Barth tritt als Gemeinderätin zurück / Gründe: Einkaufszentrums-Planung und angeblich schlechte Stadtteilpolitik

Von Christof Schülke

Horb-Nordstetten. Edith Barth hört als Gemeinderätin auf. Bereits am 18. Dezember hat sie in einem Brief an OB Peter Rosenberger ihren Rücktritt erklärt. Barth will die Planung des Einkaufszentrums, so wie sie von der Stadtverwaltung vorangetrieben wird, nicht mehr mittragen. Für sie ist das aber nicht der einzige Grund.

Edith Barth (63) ist seit über 30 Jahren in der Kommunalpolitik – deshalb kann sie ohne Begründung ihr Gemeinderatsmandat niederlegen, das sie seit sechs Jahren für die CDU-Fraktion bekleidet. Im vergangenen Jahr bei der Kommunalwahl war sie zum letzten Mal als Nordstetter Ortsvorsteherin angetreten und wiedergewählt worden. Dieses Amt will sie behalten. "Künftig werde ich meine Energie dort verwenden, wo ich etwas erreichen kann", sagte Barth im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten.

In Nordstetten gilt Barth als Wegbereiterin der modernen Dorfentwicklung. Mit zwei Kindergärten, einer Schule, Spielplätzen und einigen Läden ist das Dorf attraktiv für Familien. Dass die Ortschaftsverwaltung ein neues Baugebiet (im vergangenen Jahr gab es dafür laut Barth 27 Interessenten) nicht in der Form realisieren kann, wie es ihrer Ansicht nach für Nordstetten wichtig wäre, frustriert Barth. "Die Ortsteile hinken bei den Baugebieten hinterher."

Ihre Kritik zielt auf die Stadtverwaltung und bekommt Brisanz, weil sie nicht die Erste ist, die enttäuscht das Handtuch wirft. Im Oktober vergangenen Jahres trat Bäckermeister und CDU-Stadtrat Hans-Peter Saur nach 25 Jahren zurück. Hatte er sich hauptsächlich über die "oberflächliche" Entscheidungsfindung seiner Fraktion bei Fragen über das Einkaufszentrum geärgert, so war es doch derselbe Zündfunke, der auch Barths Zorn entflammt hat: Der Einkaufszentrums-Plan, der auf 5000 Quadratmeter Verkaufsfläche geschrumpft war.

Edith Barth bestätigt: "Es geht mir ähnlich wie Hans-Peter Saur." Sie spricht von "vielen Fehlern", die bei der Planung gemacht wurden. "Am Anfang hieß es, kleiner als 10 000 Quadratmeter sei das Zentrum nicht machbar, dann schrumpfte es plötzlich auf die Hälfte." Die aktuellen Entwürfe sehen für sie nach einem Zweckbau aus, und das angestrebte Sortiment hält sie für minderwertig.

"Oft gibt es hitzige Diskussionen, aber wenig kommt raus"

Barth, gelernte Einzelhandelskauffrau und einst acht Jahre lang Marktleiterin bei Pfannkuch in Horb, "weiß, wie die Handelshäuser heute ticken." Barth: "Das Einkaufserlebnis fehlt mir bei den aktuellen Entwürfen völlig. Horb hat etwas Besseres verdient. Wir brauchen Anbieter von Textilien in mittlerer Qualität." Sich im Gemeinderat zu engagieren sei für sie deshalb eine Energieverschwendung. "Oft gibt es hitzige Sitzungen, aber wenig kommt raus." Sie hat den Eindruck, dass nur noch Druckvorlagen "durchgeboxt" werden sollen. "Aber ich bin keine Ja-Sagerin."

OB Peter Rosenberger bestätigte gestern auf Anfrage unserer Zeitung Barths Rücktrittsgesuch. Die Kritik überrascht ihn allerdings. Rosenberger, der gestern auf der CMT war: "Frau Barth hat ihr Rücktrittsgesuch ohne Begründung eingereicht." Rosenberger habe auch in einem Gespräch mit Barth nichts davon erfahren.

Wie bereits im Fall von Hans-Peter Saur stößt es beim OB auf "völliges Unverständnis", dass ein politischer Prozess, der noch gar nicht zu Ende ist, als Grund für einen Rücktritt herangezogen wird. "Es ist auch laut Gemeindeordnung kein Grund, zurückzutreten, nur weil einem eine Entscheidung nicht gefällt", so der OB. "Damit vergibt man ja auch die Chance, eine andere Entscheidung zu bekommen."

Dem Vorwurf, die Stadtverwaltung bremse Baugebiete in Ortsteilen aus, widerspricht der OB. "Der Gemeinderat entscheidet, wie die Baulandpolitik der Stadt gestaltet wird, und nicht die Stadtverwaltung." Gerade bei der Baulandpolitik beschreite die Stadt zudem neue Wege. Auch für Nordstetten sei neben dem bereits angekündigten kleinen Neubaugebiet ein weiteres, größeres möglich, das man dieses Jahr angehen wolle.

Barths Enttäuschung wegen des Einkaufszentrums kann Rosenberger wenigstens teilweise nachvollziehen: "Beide Seiten sind enttäuscht. Es sind aber die Gleichen, die vorher gesagt haben, es ist zu groß, die jetzt sagen, es ist zu klein. Keiner kann mir eine Alternative bieten. Auch Frau Barth nicht." Trotzdem würdigt Rosenberger Barths große Verdienste für die Kommunalpolitik. Sie habe sich um Horb und Nordstetten verdient gemacht. "Das Ende dieser Zeit hätte ich mir aber anders vorgestellt."