Der SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Rosemann (Dritter von rechts) will nach der Landtagswahl-Schlappe künftig noch präsenter bei den Ortsvereinen seiner Partei sein und sich mehr in landespolitische Themen einbringen. Foto: Stopper

SPD: Bundestagsabgeordneter wird nach Wegfall der Landtagsmandate verstärkt im Mittelbereich aktiv.

Hechingen - Die Landtagswahl hat das Parteiengefüge erschüttert. Vor allem die SPD im Mittelbereich Hechingen erlebte ein Desaster. Klaus Käppeler, der sein Landtagsmandat verlor, war als Polit-Profi von unschätzbarem Wert für die Genossen vor Ort.

"Das ist schlimm, das nimmt mich natürlich auch stärker in die Verantwortung", sagt Martin Rosemann. Er ist als Bundestagsabgeordneter für Hechingen/Tübingen zwar eigentlich für Berlin statt Stuttgart zuständig, aber in der aktuellen Krise muss jeder aushelfen, wo die Not am größten ist. Und das betrifft nicht nur den Mittelbereich Hechingen, "wo ich ja sowieso oft war", so Rosemann. Auch Balingen ist nun landespolitisch SPD-Diaspora, weil dort Angela Godawa kein Mandat erringen konnte.

Warum Abgeordnete vor Ort so wichtig sind, zeigte sich am Freitag im Hechinger Gasthaus Mohren, wo Rosemann einen Vortrag über den aktuellen Verhandlungsstand der Freihandelsabkommen TIPP und CETA berichtete. An die 20 Genossen versammelten sich, darunter auch Helga Zimmermann-Fütterer, SPD-Urgestein aus Balingen.

Rosemann gab interessante Informationen. Beispielsweise darüber, dass TTIP noch nicht mal zur Hälfte ausgehandelt ist, dass also Ängste derzeit noch gar keine Grundlage haben, dass Freihandel eben auch günstig für Arbeitsplätze sein kann, wenn es möglich ist, dabei soziale Standards zu schützen, dass die Angleichung von Normen und technischen Abläufen eher dazu beiträgt, Bürokratie abzubauen.

Vor allem gab er aber einen Einblick, wie Bundestagsabgeordnete an diesem Verfahren beteiligt sind, was es mit der geheimen Lesekammer in der US-Botschaft auf sich hat, wie das aktuelle Meinungsbild in der SPD-Bundestagsfraktion ist. Es sind letztlich Abende wie dieser, die Parteimitglieder bei der Stange halten. Es wurde diskutiert, man lernte sich besser kennen, erfuhr interessante Aspekte der aktuellen Politik. Das stärkt die Bindung zur Partei.

SPD-Mitglieder haben das derzeit besonders nötig. "Viele sind erschüttert, weil die SPD in der Landesregierung eigentlich gute Arbeit leistete und dafür so wenig belohnt wurde", erklärt Rosemann. Finanzen, Wirtschaft, Flüchtlinge – alles SPD-Ressorts, die Erfolge vorweisen könnten. Aber im Duell Kretschmann-Wolf sei die SPD untergegangen. Kleiner Trost: "Die CDU hat auch deutlich Federn gelassen."

Rosemanns Eindruck: "Die Niederlage hat in Hechingen eher eine kämpferische Stimmung erzeugt". So habe er das vergangene Woche jedenfalls in der Ortsverein-Hauptversammlung erlebt.

Dass dazu aber auch strukturelle Änderungen notwendig sind, weiß er. Mal wieder einen der SPD zugetanen Bürgermeister in der Region stellen, das wäre schon was. "Ich habe schon einen Kreis vielversprechender Leute, die dafür in Frage kämen", so Rosemann. Das Problem aber sei, "dass viele gar nicht so gern Bürgermeister werden wollen." Auf die Fähigkeit der Ortsverbände, wieder mehr junge Leute für eine Mitgliedschaft zu begeistern, habe er auch nur begrenzt Einfluss.

Solche Strukturen seien ihm sehr wichtig, ob es aber für Wahlerfolge ausschlaggebend sei, da kämen ihm Zweifel. "Die CDU hat diese Strukturen und hat auch viele Stimmen verloren", so Rosemann. Die AfD sei ohne jegliche Struktur gewählt worden.

"Wichtig ist schon in erster Linie das Programm", ist er überzeugt. Der SPD müsse immer der Ausgleich gelingen zwischen "Anwalt der sozial Schwachen, die Hilfe benötigen" und Partei der "Leute, die hart arbeiten, Familie haben und brav Abgaben zahlen". Diese Polarisierung präge die SPD bis heute. Rosemann ist sich sicher: "Wenn wir hier gute Antworten finden, haben wir bei Wahlen Erfolg."