Egon Klink (von links), Helga Raible, Hausherr Erwin Weihung und Peter Rosenberger inspizieren die Praxisräume. Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

Gesundheit: Ärztliche Versorgung ab Oktober wieder gesichert / Praxis der Allgemeinmedizin Helga Raible nimmt Formen an

So langsam nimmt die Praxisübernahme in Talheim durch die Ärztin Helga Raible konkrete Formen an.

Horb-Talheim. Helga Raible (44) traf sie sich nicht nur mit ihrem Elektriker, sondern auch auf eine Stippvisite mit Oberbürgermeister Peter Rosenberger, dem stellvertretenden Ortsvorsteher Egon Klink sowie dem Hausherrn Erwin Weihung in ihren zukünftigen Praxisräumen.

Dieses Treffen kam auf Anregung des Schwarzwälder Bote zustande, denn seit das Arztehepaar Brehms vor gut zweieinhalb Jahren seine Praxis schloss, wurde auch in unserer Zeitung immer wieder auf die medizinische Unterversorgung in Horbs größtem Stadtteil aufmerksam.

Wiederholt wurde gerade im Hinblick auf den demografischen Wandel und die dadurch stetig wachsende Alterspyramide in den verschiedenen örtlichen Gremien auf die immer notwendigere ärztliche Versorgung in solche ländlich geprägten Orten wie Talheim aufmerksam gemacht. Bei der Stadtteilkonferenz stand der Wunsch nach einem Hausarzt im Steinachtal ganz oben auf der Prioritätenliste. Als Ortsvorsteher Thomas Staubitzer am Ende dieser Konferenz etwas kryptisch von einem "Silberstreif am Ärzte-Himmel" sprach und eine Lösung andeutete, hörten die Talheimer ganz besonders gut zu.

Damals stand man schon mit der Ärztin, die mit ihrem Ehemann und den vier Kindern in Bildechingen wohnt, in Verbindung. Die Allgemeinmedizinerin, die aktuell in der Altheimer Praxis von Rainer Schach an zwei Tagen arbeitet, plante einen Wechsel in die Selbstständigkeit. "Meine Kinder sind nun vom Alter soweit, dass ich wieder voll arbeiten kann, und gerade wir Allgemeinmediziner landen früher oder später in einer Selbstständigkeit", begründete Raible völlig pragmatisch ihre diesbezüglichen Überlegungen.

Wirtschaftsförderer Axel Blochwitz hat am 12. Dezember 2016 gezielt Ortsvorsteher Staubitzer darüber informiert, dass Helga Raible Praxisräume als Allgemeinärztin sucht. Thomas Staubitzer nahm diese Chance sofort wahr, bekundete das große Talheimer Interesse und hat ihr auch gleich die ehemaligen Praxisräume von Zahnarzt Dirk Otto "angeboten". Otto hatte urplötzlich im Herbst 2016 seine Tätigkeit ohne Vorankündigung eingestellt. Damit standen die Praxisräume leer.

Staubitzer hat im nächsten Schritt den Vermieter der Immobilie, den Talheimer Erwin Weihung, informiert. Ab dann ging es Schlag auf Schlag. Der Vermieter ist auf die Ärztin zugegangen und die Räumlichkeiten wurden bereits am 21. Dezember 2016 besichtigt – und für gut befunden. Die ehemalige Nutzung, die zentrale Lage in der Ortsmitte sowie die nahezu barrierefreien Räume samt Aufzug sprachen für sich.

Bevor sie nun den letzten Schritt in die Selbstständigkeit wagen konnte, galt es für die Ärztin, einige bürokratische Hürden zu nehmen. "Ohne den Förderbetrag der Kassenärztlichen Vereinigung für Praxen im ländlichen Raum wäre diese Praxisneugründung finanziell gar nicht darstellbar gewesen", betonte Talheims neue Landärztin im persönlichen Gespräch.

Schaut man sich in den leeren Räumen um, stellt man fest, dass es noch viel zu tun gibt. Sieben Räume müssen eingerichtete werden. Der Empfang, das Wartezimmer, die Teeküche und das Labor, beide Sprechzimmern sowie ein Akupunkturraum, in dem auch Anwendungen wie beispielsweise Infusionen gemacht werden, warten auf die komplette Möblierung. Aktuell steht noch kein Stuhl, keine Liege, kein Schreibtisch, kein Computer und erst recht noch keine medizinischen Geräte in den Räumen. Auch ohne die Preise für diese Austattungen zu kennen, kann man sich leicht ausrechnen, dass jeder Cent an Fördermitteln notwendig ist, um die Praxis irgendwann profitabel zu führen.

"Und ohne diese Förderzusage konnte ich noch nicht einmal einen Schreiner wegen eines Brettes beauftragen." Jetzt ist die Förderzusage im Haus und das Abenteuer Selbstständigkeit kann für die Ärztin losgehen.

Die Stadtverwaltung war während dieser Wartezeit zudem sofort bereit, die Räumlichkeiten so lange zu "sichern", bis darin praktiziert werden kann. "Wir sind hierfür fast ein Jahr eingesprungen", betonte Rosenberger, der ergänzte, dass dies zwar Geld gekostet habe, doch die richtige Entscheidung im Hinblick auf die allgemeinärztliche Versorgung in Talheim war. "Ich werde im Oktober – der genaue Termin hängt mit ein Stück von den Handwerkern ab – eröffnen", verriet die Ärztin.

Die Praxis wird als normale Bestellpraxis geführt und hat fünf Tage die Woche auf. Geplant sind pro Woche vier Sprechstunden vormittags und zwei an den Nachmittagen, wovon der Donnerstag wahrscheinlich mit verlängerten Öffnungszeiten ausgestattet wird. "Ich habe einen vollen Versorgungsauftrag für die Talheimer Bevölkerung", so ihr Credo. Besorgte Anfragen, die es schon gab, ob es denn inzwischen eine Warteliste gäbe und das Patientenkontingent, das sie gemeinsam mit ihren beiden Vollzeitangestellten und den zwei Teilzeitkräften abarbeiten kann, bereits erfüllt sei, kann sie (noch) verneinen. "Wartelisten gibt es keine und jeder Patient wird behandelt", ihre klare Aussage. Mit einem "ab morgen ist die Praxis offen Tag" will sie sich wahrscheinlich in Talheim einführen. Ein Tag zum "Guten Tag" sagen, zum willkommen heißen und ein Tag, um sich ohne Praxisstress zu begegnen.

In Talheim gibt es dann wieder eine ärztliche Versorgung – doch was ist mit den anderen Teilorten? Hier gab Helga Raible dem OB den Tipp, er möge sich doch an die Ärzte, die gerade ihren Weiterbildungsabschnitt in einer der Praxen des Kreises machen, wenden. "Hier bietet sich die Möglichkeit, Ärzte die sich bald selbstständig machen wollen, zu finden." Ein Rat, den Rosenberger gerne mit zum nächsten Treffen der Ärztegruppe Horb mitnehmen wird, wie er versicherte.