Antonio Decortes und seine Frau Kerstin Wagner sind für das Spiel gerüstet. Foto: Huger Foto: Schwarzwälder-Bote

Fußball-EM: Spiel Deutschland gegen Italien spaltet Hechinger Ehepaar Decortes-Wagner in zwei Fanlager

Von Robert Huger

Mehr EM-Fieber geht nicht: Das Viertelfinale Deutschland gegen Italien sorgt bei einem Hechinger Ehepaar für große Vorfreude. Während des Spiels wollen sie sich jedoch lieber nicht sehen.

Hechingen. "Ich oben, er unten", sagt Kerstin Wagner. Denn gemeinsam Fußball schauen, das geht heute nicht. Dafür kochen die Emotionen während des Spiels zu hoch. Beim Viertelfinale Deutschland gegen Italien bei der Fußball-Europameisterschaft gucken Kerstin Wagner und ihr Mann Antonio Decortes, die gemeinsam das Lokal am Schloss Lindich in Hechingen betreiben, in getrennten Räumen.

Er ist Italiener, sie Deutsche. Streit gibt es deshalb aber nicht. Hinterher haben sich die beiden wieder lieb. Doch diese Situation kennen die beiden schon von den letzten Partien, dem Halbfinale 2012 und dem WM-Halbfinale 2006.

"Jeder braucht kurz Zeit, um das zu verdauen, dann ist es wieder gut", erzählt Wagner. Sie hofft auf ein 2:0 für die deutsche Mannschaft. Ihr Mann gibt sich da etwas diplomatischer. "Der Bessere soll gewinnen", sagt Antonio Decortes. Das sei auch in der Vergangenheit so gewesen, fügt er mit einem Augenzwinkern hinzu. Bei einem Großturnier hat Italien noch nie gegen Deutschland verloren.

"Wer den ersten Fehler macht, der wird verlieren", sagt Decortes. Er glaubt dennoch nicht an eine allzu defensiv geführte Parie. Die Abwehrstärke beider Mannschaften sei nicht von der Hand zu weisen. Doch wie soll Deutschland überhaupt ein Tor gegen die italiener schießen? "Sie können sie nur über die Flügel knacken", sagt Decortes. Der Druck liege in jedem Fall bei den Deutschen. Schließlich haben sie bein den letzten Aufeinandertreffen bei großen Turnieren den Kürzeren gezogen.

Das Spiel empfinden die beiden als vorgezogenes Finale. "Schade, dass die Mannschaften jetzt schon aufeinandertreffen", sagt Kerstin Wagner. Es wäre für jeden Fußballfan das schönste Endspiel gewesen. Auch ihr Mann sieht das Viertelfinale als attraktivste Paarung. "Es wird die besten Einschaltquoten haben", meint er. Ein Vorteil der Azurri sei der Trainer. "Die Italiener spielen halt mit zwölf Mann", sagt er zum meist sehr emotionalen Übungsleiter Antonio Conte. Bei einem möglichen Elfmeterschießen sieht er die deutsche Elf wiederum vorne. "Sie haben die besseren Schützen", sagt er.

Antonio Decortes war selbst lange Zeit aktiver Fußballer. Er spielte einige Jahre für den FC Hechingen, für die italienische Mannschaft Agli Hechingen und später mit einer Stammtischtruppe. Früher seien in der Umgebung ständig Fußballturniere gewesen. "Da war jede Woche irgendwo Party", erzählt er. Der größte Erfolg des ehemaligen Stürmers war der Gewinn des baden-württembergischen Pokals mit Agli Hechingen. Generell sei jedes Turnier etwas besonderes gewesen: "Da war immer richtig Spaß dabei", sagt er.

Decortes und seine Frau schauen sonst öfter gemeinsam Fußball, sind auch deshalb Experten. Das Auftreten der italienischen Mannschaft hat sie bisher überrascht. Zumal sie einige Spieler vorher gar nicht kannten. Als Decortes den Altersdurchschnitt der Mannschaft hörte, habe er sich nur gedacht: "Das darf ja nicht wahr sein. Haben die keine jungen Spieler?"

Der Fußball begeistert derweil die ganze Familie. Auch die drei Söhne und die Tochter des Ehepaars wollen das Spiel sehen. Da ihr Restaurant ein Familienbetrieb ist, muss das Lokal am Samstagabend geschlossen bleiben. Für ein Spiel von dieser Bedeutung dürfe das ruhig mal sein. Es ist schließlich "das größte Derby der Welt", so Decortes.