Weil er ihnen das Geld für Ecstasy-Pillen nicht gab, sollen die vier Angeklagten in Hechingen einen Mann geprügelt, getreten und anschließend im Auto entführt haben. Foto: sb

Prozess: War es Entführung? Vier Männer doht nach geplatztem Drogendeal in Hechingen Gefängnis.

Hechingen - Wurde vor der Hechinger Hauptschule jemand entführt? Damit befasst sich derzeit das Landgericht in einem Prozess gegen vier junge Männer im Alter von 19 bis 21 Jahren.

Reichlich geknickt wirkten die vier jungen Angeklagten aus dem Raum Balingen gestern beim Prozessauftakt vor dem Hechinger Landgericht. Vorgeworfen wird den vier Männern erpresserischer Menschenraub. Grundlage dafür soll ein geplatzter Drogendeal gewesen sein.

Anscheinend hat das Opfer – ein junger Mann – den Angeklagten 50 Ecstasy-Pillen abgekauft, aber den Preis von 500 Euro nicht bezahlt. Um an das Geld zu kommen, sollen die vier Männer am 14. März an der Hechinger Hauptschule dem Opfer aufgelauert haben. In der Anklageschrift heißt es, sie hätten den jungen Mann verfolgt, geschlagen und getreten und anschließend in ein Auto gezerrt. In dem ging es erst einmal in Richtung Oberndorf. Das Opfer habe beteuert, sein Vater könne das Geld auftreiben. Am Telefon wurde mit dem Vater eine Geldübergabe an eine Tankstelle in Empfingen ausgemacht.

Dort endete die Entführung allerdings damit, dass der ebenfalls anwesende Bruder des Opfers einen Streifenwagen der Polizei über die Situation informierte – die Täter flogen auf und kriegten reichlich Ärger. Bei zwei der Angeklagten fanden die Polizeibeamten außerdem weitere Ecstasy-Pillen – versteckt in deren Unterhosen.

Angeklagte behaupten, das Opfer sei freiwillig ins Auto gestiegen

Aber war es wirklich eine Entführung? Die Angeklagten finden nicht. Zu den Tatvorwürfen verlas einer der vier Männer stellvertretend für alle vier eine Erklärung. Sie hätten dem Opfer zwar aufgelauert und es verprügelt, um an ihr Geld zu kommen, aber der junge Mann sei freiwillig mit in das Auto gestiegen. Während sie an der Tankstelle auf den Vater mit dem Geld warteten, hätte sich der junge Mann frei bewegen können. "Wir bedauern unser Fehlverhalten und entschuldigen uns", las der Angeklagte vor. Er und seine drei Freunde hätten auf eigene Faust 2000 Euro zusammengesammelt, die sie dem Opfer im Rahmen der Gerichtsverhandlung als Wiedergutmachung übergeben wollen. Staatsanwältin Nicole Luther waren das nicht genug Informationen. "Von wem kamen die Ecstasy-Pillen denn, und wer hätte das Geld bekommen sollen?", wollte sie wissen.

Ob das noch ans Licht kommt, wird sich an den folgenden vier Verhandlungstagen klären. Zwei Tage vor Weihnachten soll das Urteil fallen. Am ersten Verhandlungstag gestern ging es um die persönlichen Verhältnisse der vier Angeklagten. Immer wieder sind sie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen, bisher konnten sie aber wegen positiver Prognosen den Kopf immer gerade noch einmal aus der Schlinge ziehen. Jetzt drohen ihnen wegen der schweren Tatvorwürfe und teils wegen offener Jugend- und Bewährungsstrafen mehrere Jahre Gefängnis. "Sie können Ihre Ausgangslage durch Ihr Verhalten vor Gericht verbessern", riet ihnen Richter Marc Barunovic. "Überlegen Sie also gut, was Sie für Angaben machen, denn über manche Sachen wissen wir sehr gut Bescheid."

Fortgesetzt wird die Verhandlung vor dem Hechinger Landgericht am Freitag, 11. Dezember, mit der Vernehmung der Zeugen. Zwölf Stück sind geladen.