes" den ursprünglichen Strafbefehl auf 40 Tagessätze zu je 25 Euro anzuheben und dem Beschuldigten die Gerichtskosten aufzuerlegen.

Als Richter Trick kurze Zeit später eben diese Strafzumessung für die vorsätzliche Körperverletzung als Urteil bestätigte, flippte der Schläger völlig aus. "Ungerecht" nannte er das Urteil und ließ den Vorsitzenden noch nicht einmal sein Urteil begründen. "Diese Strafe zahl‘ ich nicht", wetterte er los und kündigte an, bis zum obersten Gerichtshof zu gehen. Noch im Gerichtssaal ließ er zu Protokoll nehmen, dass der gegen das ergangene Urteil Berufung vor dem Landgericht Rottweil einlegen wird.

Bis es dort aber soweit ist, kann er sich über einen erneuten Strafbefehl ärgern, den er sich mit der wiederholten Behauptung, er sein nur wegen seiner Hautfarbe verurteilt worden, eingehandelt hat. "Das lass‘ ich mir in meinem Gerichtssaal nicht nachsagen", so der Vorsitzende, der diese Äußerung des Nigerianers in Sitzungsprotokoll aufnehmen ließ, während der Herr seine Mütze wieder aufsetzte und laut schimpfend den Gerichtssaal verließ.