Freude über den deutschen Meistertitel (von links): Alfred Schweizer, Eugen Dizer, Thorsten Kieninger und Bernd Kreidler. Foto: Schwarzwälder-Bote

Talheimer Schützenverein feiert den deutschen Juniorenmeister Eugen Dizer / Absolute Stärke: die innere Ruhe

Von Peter Morlok

Horb-Talheim. Eugen Dizer ist an vielen Fronten aktiv: Er macht bald sein Abitur, besucht schon Vorlesungen an der Universität und mischt in der Kommunalpolitik mit. Jetzt ist der 16-Jährige auch noch deutscher Meister im Schießsport geworden.

Einige Mitglieder und Freunde des Talheimer Schützenvereins Wilhelm Tell trafen sich am Sonntagabend zu einer spontanen Siegesfeier im Clubhaus. Draußen wehte die schwarz-rot-goldene Fahne mit dem Bundesadler im Abendwind, und aus dem Haus selbst hörte man den hellen Klang von Gläsern, mit denen die Festgäste – darunter auch Sportkreispräsident Alfred Schweizer – anstießen.

Grund für diese Feier war der Schütze Eugen Dizer, der nach seinem Titelgewinn bei den deutschen Meisterschaften in München im Luftgewehr-Dreistellungs-Kampf (kniend, liegend und stehend auf zehn Meter Distanz) mit Meisterehren ins Steinachtal heimkehrte.

Wie fühlt man sich so als bester Jugendschütze von ganz Deutschland? Eine Frage, auf die Dizer so spontan keine wirkliche Antwort wusste. "Eigentlich wie immer. Gar nicht anders als gestern und vorgestern", beschrieb er seinen Gemütszustand, obwohl er das freudige Dauergrinsen, das ihn noch einen Ticken sympathischer macht, gar nicht mehr aus dem Gesicht bekam.

Für dieses Strahlen hatte er auch allen Grund. Vor sechs Jahren nahm ihn sein Kumpel Christian Pahl mit zu den Schützen nach Talheim. Was eigentlich erst als Jux und dann als Hobby gedacht war, wurde für das damals schon recht ambitionierte Kind immer mehr zu einer ernsthaften Freizeitbeschäftigung und gipfelte nun in der deutschen Meisterschaft. Bevor es soweit war, schoss sich Dizer erfolgreich durch die Wettkämpfe der Kreis-, Bezirks- und Landesmeisterschaften und wurde dabei auch noch Kreisschützenkönig.

Sein Heimtrainer Thorsten Kieninger, mit dem er anfangs noch auf dem Schießstand in der Altheimer Moste trainierte, erinnerte sich noch genau an die Anfangszeiten: "Eugen war von unseren drei Jungschützen immer der talentierteste und ist heute noch als einziger von damals im Verein." Kieninger, der aus beruflichen Gründen bei der letzten Jahreshauptversammlung des Vereins sein Amt als Jugendwart abgab, trainiert jedoch weiterhin mit seinem Meister-Schüler. "Seine absolute Stärke ist seine innere Ruhe. Auch nach einem Fehlschuss, über den er sich im Stillen ärgert, behält er auch im größten Stress nach dem Motto ›jetzt erst recht‹ seine Konzentration", hebt er das besondere Talent seines Schützlings hervor.

Einmal die Woche trainieren die beiden zusammen, feilen an der Technik, an Feinheiten beim Abzug, an der Atmung während des Schusses und vielen weiteren Details, die für das Auge des Schießsport-Laien verborgen bleiben, die aber erst Leistungen auf diesem hohen Niveau möglich machen.

Das Feintuning in Sachen Präzisionsschuss holt sich der 16-jährige Schüler des Horber Martin-Gerbert-Gymnasiums zudem einmal im Monat bei den baden-württembergischen Kadertrainern Thomas Waidlich und Michael Krank während einer Wochenend-Trainingseinheit ab. Beide Kadertrainer begleiteten Dizer auch zu den deutschen Meisterschaften nach München. Er schoss dort für den SV Rötenbach, da der Talheimer Schützenverein Wilhelm Tell keine Jugendmannschaft stellen kann.

Schaut man sich dieses Pensum an, zu dem auch noch das Training an der Kleinkaliberwaffe kommt, denkt man unweigerlich an einen Fulltime-Job in Sachen Schießsport. Aber weit gefehlt: Dizer bereitet sich am MGG auf sein Abitur vor, das für 2016 geplant ist, und ist auch noch Teilzeitstudent im Fach Physik an der Universität Stuttgart. Für einen Tag in der Woche ist er von der Schule freigestellt und besucht die Vorlesungen in Stuttgart. "Was wir dort machen, geht so langsam über den Schulstoff hinaus", stellte er in einem früheren Interview mit unserer Zeitung fest. Er müssee sich hier besonders reinhängen, aber wisse auch wofür: "Ich kann mir die Kurse später anrechnen lassen", so seine zielgerichtete Zukunftsplanung.

Schule, Studium und Schießen auf Bundesebene sprengt eigentlich jeden Zeitplan. Doch nicht so bei dem 16-jährigen Horber: Auch kommunalpolitisch ist er aktiv und ließ sich in den neu gegründeten Horber Jugendgemeinderat wählen. Hier will er sich für die Wüsche der Jugendlichen einsetzen und seine Gedanken und Verbesserung zum öffentlichen Nahverkehrssystem einbringen. Dizer ist einer dieser Jugendlichen, denen das Wort "Null-Bock-Mentalität" völlig fremd ist. Er zieht seine Dinge durch und lässt sich dabei nicht von seinen Erfolgen verbiegen. Aber über den Erfolg bei den deutschen Meisterschaften freue ihn schon "granatenmäßig".