Nicht zur Hexenverbrennung, sondern für das Sonnwendfeuer haben die Brechaloch Hexa diesen Scheiterhaufen aufgetürmt, von links: Elisabeth Hellstern, Verena Geiger, Birgit Schlotter, Elke Hamm und Ellen Kreidler. Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

Dorfkultur: Seit 20 Jahren eine Seltenheit in der Fasnetslandschaft: Brechaloch-Hexen aus Talheim sind reine Frauengruppe

Von Peter Morlok

Die Brechaloch-Hexen aus dem oberen Talheim haben in diesem Jahr richtig viel Grund zum Feiern.

Horb-Talheim. Seit 20 Jahren ist die Gruppe, die als einzige Hexengruppe im ganzen Kreis und der weiten Raumschaft nur aus Frauen besteht, nun schon als eingetragener Verein aktiv. Und dies allen Unkenrufen zum Trotz. Ein langes Bestehen des Vereins trauten die Talheimer den Frauen sowieso nicht zu, und als sie auch noch vor gut 16 Jahren die Grüne Villa von der Wandergruppe übernahmen, da hörte man denn Spruch "Oh, oh – wenn des die Fraua hen, dann gibt’s in fünf Johr koi Hex und koi Villa meh" mehr als einmal im ganzen Steinachtal.

Aber die Gründungshexen jener Zeit ließen sich nicht beirren und zogen ihr Ding voll durch. "Wir waren und sind alles schwäbische Hausfrauen, die zupacken, sparen und organisieren gelernt haben", stellte Elisabeth Hellstern klar. "Und wenn dann so viele unterschiedliche Talente wie bei uns zusammenkommen, dann funktioniert vieles relativ einfach. Ihr Lebensmotto lautet nicht umsonst: "Wenn ein Mensch sich etwas vornimmt, so ist ihm mehr möglich als er glaubt". Sie hat diesen Leitspruch einem Gedanken von Heinrich Pestalozzi entliehen. Genau im Kern dieser These liegt das Erfolgsgeheimnis der Frauen aus der grünen Villa.

Allein der Scheiterhaufen, der für die Sonnenwendfeier, zu der sie heute die gesamte Bevölkerung auf ihr Vereinsgelände einladen, ist ein gutes Beispiel für die Frauenpower, die von den rund 50 Stammhexen ausgeht. "Da haben wir gar nicht lange gebraucht, bis wir den aufgeschichtet hatten", erzählt Verena Geiger im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. "Gut 30 Frauen haben da geschwind mitgeholfen und ruckzuck stand das Ding."

Gegründet wurde die Gruppe bereits vor 22 Jahren. Es gab damals eine Gruppe von fasnetsbegeisterten Frauen, die sich jedes Jahr für die fünfte Jahreszeit ein neues Kostüm ausdachten und so gemeinsam feierten. Irgendwer kam dann auf die Idee, einen Verein zu gründen, und Gerhard Kläger, der Vater der ersten Vorsitzenden des neu gegründeten Vereins, brachte die Überlegung ins Spiel, dass man sich an einen historischen Bezug anlehnen sollte. Das war die Geburtsstunde der "Brechaloch-Hexa Obertalheim." Das "Brechaloch" ist ein Gewann im oberen Talheim, wo in früheren Zeiten die Frauen Hanf- und Flachsstängel gebrochen haben. Nicht umsonst tragen die Hexen in Erinnerung an diesen ortsgeschichtlichen Bezugspunkt einen langen aus Hanf geflochtenen Zopf in ihrer Maske, und ihr Narrenruf lautet: "Was derma? Riffla, Fackla, Brecha". Ihre Masken schnitzt der Nordstetter Maskenschnitzer Bruno Springmann, der in den letzten Jahren ordentlich zu tun hatte, denn die Gruppe ist inzwischen wieder auf nahezu 50 Maskenträgerinnen angewachsen, die traditionsgemäß ihren Narrensamen und die Hexen-Teenies mit auf den Umzügen dabeihaben. Teilweise sind schon drei Generation als "Brechaloch-Hexa" unterwegs, und wenn die Ur-Hexen am Schmotziga ihre Hexen-Mamas in die Grüne Villa einladen um ihnen auch heute noch für ihre Unterstützung in den Gründungsjahren Danke zu sagen, dann sind es sogar vier Generationen.

Und sie waren schon immer eine lustige, fidele Truppe, die sich von nichts aus der Ruhe bringen ließ. Einmal waren 13 Hexen als "Schwarzwaldmarie" mit Bollahut und Tracht die Sensation in München. "Ein Punker wollte uns so einen ›Helm‹ sogar für 150 Euro abkaufen", erinnert sich Elisabeth Hellstern. Birgit Schlotter, die den Verein acht Jahre lang führte, denkt gerne an die Abende zurück, als man in der grünen Villa zusammensaß und die Bolla für die Hütte selbst herstellte. "Bei uns wird halt gemeinsam geschafft und hinterher auch ein Gläschen Sekt getrunken – da greift ein Rädle ins andere, und bisher war kein Sand im Getriebe." Ein Beispiel, dass man es hier tatsächlich mit echten schwäbischen Hexen zu tun hat, bekamen vor einigen Jahren auch die Feuerwehrleute aus Tennenbronn live mit. Man war auf der Rückfahrt von einer Veranstaltung, als die Straße weit nach Mitternacht durch umgestürzte Bäume blockiert wurde. Die Feuerwehr sollte helfen, und als die Herren mit den Motorsägen anrückten, sind einige der Hexen schnell aus dem Bus gestiegen und haben die Helfer gebeten, aus den Baumscheiben gleich Vesperbrettle zu sägen. Nur so kommt man zu etwas.

Und die "Brechaloch-Hexa" sind zu etwas gekommen. Ihre Grüne Villa samt Vereinsgelände steht tipptop da, die "Hexa" sind gern gesehene Gäste bei Umzügen und Veranstaltungen, die Vereinsstruktur stimmt und die Lästermäuler sind schon lange still.

Heute steigt ab 15 Uhr die alljährliche Sonnenwendfeier auf dem Vereinsgelände und selbst der Wettergott scheint in diesem Jahr mitfeiern zu wollen, denn wann wird man als Hex schon mal 20 Jahre jung. Die fleißigen Frauen vom Verein haben alles prima hergerichtet – für das leibliche Wohl ist gesorgt, für die Kinder gibt’s ein Spielstraße und mit Einbruch der Dunkelheit fasziniert eine Feuershow und hinterher wird das Sonnenwendfeuer entzündet. DJ "Peaceman" sorgt zudem für den heißen Sound. "20 Jahre Hex on fire" wird eine besondere Party, die viel verspricht und noch mehr hält. Eben "Made by Brechaloch-Hexa Obertalheim".