Sie brachten Musik und Eleganz ins Horber Kloster – jedoch keinen Tanz. Dafür hatten sie Jacques Brel nicht nur als Bild dabei. Schauspielerin Chrysi Taoussanis zusammen mit Heiner Kondschak (links) und Bernhard Mohl bei ihrem spannenden Chanson-Abend. Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

Chanson-Faszination Jacques Brel: Chrysi Taoussanis und ihre Kollegen ziehen das Kloster-Publikum in ihren Bann

Von Peter Morlok

Horb. Jacques Brel, viel zu früh mit 49 Jahren an Lungenkrebs gestorben, lebt jedoch in den Köpfen seiner Fans und in seinen Liedern weiter. Treten seine Rollen, die er in zehn Filmen gespielt hat, mehr und mehr in den Hintergrund, so macht ihn sein musikalisches Vermächtnis zu einer Legende, um die sich Mythen ranken, die sein geheimnisvolles und doch so extrovertiertes Leben noch dunkler erscheinen lassen, als es ohnehin schon war.

Chrysi Taoussanis singt nicht Brel – sie lebt Brel

Seine Lieder, in französischer Sprache gesungen, machten ihn bereits zu Lebzeiten zu einem der wichtigsten Repräsentanten des französischen Chansons. Er nahm unter den Chansonniers, die ihre eigenen Lieder vortragen, eine herausragende Stellung ein. Seine musikalischen Skizzen und Momentaufnahmen decken ein weites Spektrum, von Liebesliedern bis zu scharfer Gesellschaftskritik, ab. Sie waren bissig, ironisch, scharfzüngig, traurig und bisweilen zum Heulen schön.

Aber man konnte auch den Kopf voller Unverständnis über den Zyniker Brel schütteln, der seinen Weltschmerz mit bitterer Ironie in die Welt, die ihm zuhörte, hinausschrie. Man konnte damals und heute von Brel halten was man wollte, eines ging auf keinen Fall – sich seiner Poesie, seiner Kraft und seiner Erzählkunst zu entziehen. Brel war ein Magier der Worte und der Töne, ein Geschichtenerzähler voller Weltschmerz und Ironie.

Und genau diesen Jacques Brel brachte die in Tübingen lebende Schauspielerin Chrysi Taoussanis zusammen mit ihren beiden kongenialen Kollegen, Freunden und Profimusikern Heiner Kondschak und Bernhard Mohl mit auf die Klosterbühne nach Horb. An einem ganz normalen Freitagabend, an dem sogar auch noch die Nachtwächter durch die Dunkelheit streunten, das Kloster nahezu komplett zu füllen, das macht deutlich, wie begehrt Brel heute noch ist. Seine Musik ist zeitlos, und wenn sie so dargeboten wird wie von den drei Akteuren, dann wird sie zum Hochgenuss.

Es schien, als ob aus der unübersehbar hübschen Frau, die dort unten im Scheinwerferlicht stand, mit den ersten Tönen ein kauziger Belgier wurde, der die Besucher ein Stück weit mit durch sein Leben nimmt. Chrysi Taoussanis singt nicht Brel – sie lebt Brel. Sie stülpt sich den Song über wie eine zweite Haut, sie wird eins mit dem Lied, mit der Geschichte. Sie lässt ihrem Publikum überhaupt keine andere Wahl als gespannt mit einzusteigen in das Stimmungskarussell des Liedermachers.

"Ich will Gesang, will Spiel und Tanz", dieses neben "Amsterdam" wohl berühmteste Stück aus der Feder von Jacques Brel stand als Motto über dem Abend, und genau diesen Wunsch erfüllten die drei ihrem Publikum. Obwohl, getanzt hat niemand, zu gebannt saßen sie in ihren Stühlen, spitzten die Ohren und versuchten dieses Erlebnis in sich einzusaugen wie trockene Schwämme.

Ein Konzert kann durch seine Interpreten wirklich zu einem unvergesslichen Erlebnis werden, und wenn sich drei treffen, die (fast) alles können, dann erlebt man einen dieser magischen Momente. Bernhard Mohl, der schon als zweiter Geiger im wohl berühmtesten Café der Welt, dem "Florian" auf dem Markusplatz in Venedig, die Leute unterhalten hat, tat dies am Freitag mit Geige, Gesang, Melodika, Bassgitarre, Gitarre, Percussion und seinem Miniklavier. Heiner Kondschak, den das Schicksal nach Ofterdingen verschlagen hat, begeistert mit Gitarre, Gesang, Mandoline, Bouzouki, Klavier, Low Whistle und der Mundharmonika.

Die drei Künstler gestalteten diesen Abend, diese Hommage, erfrischend frech und doch voll wunderbarer Melancholie. Dass sie mit dem "Wiegenlied für Isabell", die im Songtext in der Wiege der Seligkeit ruht, nicht wirklich vom restlos begeisterten Publikum entlassen werden, ahnte das Trio bereits vorher und bot freiwillig noch zwei Zugaben an. "Aber ohne Hin- und Herlaufen – der Herr Mohl und ich gehen stramm auf die 60 zu", so die Bedingung von Heiner Kondschak für dieses Betthupferl, die gerne akzeptiert wurde.