Holger G. in München vor Gericht Foto: dpa

Holger G.steht in München vor Gericht, weil er die Rechtsterroristen um Beate Zschäpe mit Pässen und Geld unterstützt hat. Auch als er sich bereits von der rechten Szene abgewendet hat.

München - „Man kann sich nicht anmaßen, mit fünf Leuten die Welt zu retten“, hat Holger G. in einer Vernehmung gesagt. Aber die Welt der Menschen, deren Angehörige durch den NSU getötet wurden, wurde kaputt geschossen. Holger G. (39) ist mitangeklagt, weil er die Rechtsterroristen mit Pässen und Geld unterstützt hat.

Am Dienstag sagte ein BKA-Beamter vor dem Münchner Oberlandesgericht aus, der Holger G. vernommen hat. Dabei entsteht das Bild eines Mitläufers, der das Trio aus Freundschaft unterstützt hat – auch Jahre nach seinem Ausstieg aus der rechten Szene. Holger G. verfolgt das aufmerksam: Er liest im Vernehmungsprotokoll, macht sich Notizen, doch schaut niemanden an. Er ist ein Kronzeuge, auf den sich die Anklage stützt: Beate Zschäpe sei nicht nur die "Katzenmami" gewesen, sondern gleichberechtigtes Mitglied und habe die Finanzen verwaltet. Zschäpe habe sich nichts gefallen lassen. Einmal soll sie in einer "Punkerin in einem Zug eine reingehauen haben", nennt Holger G. dafür ein Beispiel. Doch vor Gericht schweigt er.

Mit seinem kantigen Gesicht und den dunkelblonden Haaren sieht er Uwe Böhnhard ähnlich. 2001 ließ sich Holger G. einen Schnurrbart wachsen und rasierte sich die Haare, um Fotos für einen Reisepass zu machen, den er Böhnhard gab. Er lieh den Untergetauchten auch ADAC-Karte, Führerschein und besorgte eine Krankenkassen-Karte für Zschäpe. „Sie haben mir das Gefühl gegeben, dass ich was supertolles für sie getan habe.“

Abschied von der rechten Szene - aber nicht von Zschäpe und Co.

Nur als er für Ralf Wohlleben 2001 eine Waffe nach Zwickau bringt, passt das Holger G. nicht. Da sagte er auch den Satz von den Fünf, die nicht die Welt verändern können. Aussagen revidierte er: Fünf sei eine Zahl, die er einfach so gesagt habe. Er fühle sich nicht dem NSU zugehörig. Und er wolle „so einen Scheiß“ wie eine Waffenübergabe nie wieder machen. Daran zerbricht auch die Freundschaft mit Ralf Wohlleben, den er seit 1989 kennt. Mit ihm und dem späteren NSU-Trio war er im "Nationalen Widerstand Jena" aktiv. Sich selbst bezeichnet er als Mitläufer.

Seit 1997 lebt Holger G. in Hannover und arbeitete als Lagerist. Von der rechten Szene wendete er sich ab – von dem Terror-Trio nicht. „Der 30. Geburtstag war für mich innerlich der Abschied von der rechten Szene. Auch, weil mich der Basti mit meiner Freundin betrogen hat“, nennt er einen Grund für seinen Ausstieg.

2011 sieht er das Trio zum letzten Mal: Böhnhard brauchte einen neuen Reisepass und das Trio überredete Holger G. auszuhelfen. Damit er es sich nicht anders überlegt, rasierten sie ihm die Haare und fuhren direkt zum Fotografen. „Es ist doch beim letzten Mal nichts passiert“, soll Zschäpe gesagt haben. Dass seitdem zehn Menschen gestorben sind, sagt sie nicht. Und wahrscheinlich wollte Holger G. das auch nicht wissen. Denn er hat nur alten Freunden einen Gefallen getan.