Kultur: Britta Kungney und Andreas Breiing beleuchten mit ihrem politischen Kabarett die Lage der Nation

Zum Abschluss der 19. Horber Friedenstage konnten die "Horber Initiative für den Frieden" und das "Projekt Zukunft" noch mit zwei herausragenden Programmpunkten deutliche Botschaften senden.

Horb. Im dokumentarischen Spielfilm "Mediterranea", der am Samstagabend lief, wurde von Filmemachern und Flüchtlingen gemeinsam gedreht, wurden die Flucht und das fragile Leben in der scheinbaren Freiheit in besonderen Szenen visualisiert.

Am Freitagabend war es dagegen heiter bis bitterernst im großen Saal des Klosters. Britta Kungney – eher bekannt unter ihrem Künstlernamen Britta von Anklang – und ihr Bühnenpartner und "Buschtrommel"-Gründer Andreas Breiing beleuchteten auf ihre ganz spezielle Art die Lage der Nation.

Hausherr Ewald Loschko freute sich bei seiner Anmoderation darüber, dass zu dieser politischen Kabarett-Veranstaltung doch eine große Anzahl an Besuchern den Weg ins Kloster fand. "Politisches Kabarett ist nicht so im Mainstream wie beispielsweise ein Kohlhepp oder so", glaubt der Chef des Projekt Zukunft. Von der "Buschtrommel", einer Gruppe, die Breiing vor rund zehn Jahren gegründet hat, habe er bisher nichts gewusst, doch "Big Brother Google" hätte diese Lücke für ihn gestopft. Der Programmtitel "Dumpf ist Trump(f)" und vor allem der Untertitel: "Ob rechts, ob links: Hauptsache geradeaus", hätte ihn neugierig gemacht und glücklicherweise sei es gelungen, die beiden Vollprofis in Sachen anspruchsvolles Kabarett für diesen Abend zu gewinnen.

Der Begriff "gewinnen" war hier wirklich gut gewählt, denn es war tatsächlich ein Gewinn, den beiden bei ihrem Feuerwerk an Wortwitz und Mahnungen zuzuhören. Gleich mit ihrem ersten Song machten sich die beiden ihre tiefsinnigen Gedanken zum Weltuntergang. "Keine Sorge, sei nicht bang, zum Weltuntergang (oder Terror) geht’s da lang", rappte Breiing und seine Kollegin von der Quotenabteilung bearbeitete dazu ihr Schlagwerk-Cajon in guter Buschtrommler-Manier.

Im Nachgang zum Böhmermanngedicht, über das sich der Herr Erdogan so freute, mussten die beiden jedoch eine kleine Korrektur anbringen. "Die Ziege ist ein sensibles Tier, die steht eher auf den Özdemir", rückten sie das Schmähgedicht etwas zurecht. Die beiden kennen sich halt aus in der Weltgeschichte, und über die Deutsche Bundesbahn wussten sie nur Gutes zu berichten. "Die macht dir täglich ein großes Geschenk – du bekommst viel mehr Fahrzeit, als du eigentlich bezahlt hast."

Und es ist immer gut, wenn man mehr hat als man tatsächlich braucht. "Die Buschtrommel" nahm den Reichtum sehr pointiert unter die Lupe. Der arme Donald Trump ist nur noch die Nummer 544 der reichsten Menschen der Welt. Naja, er hatte ja auch beim Wahlkampf die Möglichkeit, ein paar Milliarden zu verpulvern. Dieses Glück haben viele der anderen Reichen nicht. Da wird das Geld blödsinniger Weise immer mehr und sie wissen gar nicht mehr wohin damit. Ach, was war es im Nachkriegsdeutschland noch schön, als es einen ordentlichen Spitzensteuersatz gab und die Milliardäre noch Steuern zahlen durften. 1948 stolze 95 Prozent, seit 2000 nur noch maximal 42 Prozent, und wenn‘s dumm läuft, gar nichts mehr. Da kann man auch als Kabarettist nur niederknien und für eine vernünftige Steuergerechtigkeit beten. "Apropos 42 Prozent – das ist das Ergebnis der AfD bei der nächsten Bundestagswahl", vermutete Andreas Breiing. "Optimist", die trockene Antwort von Britta von Anklang. Und da waren die beiden auch bei ihrem Lieblingsthema. Bei der AfD. "Für alle unter ihnen, die keine Gelegenheit hatten, ›Mein Kampf‹ zu lesen, haben wir eine Sammlung von AfD-Sprüchen zusammengestellt", verrieten sie. Den Spitzenplatz in dieser Hitliste der menschenverachtendsten Aussagen nahm der Sprecher des Kreisverbandes Esslingen ein, der im Februar 2016 gesagte hatte: "Dem Flüchtling ist es doch egal, an welcher Grenze, an der griechischen oder der deutschen, er stirbt." Und wie Andreas Breiing die Metamorphose eines "normalen" AfD-Politikers, zum Vorbild Adolf H. persiflierte, das war grandios. Der Politiker mit dem konservativen Gedankengerüst forderte nach einem Besuch im Zoo die Abschiebung aller ausländischen Tiere aus diesem arischen Gehege. "SS lebe die die deutsche Tierwelt – schützt die deutsche Stubenfliege", rief er voller Inbrunst am Ende seines Zoobesuches dem Volk im Zuschauerraum zu. Dazu erklang die deutsche Nationalhymne.

"Die Buschtrommel" machte vor keinem noch so heißen Eisen halt. Die beiden Kabarettisten legten mit großem Intellekt den Finger in viele offene Wunden. Sie ließen weder den Organhandel in China aus noch die Schlappe, die die Holländer dem türkischen Spitzenpolitiker verpassten. "Erdogan schickte sogar die 40 Kühe, die er als Gastgeschenk bekam mit der Begründung, das wären ›Gülle-Anhänger‹ zurück", lästerten sie. Auch konnten sie beim besten Willen nicht verstehen, wie Türken, die in Deutschland leben, für Erdogan auf die Straßen gehen können. "Das ist so, als wenn freilaufende Hühner für das Recht auf Käfighaltung demonstrieren". Sie nannten Trump "unser Inklusionskind", stellten fest, dass das, was die Ritze in Hamburg, der Trump-Tower für New York sei und hatten für viele weiteren Unglaublichkeiten, die täglich durch die Medien gehen, einen oft gut versteckten Kalauer parat.

Es waren blitzgescheite Gedankengänge, die über zwei Stunden auf das Publikum niedertrommelten und den Besuchern einiges an Konzentration abverlangte. Doch eines stand am Ende des Abends fest: Der Herr Loschko hat gut gegoogelt.