Der Abgeordnete Richard Pitterle musste die komplexen Zusammenhänge der Freihandelsabkommen verständlich darstellen: "Wer es verstanden hat, muss dagegen sein." Foto: sb

Richard Pitterle (Linke): Widerstand kommt nicht nur von "hysterischen Deutschen". Politiker stellt sich Fragen.

Horb - Nachdem lange wenig bekannt war über die Freihandelsabkommen TTIP und CETA, regt sich nun weithin Widerstand nicht nur bei Linken, sondern auch bei Gewerkschaften und der mittelständischen Wirtschaft. Richard Pitterle, der Bundestagsabgeordnete der Linken aus Böblingen, stellte sich im Kloster Horb den Fragen von rund 20 Zuhörern.

Nationale Parlamente müssen den Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit Kanada (CETA) und den USA (TTIP) nicht zustimmen, meint die Europäische Kommission.

Zustimmen müssen allerdings die Regierungen aller beteiligten Nationen und für und gegen diese Zustimmung wird allerorten heftig gerungen.

Noch heute ist es selbst für Bundestagsabgeordnete nicht leicht, auf dem aktuellsten Stand zu sein, und Wikileaks-Dokumente zählen zu den begehrten Informationsquellen. "Widerstand gegen die Abkommen gibt es keineswegs nur in Europa", so Richard Pitterle,  "und er ist auch längst nicht nur die Sache der Linken."

TTIP und CETA  verbessern die Rahmenbedingungen der Global Player für Investitionen auf der jeweils anderen Seite des Atlantiks, zumindest aus deren Sicht, nicht jedoch aus der Sicht des Mittelstandes, der dadurch unter die Räder kommt und der bereits ungewohnte Allianzen mit Gewerkschaften schließt.

Denn die Wirtschaft insgesamt wird nicht wesentlich stimuliert und Arbeitsplätze werden nicht geschaffen. Anders lautende Ankündigungen des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI) wurden längst deutlich widerlegt.

Freihandelsabkommen mit Investorenschutz gibt es schon heute zwischen vielen Staaten. Investorenschutz heißt, dass Unternehmen Anspruch darauf haben, dass die Rahmenbedingungen ihrer Investition erhalten bleiben. Falls nicht, wird Schadensersatz des Landes fällig, das die Bedingungen verschlechtert hat.

Selbst Tony Abbott, der konservative Regierungschef Australiens tobt. Sein Land soll nun Schadensersatz an die Zigarettenindustrie zahlen, weil auch Australien die Warnhinweise auf Zigarettenschachteln eingeführt hat.

In Deutschland klagt das Energieunternehmen Vattenfall auf Ersatz des Schadens, der ihm auf Grund des von der Bundesregierung verfügten Atomausstiegs entsteht.

In ganz Europa wurden zur Einleitung einer europäischen Volksabstimmung von der Kampagne "TTIP und CETA stoppen" seither fast 2 Millionen Unterschriften gesammelt. Diese seien nichtig, sagt die EU-Kommission, denn bei bilateralen Verträgen seien Volksabstimmungen unzulässig.

Pitterle meint jedoch: "Die Stimmen sind trotzdem wichtig, denn sie zeigen, dass der Widerstand gegen TTIP ein Gesamteuropäischer ist und nicht nur einer der ›hysterischen Deutschen‹, wie Wirtschaftsminister Gabriel es unlängst in Davos vermutet hat."