Fünf Satellitenschüsseln auf dem Dach aber kein einziger Bewohner – das Haus neben dem Gasthaus Fecker gehört seit fast einem Jahr der Stadt Hechingen. Sie wollte es an Interessenten mit gutem Konzept weiterverkaufen. Bislang wohl ohne Erfolg. Foto: Stopper

Für im vergangenen Jahr ersteigertes Gebäude in Oberstadt fehlen derzeit konkrete Konzepte. Mit Kommentar.

Hechingen - Es gibt alte Häuser in der Oberstadt, die gammeln langsam vor sich hin. Eines davon hat vor etwa einem Jahr die Stadt ersteigert, um "ein Zeichen" gegen den Verfall zu setzen. Getan hat sich seither nichts. Das Gebäude steht leer und verfällt. Eventuell hat die Stadt selbst einen Investor verschreckt, der das hätte ändern wollen.

Es war ein Paukenschlag, der sich im September vorigen Jahres im Hechinger Amtsgericht ereignete. Um im Kampf gegen den baulichen Verfall in der Oberstadt ein Zeichen zu setzen, griff erstmals die Stadt Hechingen direkt als privater Käufer ein und sicherte sich in einer Zwangsversteigerung den Zuschlag für das Gebäude Marktstraße 6 neben dem Gasthaus Fecker, in dem bis dahin ein Döner-Imbiss untergebracht war.

Bei 23 000 Euro lag das Mindestgebot, der Wert wurde auf 46 000 Euro taxiert. Es gab zwei private Interessenten in dieser Versteigerung. Dazu kam Hans Marquart, der als Wirtschaftsbeauftragter im Auftrag der Stadt mitbot. In einer spannenden Bieterschlacht – 74 Mal wurden immer wieder höhere Gebote abgegeben – blieb am Ende Marquart der Sieger. Er legte ungerührt immer wieder nach und erhielt am Ende für 47 300 Euro den Zuschlag.

Eigene Pläne hat die Stadt mit dem Haus nicht. Aber ganz offensichtlich wollte die Stadt zwei Gefahren vorbeugen. So gibt es eine Privatperson in Hechingen, die aus nicht ganz nachvollziehbaren Motiven heraus in der Oberstadt über die vergangenen Jahre hinweg schon mehrere Gebäude gekauft hat, die seither leer stehen. Andere alte Gebäude wurden von Käufern erstanden, die über wenig Geld verfügen und einfach nur günstigen Wohnraum suchen. Ihre Überlegung: Bei einem Kaufpreis unter 50 000 Euro fallen beim aktuellen Zinsniveau nicht einmal 300 Euro monatliche Finanzierungskosten für ein ganzes Haus an. Die minimale Wohnqualität nehmen sie in Kauf. Das Haus verfällt weiter.

Genau das wollte die Stadt verhindern, das Haus selbst erstehen und nach Käufern suchen, die ein richtiges Konzept für eine Nutzung des Gebäudes haben.

Die Ironie der Geschichte: Genau solch ein Interessent war unter den Bietern. Er wollte im Laden eine Eisdiele bauen, die oberen Etagen zu einer schönen Altstadtwohnung ausbauen. Weit über 100 000 Euro sollten in die Renovierung des Gebäudes fließen. Nach der Versteigerung gab es auch Gespräche mit der Stadt, aber man wurde sich nicht handelseinig. Die Verhandlungen wurden abgebrochen.

Ein Problem: Wenn die Stadt keine Miesen machen will, muss sie die Grunderwerbssteuer auf den Preis draufschlagen, und durch den Bieterwettkampf war das Haus ohnehin viel teurer geworden als geplant.

Jetzt sucht die Stadt weiter nach Interessenten, die bereit sind, viel Geld in das alte Haus zu stecken. Über den Fortschritt dieser Bemühungen ist nicht viel in Erfahrung zu bringen. Auf Nachfrage unserer Zeitung hieß es nur, reichlich unkonkret, man sei "in Verhandlungen mit Interessenten".

Kommentar: Gut gemeint

Von Klaus Stopper

Gute Absichten garantieren keine guten Ergebnisse. Dass die Stadt in der Oberstadt ein marodes Haus ersteigert, damit es nicht in zweifelhafte private Hände gelangt, war gut gemeint, führt aber bislang nicht zu einem guten Ergebnis. Die Stadt wollte als Eigentümerin einen zuverlässigen Käufer finden, der in die Renovierung des Hauses investiert. Pech nur, dass sie genau so einen Investor in der Zwangsversteigerung aus dem Rennen geworfen hat. Der Preis wurde in die Höhe getrieben, dazu werden noch zusätzliche Steuern fällig. Das zeigt ein grundsätzliches Problem: Dieser Oberstadt-Rettungsversuch der Stadt musste vorher in offiziellen Gremien genehmigt werden, in der Zwangsversteigerung spontan auf die neue Situation zu reagieren, war wohl nicht möglich. Künftig sollte man eine Vorgehensweise finden, die mehr Flexibilität zulässt.