Diskutierten über den neuen Film "Kreuzweg" von Dietrich Brüggemann: Pfarrer Roland Rossnagel, Schuldekan Franz Gnant, Bildungsreferent Andreas Steiner und Pfarrerin Christiane Grünewald (von links). Foto: Wais Foto: Schwarzwälder-Bote

Kinobesucher diskutieren über "Kreuzweg" / Weitere Vorführung im Burgtheater

Von Eberhard Wais

Hechingen. Beklemmende Geschichte, ratlose Zuschauer: Der Film "Kreuzweg", der zum Teil in Hohenzollern gedreht worden ist, bewegt. Nach einer Vorführung im Kino Burgtheater wurde der religionskritische Streifen von Dietrich Brüggemann diskutiert.

Dass es den Film in Hechingen überhaupt zu sehen gibt, ist schon eine Besonderheit. Bundesweit läuft er in nur 40 Kopien. In seiner technischen Machart ist "Kreuzweg" sehr eindimensional – 14 Filmepisoden mit klaren Inhalten und ruhiger, eindeutiger Filmsprache. Dennoch gerät der Zuschauer schnell in den Bann einer fast zwanghaften Entwicklung, in die unsägliche Situation der Hauptfigur, die an einer traditionalistischen, engstirnigen Religionsauffassung zugrunde geht, die die Liebe verweigert. Dabei wäre die Not doch so einfach zu überwinden.

Zum Inhalt: Maria, hervorragend in ihrer Hilflosigkeit gespielt von Lea van Acken, ist 14 Jahre alt. Ihre Familie, vor allem die Mutter, hängt einem fundamentalistischen Pseudo-Glauben an, der die Moderne ablehnt und die Kirche wie vor 2000 Jahren führen will. Das kollidiert mit dem heutigen Sein, aber auch mit den Bedürfnissen eines jungen Menschen, der konsequent in einen selbstzerstörerischen Kreuzweg getrieben wird. Maria geht den Weg Jesu in der Hoffnung, dadurch ihrem behinderten Bruder zu helfen. Niemand schafft es, sie davon abzuhalten. Sie hungert sich zu Tode.

Aber ist es nur ein Problem engsten religiösen Sektierertums, wie es heute vielleicht die Ausnahme sein mag? Darum ging es in der anschließenden Diskussion, die vom Bildungsreferenten des Hechinger Bildungshauses St. Luzen, Andreas Steiner, moderiert wurde. Der Film jedenfalls hinterlässt erst einmal sprachlose Zuschauer, löst betretenes Schweigen aus, wie die evangelische Pfarrerin Christiane Grünewald feststellte. Schweigen ob der bedrückenden Macht, mit der die doktrinäre Mutter (Franziska Weisz), und etwas subtiler der nicht weniger fundamentalistische Pater Weber (Florian Stetter) dieser noch sehr formbaren Jugendlichen ihre Weltsicht einbrennen. Sie damit in die Enge führen, wie der katholische Pfarrer Roland Rossnagel betonte.

Aber darf der Kreuzweg als Leidensweg Christi überhaupt in Form der Leidensgeschichte eines Mädchen umgedeutet werden, zudem noch mit diesem fatalen Ende, fragte Schuldekan Franz Gnant. Ja er darf, ja er muss, könnte man entgegnen, denn dass Menschen zu Sklaven eines Glaubens- und Machtsystems werden, ist ja nicht nur ein Problem von Religion und Kirche, wie Pfarrer Rossnagel betonte: Viele moderne Menschen seien doch zu Sklaven ihres Berufs geworden, sähen nicht mehr die Weite ihres Lebens. Gleichzeitig schaffe eine pluralistische Gesellschaft vielfältige Angriffsflächen für solche Unterdrückungssysteme bis hin zum Missbrauch, gab Schuldekan Gnant zu bedenken. Einfache Antworten gebe es nicht mehr. Junge Menschen, die nach Sinn suchten, würden allzu oft allein gelassen. So sei heute die Gefahr einer "seelenlosen Orientierungslosigkeit" fast größer als die einer engstirnigen Gläubigkeit, meinte Pfarrer Rossnagel.

u Der Film "Kreuzweg" läuft am Mittwoch, 16. April, um 20 Uhr erneut im Burgtheater.