Kultur: Chansonkonzert in der Villa / Hommage an den Hechinger Liedermacher Christoph Stählin

Ein erfrischendes Konzert mit Chansonliedern zu scheinbar belanglosen Dingen gab Anett Kuhr in der Villa Eugenia.

Hechingen. "Von der Liebe zum Detail" hieß die neueste Veranstaltung der Reihe "Musik in der Villa" am Sonntag. Mit einem poetischen Chansonprogramm debütierte dabei die Liedermacherin Anett Kuhr und gab zudem eine Hommage an den Hechinger Wortmagier Christof Stählin.

"Nichts war, nichts wird sein; alles ist, alles hat Wesen und Gegenwart", schrieb der spätere Literaturnobelpreisträger Hermann Hesse 1922 in "Siddhartha". Bei Anett Kuhr sind es ebenfalls nur die Momente im Hier und Jetzt, die zählen. Bei ihr werden die scheinbaren Kleinigkeiten des Augenblicks dadurch zu einem Juwel, in dem die Momentaufnahmen in Poesie gehüllt mittels Stimme und Gitarrenklänge veredelt werden.

Diese Kunst verstand wie kaum ein anderer der am 9. September 2015 in Hechingen verstorbene und hier beerdigte Liedermacher, Schriftsteller und Kabarettist Christof Stählin. Der im Unteren Turm arbeitende Mitbürger hatte seine Kunst auch an Anett Kuhr weitergegeben, denn sie war Schülerin in der 1989 von ihm gegründeten einzigen deutschen Liedermacherschule "Friedberger Akademie für Poesie und Musik – Sago".

Lied über eine Treppe als Herausforderung

Anett Kuhr erinnerte sich, wie der Meister damals die Aufgabe stellte, ein Lied über eine Treppe zu schreiben, und dachte: "Wie langweilig". Doch scheinen ihr mit dieser Aufgabe die Sinne geschärft worden zu sein. Das Stück mit markigem Refrain wie die meisten ihrer Werke konnte sich sehen und hören lassen.

Ein anderes Lied hieß "Das Fenster". Es "war die Eintrittskarte zur Liedermacherschule", sagte die Künstlerin im Rückblick an ihre Bewerbung. In Rottweil wohnend verarbeitet Kuhr auch immer wieder Gegebenheiten aus der ältesten Stadt Baden-Württembergs. Wie die im Klamottenladen, wo es zum Problem wurde, einer Kundin bei der Anprobe mitzuteilen, dass das Kleid zu eng sitze.

Mit akkurater Griff- und Zupftechnik wie automatisiert und so ganz nebenbei ausgeführt begleitet sie sich im Gesang bei Stücken, die "Sonnengasse", "Cabriolet" oder "Der Moment nach dem Aufwachen" heißen. Hierbei erscheinen dann gerne mal melodische Abwärtsmotive, welche ihren Chansons einen Touch von Melancholie verleihen. Von der Ode an den Augenblick zur Hommage an den Dichter.

Auch die Brause in der Dusche wird besungen

Einen guten Teil des Programms bestimmten Lieder von Christof Stählin wie "Die kleine heile Welt" (beim Duschen in der Brause) oder "In 100 Jahren". Das ist eine Rede an die Menschen, die dann noch leben.

Und der Poet fragt darin, "ob ihr immer noch nach Licht im Weltraum sucht" oder ob die singende Amsel dort am Turm vielleicht er selbst sei, der auf diese Art seine Liebe zu uns verkünden will.