Das "Original": Lebensretter vom Roten Kreuz. Foto: Symbol-Foto: Witschel

31-jähriger gibt sich als Einsatzleiter bei Veranstaltungen aus. Erinnerungen an "Dr. Schenk" werden wach.

Horb - Ein Horber, der sich schön öfter als Rettungsassistent ausgab und noch immer als Vorsitzender eines "Medical Services" geführt wird, stand am Dienstag wieder einmal vor den Schranken des Horber Amtsgerichts.

Der Verein bietet seine Dienste als Sanitätsteam – vom Sanitäter bis zum Notarzt – für Veranstaltungen an. Diesen Dienst wollte der Berliner Veranstalter eines dreitägigen Punk-Rock-Konzerts im August 2014 in Anspruch nehmen und heuerte über den Angeklagten ein mehrköpfiges Team an, das für den medizinischen Notfalldienst auf dem Festival-Gelände sorgen sollte.

Es ist ein Fall, der zumindest ein bisschen an den falschen Horber Notarzt "Dr. Sascha Schenk" erinnert, allerdings wohl nicht in dem Ausmaß und nicht mit dem hohen Gefährdungspotenzial für andere Menschen. Gleichwohl startete damals auch "Dr. Schenk" seine "Karriere" als Rettungsassistent.

Der Angeklagte, erst im Februar 2014 aus einer längeren Haft entlassen, besorgte über Beziehungen sieben Mitarbeiter, von denen er nur zwei das vereinbarte Honorar zahlen konnte. Die restlichen fünf – alle im Sanitätswesen ausgebildet – blieben ohne das vereinbarte Honorar. Dies wurde dem einschlägig vorbestraften Angeklagten als fünf rechtlich selbststände Fälle von Betrug zur Last gelegt. Erschwerend kam hinzu, dass er auf der Heimfahrt von Berlin seine Mitfahrerin am Steuer des Rettungswagens ablöste, ohne im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis zu sein. Dass er sich mit falschen Federn schmückte, indem er vorgab, selbst Rettungsassistent zu sein – sein Pflichtverteidiger sprach in diesem Zusammenhang von Uniform-Fetischismus – und als Einsatzleiter fungierte, fiel aufgrund dieser Anklagepunkten mehr oder weniger unter den Tisch. Der Rest reichte!

Viele fachlige Mängel sind aufgetreten

Die Fahrerei ohne Führerschein gab der heute 31-Jährige unumwunden zu. "Ich wollte mich vor meiner Kollegin nicht blamieren", erklärte er. Seine Rolle als Vermittler und Auftragnehmer stellte er jedoch recht konfus dar. Er hätte die von ihm angeheuerten Rettungskräfte selbstverständlich bezahlen wollen, jedoch der Veranstalter – der im Übrigen als Zeuge geladen war und nicht erschien – hätte die vereinbarte Summe nicht herausgerückt. "Kein Wunder, bei dem was ihre ›Angestellten‹ über ihre Leistungen auf dem Gesundheitssektor in ihren jeweiligen Zeugenaussagen berichteten", warf Amtsgerichtsdirektor Christian Ketterer ein. Der Angeklagte behauptete zwar, dass er "nur so dabei war und das der Auftraggeber gewusst hätte", aber der Vorsitzende korrigierte ihn dahingehend, dass er sich auch den Notärzten auf dem Festgelände gegenüber als der Einsatzleiter der Hilfstruppe ausgegeben habe.

Aufgefallen sei jedoch, dass er bei Einsätzen nicht berufsspezifisch helfen konnte und viele fachliche Mängel auftraten. Zu fast jeder der mehr als widersprüchlichen Aussagen des Möchtegern-Rettungsassistenten, der weder eine abgeschlossene Schulausbildung noch einen Beruf hat, musste der Richter Anmerkungen und Berichtigungen anbringen, die dann vom Angeklagten auch eingeräumt wurden.

Der Sachverhalt kristallisierte sich schnell heraus – es war so, wie angeklagt. Nur wie man den Mann bestrafen sollte, das war nicht ganz einfach. Ihm wurde schon in frühester Jugend – der Richter verlas auszugsweise ein psychologisches Gutachten aus 2000 – eine atypische Form von Autismus bestätigt, die aber nicht automatisch zur Schuldunfähigkeit führt. Früher war er stark auf Züge und Omnibusse fixiert, heute auf das Sanitätswesen.

Richter Ketterer fragte nach, warum er denn immer wieder durch solche Aktionen auffalle und der Angeklagte glaubte den Grund zu wissen. "Geltungsbedürfnis und Aufmerksamkeitsdefizit hat mir mein Psychologe attestiert."

Zuletzt habe er sich während seines Gefängnisaufenthaltes einer psychologischen Behandlung unterzogen und diese mit Erfolg abgeschlossen. "Wenn der Erfolg heißt, dass sie nicht mehr straffällig werden, dann war die Behandlung nicht sehr zweckvoll", so Ketterer. Ein weiteres Gutachten bestätigte dem Angeklagten, dass er so auf den Verein fixiert war, dass er dafür auch bereit war, Straftaten zu begehen. Grundsätzlich verstand der Vorsitzende die Handlungen des Angeklagten jedoch nicht. "Wenn sie blöd wären, dann könnte ich es verstehen, dass sie immer wieder den gleichen Mist bauen. Aber sie sind nicht blöd und sehr wohl in der Lage, ihr Verhalten einzuordnen. Sie haben nur keinen Bock."

Keine Möglichkeit für Bewährungsstrafe

Zwölf Eintragungen im Bundeszentralregister sprechen zudem eine recht eindeutige Sprache. Einmal quer durchs Strafgesetzbuch – vom Diebstahl über Körperverletzung, von Nötigung bis Amtsanmaßung und Verbreitung pornografischer Inhalte – es war alles dabei.

Vor diesem Hintergrund sah die Staatsanwaltschaft keine Möglichkeit, eine Haftstrafe auf Bewährung zu fordern. Bei straffer Zusammenfassung der einzelnen Tatvorwürfe kam sie auf zwölf Monate Gefängnisstrafe, wogegen der Pflichtverteidiger zehn Monate auf Bewährung forderte, da seiner Einschätzung nach tatsächlich eine verminderte Schuldfähigkeit beim Angeklagten vorläge.

Richter Ketterer verurteilte ihn letztendlich zu zehn Monaten Gefängnis ohne Bewährung. "Sie haben bisher keine einzige Bewährung durchgehalten und deshalb auch ihre letzten Haftstrafen komplett abgesessen. Bei dieser schnellen Rückfälligkeit von gerade mal einem Jahr war beim besten Willen kein Urteil auf Bewährung möglich." Eine Woche hat der Verurteilte, der auch die Kosten der Verhandlung zu tragen hat, nun Zeit, gegen dieses Urteil Widerspruch einzulegen.