Horb hat sich vor einem Jahr als Fairtrade-Stadt zertifizieren lassen / Weiterentwicklung bleibt bisher aus

Von Lena Müssigmann

Horb. Im September 2013 hat die Stadt gejubelt: Horb wird Fairtrade-Stadt. Es gab ein Frühstück auf dem Flößerwasen zur Feier des Tages. Und dann wurde es still. Hat das Fairtrade-Siegel irgendwas bewirkt in der Stadt?

Man kann das Fairtrade-Siegel für die Stadt so verstehen, dass Horb dafür belohnt wird, dass schon alles richtig gemacht wird. Oder man kann es als Auftrag dahingehend verstehen, das Verständnis für faire Arbeitsbedingungen zu steigern.

Dass die Sensibilität der Bürger für das Thema Fairtrade noch ausbaufähig ist, wurde deutlich, als unsere Zeitung vor einem Jahr von der Auftaktveranstaltung berichtete: Viele der anwesenden Schüler machten sich nichts aus fairem Handel. Auch die Besucherzahl (45) des Brunchs war bei Weitem nicht so groß wie sich die Organisatoren erhofft hatten (70). Es hätte genügend Gründe dafür gegeben, für fairen Handel zu trommeln, wenn man sich dieses Siegel schon auf die Fahnen klebt.

Doch getan hat sich nichts. Der Umsatz des Weltladens lag vor wie nach der Siegelverleihung bei rund 18 000 Euro. Das Oberbürgermeisterbüro hatte bereits vor der Siegelverleihung eingeführt, fair gehandelten Kaffee zu kaufen. Wie viele Abteilungen im Rathaus dem Beispiel gefolgt sind, lässt sich nach Angaben des Stadtmarketing-Chefs Martin Scherer nicht messen. Ob die Zahl der Läden, die Fairtrade-Produkte verkaufen, gestiegen (oder gesunken) ist, ist ebenfalls unbekannt. Die Stadt habe seit der Bewerbung keine neue Erhebung gemacht, sagt Scherer. Noch vor einem Jahr hat Horbs Marketing-Mann im Gespräch mit unserer Zeitung angekündigt, er wolle bei Gastronomen Werbung für den Ausschank fair gehandelten Kaffees machen. Daraus sei nichts geworden, sagt Scherer. Er gibt zu bedenken, dass eine Stelle im Stadtmarketing für ein halbes Jahr nicht besetzt war: "Wir hatten nicht die Kapazitäten, beim Thema Fair Trade was zu tun." Andere Themen im Stadtmarketing hätten keinen Aufschub erlaubt.

Einzige Fortentwicklung in Sachen Fairtrade, die es zu berichten gibt: Die Stadt hat vor vier Monaten einen Vertrag mit dem Weltladen geschlossen, wonach die Hälfte aller Geschenkkörbe für Alters- oder Ehejubilare in der Stadt beim Weltladen gekauft werden. Die Zahl liege in vier Monaten bei fünf Körben, sagt Eckard Rüther vom Weltladen. Für ihn sei deprimierend, wie wenig Engagement die Stadträte zeigten, die im Lenkungskreis sitzen. Wenn es ums praktische Helfen gehe, wie jetzt beim Brunch am Samstag, der zweiten gemeinsamen Fairtrade-Veranstaltung in der Stadt überhaupt, dann erschienen sie nicht.

Doch Rüther sieht Grund zur Hoffnung, dass sich bald mehr tut in der Fairtrade-Stadt Horb. Seit Frühjahr ist Bernd Mathieu neuer Mitarbeiter im Stadtmarketing und für das Thema zuständig. "Er kümmert sich und gibt sich Mühe", lobt Rüther.

Seit Mathieu im Amt ist, hat der Lenkungskreis zwei Mal getagt – Vertretern von Kirchen, Schulen, der Stadt, dem Gemeinderat und dem Weltladen sitzen hier zusammen. Mit dem Brunch am Samstag beim Stadtfest, sagt er, "wollen wir ein erstes Signal setzen, dass in der Fairtrade-Sache was geht." Er hoffe, "ein paar Hundert Leute" begrüßen zu können. Noch für dieses Jahr sei außerdem ein Fairtrade-Frühstück mit der katholischen Kirchengemeinde angedacht. Auch auf der Stadt-Homepage solle eine Rubrik entstehen, unter der über den fairen Handel in Horb berichtet wird. Im nächsten September wird der Verein Transfair erneut prüfen, ob Horb die Kriterien für das Siegel noch erfüllt – wenn nicht allzu viele Läden und Gastronomen das Fairtrade-Angebot gestrichen haben, dürfte das wieder gelingen.

Martin Scherer weist indes darauf hin, dass nicht alleine die Stadtverwaltung dafür zuständig sei, die Fairtrade-Stadt mit Leben zu füllen. Er verweist auf einen Mitstreiter, der die Idee der Fairtrade-Stadt in eigener Initiative verfolgt: die Spitalstiftung. Ein Frühstück mit fair gehandelten Produkten im Bischof-Sproll-Altenheim vor wenigen Wochen wird von allen Seiten gelobt – viel anderes hat sich nämlich nicht getan.