Kunst: Ausstellung mit Bildern von Bettina van Haaren im Weißen Häusle eröffnet

Erkenne, wer du im Kern deines Wesens bist, und dann werde es. Diese Worte eines griechischen Dichters spiegeln sich in den Werken von Bettina van Haaren. Es geht um innere Wirklichkeiten und die direkte sinnliche Wahrnehmung der Welt.

Hechingen. Die Kunst kehrt in das Weiße Häusle zurück. Nachdem dort längere Zeit keine Ausstellungen mehr stattfinden konnten, wurde mit der Vernissage am Sonntag an die Zeit vor dem Brand angeknüpft. Und der Auftakt, die kleine Premiere nach sorgenvollen Monaten, hatte es gleich in sich.

In Bettina van Haaren konnte der Kunstverein Hechingen eine hochkarätige Künstlerin in seinen Räumlichkeiten begrüßen. "Pontormos Vorführung. Malerei und Zeichnung" – so lautet der Titel ihrer Ausstellung. Und ihre Werke wirken nach, beschäftigen den Betrachter auch dann noch, wenn er der Rolle des exponierten Beobachters längst abgelegt hat und wieder in den Alltag eingetaucht ist. Sie hinterlassen, so könnte man es auf den Punkt bringen, einen nachhaltigen Eindruck.

Doch was genau prägt eigentlich den ersten Eindruck? Worauf achten wir ‒ oder anders gesagt, was muss stimmen, um uns für jemanden oder etwas einzunehmen? Kunsthistoriker Clemens Ottnad, der am Sonntag in die Ausstellung einführte, bemühte dafür nüchterne psychologische Fakten. 55 Prozent mache die Kleidung, 38 Prozent die Stimme und nur sieben Prozent den Inhalt aus. Doch ist letzterer nicht zur Nebensache geworden ‒ "in einer Zeit, in der wir uns lieber mit uns selbst beschäftigen", in der Selfies das Junge, Schöne und Erfolgreiche dauerhaft konservieren? "Von wegen Cogito ergo sum – Descartes hat ausgedient. Ich knipse mich, also bin ich", brachte es Ottnad in eine zeitgemäße Form.

Selbstbildnisse sind faszinieren und verstörend zugleich

Dem "Etikettenschwindel der Oberflächlichkeit" setzt Bettina van Haaren etwas ganz Grundlegendes entgegen. Sie sei auf dem allerbesten Weg, zu einer anderen Erkenntnis zu gelangen, die mit Fug und Recht als "Selbsterkenntnis" betitelt werden könne, so der Experte. "Faszinierend und verstörend" zugleich vertreten die Arbeiten einen, wie es die Künstlerin selbst ausdrückt, "existenziellen und subjektbezogenen Ansatz." Indem sie versucht, sich "mit unterschiedlichen formalen Ansätzen unbekleidet wahrzunehmen", stellt sie ein Verhältnis zum Körper her. Ein "grandioses Affresco" der eigenen Körperlichkeit, das, wie es schon Pontormo – ein italienischer Maler und Hauptvertreter des Manierismus – praktizierte, Tag für Tag fortgeschrieben wird. Die "nackte Wahrheit" – sie ist schonungslos und offen zugleich und mündet in ein "Erfahren, Erinnern und Neu-Finden." In den Bildern und Zeichnungen von Bettina van Haaren offenbart es sich in ungeschönter Haut, in aufs Feinste durchgearbeiteten Extremitäten.

Die innere Wirklichkeit findet jeder bei sich selbst

Ein Kürbis übernimmt die Funktion des Herzens, Felle und Häute – so plastisch, dass man sie geradezu zu spüren vermag – bilden eine Art Schutzschicht gegen die Fremdheit und die Unsicherheit des Daseins. Und über allem schwebt die innere Wirklichkeit, die nur jeder bei sich selbst zu finden vermag.

Weitere Informationen: Zu sehen ist die Ausstellung "Pontormos Vorführung. Malerei und Zeichnung" im Weißen Häusle in Hechingen noch bis zum 26. November, jeweils samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr.