Glücksgefühle beim Anblick der Isla Ometepe mit ihren Vulkanen am Lago Nicaragua: Das Ehepaar Witte entdeckte auf seiner Weltreise Mittelamerika. Foto: Witte

Von Belize nach Panama: Die Wittes entdecken Mittelamerika. Dengue-Fieber stoppt Jens Witte.

Horb-Betra - Die Weltreise des Ehepaars Witte aus Betra geht weiter. Seit fast zweieinhalb Jahren sind sie mit Motorrädern unterwegs.

Katja Witte berichtet: "Eine schwere Giardia-Erkrankung meines Mannes hat unseren Aufenthalt in Belize länger werden lassen als geplant. Aber nachdem die Antibiotika ihre Aufgabe erfüllt haben und er wieder zu Kräften kam, lassen wir die entspannte Atmosphäre in Belize hinter uns und starten mit dem Grenzübertritt nach Guatemala in ein neues Abenteuer. Laut Auswärtigem Amt soll sich hier die Sicherheitslage noch einmal verschärfen.

Gespannt, aber nicht ängstlich, nehmen wir die neuen Eindrücke auf. Die Grenze ist schnell passiert und wir steuern eines von Guatemalas Highlights an: die Maya-Ruinen in Tikal. Es ist sicher die bekannteste Maya-Stätte und wurde von bis zu 180 000 Menschen bevölkert. Mit einem kundigen Fremdenführer erkunden wir mehrere Stunden lang die Anlage und sehen doch nur die Highlights. Man könnte tagelang hier umherwandern.

Doch unsere Reise geht weiter. Mit einem Zwischenstopp in Guatemala-Stadt und dem hübschen Städtchen Antigua machen wir uns auf den Weg zum Lago Atitlan. Eigentlich ist es nur eine Halbtagsstrecke. Doch der schlechte Straßenzustand, mehrere Erdrutsche und zu guter Letzt eine fehlende Brücke über einen Fluss sorgen für Spannung und Abwechslung unterwegs. Das Land wird immer wieder von Erdbeben heimgesucht und kann mit den bescheidenen finanziellen Mitteln nicht immer ein intaktes Straßennetz zur Verfügung stellen.

Doch dies sind die Tage, an die man sich auch noch Jahre später mit einem Lächeln zurück erinnern wird – sie bleiben einfach im Gedächtnis. Von der Bergstraße bietet sich schon von weitem ein beeindruckender Ausblick auf den Atitlan-See. Seine Besonderheit ist sicher die einmalig schöne Lage – eingerahmt von mehreren stattlichen Vulkanen. Wir lassen uns im kleinen Touristenort Panajachel nieder und beziehen ein Zimmer in einer kleinen Pension. Die Motorräder parken im kleinen Innenhof, während wir alle Wege zu Fuß machen. Es ist nicht weit zum Seeufer und auch Restaurants und Supermarkt sind nach einem kleinen Spaziergang gut zu erreichen. Im Minutentakt geben wir einem Straßenverkäufer nach dem anderen mit einem freundlichen ›No gracias‹ einen Korb.

Doch eine alte Dame hat da eine besonders ausgefeilte Verkaufstaktik. Während wir gerade beim Mittagessen sitzen, kommt sie an unseren Tisch, nimmt mich in den Arm und ehe ich mich versehe, habe ich eines ihrer Tücher um den Kopf gewickelt. Ihrem charmanten Lächeln kann man dabei kaum widerstehen. Ihr Gesicht erzählt von einem ereignisreichen Leben und die Augen strahlen. Wer kann da schon nein sagen. So findet ein farbenfroher Schal ›Made in Guatemala‹ seinen Weg in unser Gepäck.

Doch auch hier verschiebt sich unsere Weiterreise. Jens hat erneut Symptome, die auf eine Tropenerkrankung hinweisen. Wir haben zwar Malaria-Medikamente dabei, wollen jedoch sicher sein, dass es sich auch wirklich um Malaria handelt. Einen Tag verbringen wir mit Internet-Recherche und sprechen mit Einheimischen. Wir beäugen die Symptome kritisch und sind dann sicher, dass es sich um die leichte Form des Dengue-Fiebers handelt. Behandelt werden kann dies nicht, also heißt es wieder mal abwarten und die Symptome behandeln. Nach einer Woche Ruhe sind wir bereit zur Weiterreise.

Von frischen Krabben über Hängematten bis hin zu Waffen alles zu kaufen

Der Grenzübertritt nach El Salvador fordert Nervenstärke. Schon am Morgen zeigt das Thermometer mehr als 30 Grad und eine falsch ausgefüllte Einfuhrgenehmigung für eines der Motorräder sorgt für zweieinhalb Stunden Aufenthalt an der Grenze. Doch die Beamten sind nett und freundlich und entschuldigen sich aufrichtig für den Fehler. Während ich nach getaner Arbeit mit allen erforderlichen Dokumenten zu den Motorrädern zurückkomme, wurden Jens in der Wartezeit von den Straßenhändlern allerlei Dinge zum Kauf angeboten: von frischen Krabben über Hängematten bis hin zu Waffen kann man hier alles kaufen. Das ruft uns wieder ins Gedächtnis, dass El Salvador mit einer Mordrate von 600 Personen pro Woche zu den gefährlichsten Ländern der Welt gehört.

Wir verlassen die Grenze und fahren entlang der Küste in das kleinste Land Mittelamerikas mit der höchsten Bevölkerungsdichte. In einem kleinen Restaurant an der Steilküste genießen wir gegrilltes Hühnchen mit eiskalter Limonade und einer angenehmen Brise. Die Einheimischen sind unheimlich offen und freundlich. Schon von vielen Reisenden haben wir gehört, die Menschen in El Salvador sollen die freundlichsten Menschen Mittelamerikas sein. Schwer zu fassen, dass wir uns in einem Land mit ernsthaften Sicherheitsproblemen befinden. Doch wir wollen uns nicht negativ beeinflussen lassen von diesen Meldungen, ohne dabei zu unvorsichtig zu werden. Bei der Suche nach einer Unterkunft steht ein sicherer Parkplatz daher ganz oben auf der Prioritätenliste.

Nach ein paar Tagen an der Küste geht es in die Berg- und Vulkanregion des Landes. Der kleine Ort Alegria hat es uns dabei eingerahmt von Kaffeeplantagen besonders angetan. Doch leider sind alle drei kleinen Gästehäuser ausgebucht und wir fahren weiter in den Nachbarort mit dem vertrauten Namen Berlin. Doch auch hier finden wir keine passende Unterkunft und setzen unseren Weg fort. Nahe der Grenze steht daher schon die letzte Nacht in diesem Land an, in dem wir uns nie unsicher oder bedroht gefühlt haben.

Mit einem echten Mammutprogramm stehen wir am nächsten Morgen an der Grenze zu Honduras. Sicherheitstechnisch soll es auch hier heikel sein, zudem gilt der Grenzübertritt als einer der kompliziertesten. Nachdem wir die Scharen aufdringlicher Grenzhelfer losgeworden sind, folgt das übliche Prozedere: Jens bleibt bei den Motorrädern, während ich mich in den bürokratischen Wahnsinn aus Formularen und Kopien stürze. Doch nach rekordverdächtigen zweieinhalb Stunden rollen wir auf die 160 Kilometer Etappe zur Grenze nach Nicaragua. Hier geht es fast schon ruhig und gesittet zu und nach nur einer Stunde haben wir alles erledigt und suchen uns im nächsten Ort eine Bleibe für die Nacht.

Auf dem Weg nach Granada – der Perle Nicaraguas – überrascht uns das Land mit perfekt asphaltierten Straßen ohne die gewohnten Schlaglöcher. Auch die nervigen Schweller zur Verkehrsberuhigung nehmen nach Mexiko mit jedem weiteren Land deutlich ab. Granada empfängt uns mit hübschen Gassen und Gebäuden am Lago Nicaragua – dem größten See Mittelamerikas. Während im Zentrum teure Autos vor den Hotels parken, bewegt man sich in den Nebenstraßen noch mit Pferdefuhrwerken vorwärts. Unser kleines Hostel liegt mitten im geschäftigen Markt, womit wir frisches Obst und Gemüse direkt vor der Nase haben. Einzig die An- und Abfahrt mitten durch das Gewusel sorgt für etwas Nervenkitzel.

Bevor wir die Gegend verlassen, statten wir noch dem Vulkan Massaya einen Besuch ab. Das Besondere ist hier, dass wir mit den Motorrädern direkt an den Kraterrand fahren können. Da der Vulkan gerade sehr aktiv ist, gelten besondere Sicherheitsvorschriften. Fahrzeuge müssen in Fluchtrichtung geparkt sein und alle Besucher müssen einen Schutzhelm tragen. Bei uns fand man den Motorradhelm ausreichend. Nach einer Nacht im Strandort San Juan del Sur erreichen wir die Grenze zu Costa Rica.

Wir reihen uns die Schlange an der Grenze ein, die Dank dreier Reisebusse voller Touristen entsprechend lang ist. Alle Prozesse wirken hier sehr strukturiert, und erstmalig stehen lediglich ein paar Polizisten und kein Militär zur Sicherheit vor Ort. Costa Rica ist das einzige Land Mittelamerikas, das auf eine Armee verzichtet. Doch alles ist sehr touristisch hier. Nach einem Zwischenstopp am Lago Arenal, wo wir das erste Mal seit über zwei Jahren in der Bäckerei des Auswanderers Tom mal wieder ein vernünftiges deutsches Brot genießen, machen wir uns über die Berge auf den Weg zu einem der vielen Nationalparks des Landes.

Skurril – Verschiffung der Motorräder ist teurer als zwei Flüge

Die Natur ist wunderschön, alles wirkt für mittelamerikanische Verhältnisse sehr sauber und aufgeräumt, jedoch fehlt uns etwas: das mittelamerikanische Flair. Es ist uns viel zu touristisch und zu wenig ursprünglich hier. Zudem sind die Preise im Vergleich zu den Nachbarländern unglaublich hoch.

Wahrscheinlich deshalb fällt unser Aufenthalt kürzer aus als geplant. Denn nach schon einer guten Woche erreichen wir die Grenze zu Panama – unser letztes Land in Mittelamerika. Eine große Auswahl an Strecken Richtung Panama Stadt bleibt uns nicht – einzig die Panamericana zieht sich wie eine Hauptschlagader durchs Land. Und so folgen auch wir dieser berühmten Straße, bis uns die Brücke der Amerikas über den bedeutenden Panamakanal bringt. Weiter geht es für uns nicht mehr. In den vergangenen Wochen haben wir uns neben dem Reisen ausgiebig der Frage nach dem Weitertransport ab Panama gewidmet. Nachdem uns für eine Heimreise durch Russland mit Sicherheit nur ein 30-Tages Transit-Visum zugesagt werden konnte, haben wir beschlossen, nach Europa zurück zu kehren und von Griechenland oder der Türkei langsam den Heimweg anzutreten. Doch skurrilerweise ist eine direkte Verschiffung der Motorräder teurer als zwei Flüge. So fällt uns die Entscheidung leicht – wir fliegen zurück nach Florida, um dann von Miami den Osten der USA zu erkunden.

Von Toronto in Kanada erfolgt dann der letzte Transport zurück nach Europa. Wir freuen uns auf diesen unerwarteten Umweg – gibt er uns doch die Möglichkeit, auch den Osten der USA zu erkunden und in Toronto alte Freunde wieder zu treffen.